Silberband 102 - Aufbruch der Basis
Sorge. Jentho kehrt also zur Aphilie zurück und übernimmt das Kommando. Wer garantiert uns, dass er nicht mit dem Ungeheuer paktiert?«
Hamiller starrte ihn entsetzt an. »Das ist nicht Ihr Ernst!«, stieß er hervor.
»Warum nicht?«
»Weil … Mein Gott …« Der Wissenschaftler fuhr sich mit der Hand durch das kurz geschnittene Haar. Er ächzte. »Sie haben recht.«
»Wenn es um Organisation geht, habe ich immer recht! Wir brauchen Leute, die ein Auge auf Jentho haben. Er darf nichts davon erfahren, das ist klar.«
»Klar«, echote Hamiller. »Wollen Sie die Sache übernehmen?«
»Ich bitte darum.«
»Einverstanden. Und zurück zu Ihrem ersten Bedenken: Wie machen wir Dargist klar, warum Kanthall erst jetzt auftaucht?«
»Die Zustände auf der Erde haben sich geändert«, antwortete Walik, ohne zu zögern. »Seit der Rückkehr der Erde ist die Lehre der reinen Vernunft nicht mehr die vorherrschende Lehre. Nur die Regierungsgewalt befindet sich noch in den Händen der Aphiliker. Große Raumschiffe wie zum Beispiel die BASIS haben generell einen aphilischen Kommandanten, aber die Besatzung besteht zumeist aus Immunen. Unter diesen Umständen ist es kein Wunder, dass bei längeren Unternehmungen der Kommandant sich von seiner Besatzung abzuschirmen versucht. Kanthall hat die Tage seit dem Start von der Erde in einem gesicherten Quartier verbracht. Dargists Auftreten ist ihm nicht entgangen. Er hat bislang nichts unternommen, weil er den Emotio-Narren die Maßregelung gönnte. Nun aber ist er gezwungen, zum Vorschein zu kommen, weil sonst seine Mission in Gefahr gerät.«
Hamillers Blick verriet Zweifel. »Sie glauben, das wird Dargist uns abnehmen? Die Geschichte scheint kaum glaubhaft genug, um einen Fünfzehnjährigen zu überzeugen.«
»Was den Grips angeht, ist Dargist noch nicht einmal ein Fünfjähriger. Er ist programmiert, unter bestimmten Umständen etwas Bestimmtes zu tun. Ausschlaggebend wird sein, dass er auf Kanthalls veränderte Zellkernstrahlung reagiert. Alles andere ist sekundär. Ich bin überzeugt, dass Dargists Programmierung darauf ausgelegt ist, Vorsicht walten zu lassen, sobald eine Situation eintritt, die nicht eindeutig ist. Die BASIS ist ein wertvolles Fahrzeug. Auch die Aphiliker können nicht gewollt haben, dass sie durch ein Versehen vernichtet wird.«
»Möglich, dass Sie recht haben«, sagte Hamiller schließlich. »Ich werde dafür sorgen, dass für Kanthall ein abgeschirmtes Quartier gefunden wird, das er nach seiner Behandlung bezieht.«
»Gehen Sie vorsichtig vor! Das Ungeheuer ist überall, und wenn es von unseren Tricks Wind bekommt, war alle Mühe vergebens.«
Hamiller nickte. »Außerdem sind noch andere Vorbereitungen notwendig«, bemerkte er. »Kanthall muss von unserem Plan in Kenntnis gesetzt werden. Und wir brauchen eine generelle Übereinkunft mit ihm. Wer garantiert uns, dass er sich nach der Behandlung noch an sein Vorhaben erinnert?«
Kauk lächelte ein wenig abfällig. »Wenn er wirklich ein echter Aphiliker wird – wer garantiert uns, dass er sich an die Übereinkunft hält? Aber Sie liegen schon richtig damit. Irgendetwas muss zwischen ihm und uns vereinbart werden. Sie sind der Leiter des Unternehmens, das ist Ihre Aufgabe.«
Um fünf Uhr zehn an diesem Morgen fand eine letzte Besprechung mit Kanthall statt. Nur Hamiller und Kauk waren zugegen. Der Wissenschaftsrat brachte eine Schreibfolie zum Vorschein.
»Ich habe hier ein eigenartiges Dokument«, sagte er. »Bevor es in meinem Safe verschwindet, wird es unsere drei Unterschriften tragen. Der Text ist übrigens in dem Peripherierechner gespeichert, zu dem Sie von Ihrem Quartier aus Zugriff haben. Sie können sich die Sätze also jederzeit ins Gedächtnis rufen.«
»Sie wollen mich festnageln!« Kanthall schien etwas Ähnliches erwartet zu haben. Er lächelte sogar.
»Genau das habe ich vor«, bestätigte Hamiller. »Mit Ihrer Unterschrift geben Sie uns Ihr Wort, dass Sie, während Sie unter dem Einfluss der Aphilie stehen, nichts unternehmen, was Menschen in Lebensgefahr bringt oder unmittelbar oder mittelbar dazu führt, dass die Expedition PAN-THAU-RA abgebrochen werden muss. Sie versprechen zudem, dass Sie, sobald das Ungeheuer beseitigt ist, nicht zögern werden, sich einer Behandlung zu unterziehen, die Sie wieder zu einem normalen Menschen macht.«
Kanthall nahm die Folie und las. Wortlos brachte er einen Schreibstift zum Vorschein und setzte seine Unterschrift unter das Dokument.
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