Silberband 102 - Aufbruch der Basis
und das Feuer breitete sich nicht aus.
»Was habt ihr mit der Space-Jet gemacht?«, schrie Irmina. »Sagt es mir, ihr verdammten Narren!«
Die drei Terraner hätten die Frage gerne beantwortet, wenn sie gewusst hätten, worum es überhaupt ging. Wie die Lage war, hatten sie jedoch genug damit zu tun, sich vor dem Geschützfeuer in Sicherheit zu bringen.
Auch an Bord der SOL litten zwei Menschen unter dem, was mit Irmina Kotschistowa vorging.
Sternfeuer nahm ihre Aufgabe sehr ernst, und Torboros war froh, dass er jemanden hatte, der sich um ihn kümmerte. Der alte Mann hatte keinen Grund, sich auch nur über einen Solaner in der Krankenabteilung zu beklagen, denn alle versahen ihre Arbeit überaus gründlich. Aber zwischen ihnen und dem Terraner gab es eine unsichtbare Schranke.
Das Mädchen jedoch passte nicht nur auf ihn auf, sondern stellte auch zahlreiche Fragen – über die Erde, über Ereignisse aus der Vergangenheit und viele Dinge, die Torboros sogar aus eigener Anschauung kannte.
»Warum willst du das wissen?«, hatte er am Anfang gefragt. »Lernt ihr das nicht im Unterricht?«
»Es klingt immer etwas anders«, behauptete Sternfeuer. »Viele Lehrer verzerren die Wahrheit ein bisschen, damit unsere Bindung an die SOL noch stärker wird.«
»Das gefällt dir nicht?«
»Nein.« Sternfeuer sah den Terraner offen an. »Ich werde zur Erde zurückkehren – irgendwann. Ich will nicht immer nur durch den Weltraum fliegen. Mein Großvater hat mir viel von Terra erzählt. Dort gibt es Tiere, Pflanzen …«
»So etwas kannst du hier in jedem Solarium sehen.«
»Es ist nicht dasselbe.«
Später, als sie nebeneinander durch einen künstlichen Park gingen, verstand er plötzlich, was Sternfeuer an den Solarien auszusetzen hatten. Die Vielfalt der Pflanzen und die Farbenpracht der Blüten konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass alles unter strenger Kontrolle stand.
Torboros war so in Gedanken versunken, dass er sich ins Gras setzte und den Boden anstarrte. Er strich mit den Fingern durch die Halme und wartete darauf, dass etwas ihn berührte – ein fliehendes Insekt, ein Grashüpfer oder ein Ohrwurm –, aber nichts geschah.
»Es wird Zeit, dass wir uns etwas zu essen besorgen«, mahnte Sternfeuer schließlich. »Es kann nicht mehr lange dauern, bis die Schlafperiode beginnt.«
Torboros schrak zusammen. Schlafperiode! Das war auch so ein Ausdruck, typisch für ein Raumschiff wie dieses. Warum sagte das Mädchen nicht einfach: Es wird Abend?
Der alte Mann seufzte und wollte aufstehen – und dann sank er mit einem schmerzlichen Stöhnen ins Gras zurück.
»Was ist los?«, fragte Sternfeuer erschrocken.
»Nichts von Bedeutung«, erwiderte Torboros, aber es klang nicht sehr überzeugend. »Ich habe einfach zu lange still gesessen. Die alten Knochen setzen Rost an, wenn man nicht dauernd auf sie aufpasst. Gib mir deine Hand und hilf mir ein bisschen, dann geht es schon.«
Es ging nicht. Torboros gab schließlich seine Versuche auf. Diese Art von Schmerzen kannte er. Irmina Kotschistowa schien sich verschätzt zu haben.
»Es ist meine Schuld«, jammerte Sternfeuer verzweifelt. »Ich hätte besser aufpassen müssen.«
»Unsinn, Kind«, murmelte Torboros und sah sich um. Ausgerechnet jetzt war kein Mensch in der Nähe. »Es ist ein einfacher Rückfall. Am besten holst du einen Medoroboter. Der kann mich in die Station zurückbringen. Und dann sag Irmina Bescheid. Sie wollte ihr Werk sowieso noch einmal kontrollieren.«
»Sie ist nicht mehr in der SOL«, flüsterte Sternfeuer fast unhörbar.
Torboros erschrak. Er erinnerte sich daran, dass das Mädchen ihm von einem Einsatz erzählt hatte, an dem die Metabio-Gruppiererin teilnahm. »Dann muss ich warten, bis sie zurückkommt«, sagte er, und damit versuchte er, auch sich selbst in trügerische Sicherheit zu wiegen. »Es kann ja nicht ewig dauern.«
Wirklich nicht?, fragte ihn eine innere Stimme. Weißt du es so genau? Gefahren lauern überall.
»Das Leben ist immer ein lebensgefährlicher Zustand«, murmelte Torboros in einem Anflug von Sarkasmus. Irgendwo hatte er diesen Spruch aufgeschnappt. Er fing Sternfeuers irritierten Blick auf und lächelte mühsam. »Keine Bange, wir schaffen das schon. Jetzt müssen wir erst dafür sorgen, dass wir aus diesem Park herauskommen. Nachts dürfte es hier bedeutend kühler sein. Das da sind nämlich keine Tropenpflanzen.«
Sternfeuer hatte Angst. Grässliche Angst sogar. Sie suchte nach einer
Weitere Kostenlose Bücher