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Silberband 103 - Facetten der Ewigkeit

Silberband 103 - Facetten der Ewigkeit

Titel: Silberband 103 - Facetten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Perry Rhodan
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Verhandlung vertagen und uns erst einmal Mühe geben, diese Barriere abzubauen«, mischte sich Jennifer ein.
    »Ein kluger Vorschlag.« Hergo-Zovran betrachtete sie eingehend mit seinen Stielaugen.
    Tekener mischte sich ein: »Sogar auf die Gefahr hin, dass ich ein Tabu verletze, möchte ich Sie dennoch etwas fragen, Türmer. Warum geraten die Loower stets außer sich, sobald die Sprache auf das Objekt ihres Interesses kommt?«
    Jennifer verwünschte ihren Mann, weil er schon wieder dieses Thema in den Vordergrund schob. Aber Hergo-Zovran reagierte überraschenderweise ganz anders darauf, als sie erwartet hatte.
    »Ich will Ihnen nicht verschweigen, dass wir uns den Menschen überlegen fühlen, sei es auf technischem oder geistigem Gebiet«, sagte der Türmer ruhig. »Sehen Sie das nicht als Überheblichkeit an, sondern als Tatsache. Wir sind weiter vorangekommen. Vor allem denken wir auf höherer Ebene und mehrbahnig, was leider den Nachteil mit sich bringt, dass es uns manchmal unmöglich ist, uns der Denkweise monoider Gehirne anzupassen. Es gehört eine besondere Schulung dazu, und ich als Türmer habe diese Fähigkeit erlangt, deshalb kann ich überhaupt so mit Ihnen reden.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass Ihre Artgenossen eine Hemmung besitzen, die es ihnen nicht erlaubt, mit primitiveren Lebewesen die Probleme ihres Volkes zu erörtern?«, fragte Jennifer überrascht.
    »Wenn Sie primitiv sagen, ist das abwertend gemeint, und Sie bezichtigen uns damit der Überheblichkeit, Jennifer. Aber damit hat es nichts zu tun. Es ist mehr eine Glaubensfrage, denn unser Leben wird von der Entelechie bestimmt. Ich kann nur hoffen, dass es in Ihrer Sprache eine Entsprechung für dieses Wort gibt oder dass der Translator es zumindest nicht sinnentstellend übersetzt.«
    Jennifer rief sich in Erinnerung, was sie über die Bedeutung dieses Begriffs wusste. Er war von dem griechischen entelecheia abgeleitet, das so viel hieß wie ›was das Vollkommene, die Vollendung in sich hat‹.
    Aristoteles nannte die Entelechie die sich im Stoff verwirklichende Form und bezeichnete die Seele als erste Entelechie des Organismus, und auch Goethe sah die Seele als Entelechie. Für andere war es die vollendete Wirklichkeit schlechthin, das wirklich Tätig- oder Vorhandensein im Gegensatz zum bloßen Vermögen und Können. Entelechie war in der terranischen Philosophie die im Organismus liegende Kraft, die seine Entwicklung und Vollendung bewirkte - das immaterielle, individuelle, Energien tragende, regulierende und gestaltende Lebensprinzip.
    In Bezug auf die Loower interpretierte Jennifer das entelechische Denken mit dem Streben nach Vollendung und zielführendem Handeln. Es war die Fähigkeit, gedankliche Vorstellungskraft in die Tat umzusetzen. In die Umgangssprache übertragen, würde Jennifer die Loower als Wesen bezeichnen, die mit Konsequenz auf ein gestecktes Ziel losmarschierten, selbst aufopfernd und ohne sich durch äußere Einflüsse vom vorgezeichneten Weg abbringen zu lassen. Auf die augenblickliche Situation bezogen, bedeutete es, dass die Loower notfalls ihre Flotte einsetzen würden, um ihren Willen durchzusetzen.
    »Haben die Terraner nichts, an das sie glauben?«, fragte Hergo-Zovran.
    »Doch«, antwortete Tekener. »Die Menschen glauben an einen Gott, der die Welt erschaffen hat. Aber unser Volk hat diesem Gott viele Namen gegeben ...«
    »Ich meine keinen mystischen Glauben«, unterbrach ihn der Türmer. »Ich denke an ein Leitbild, nach dem das Volk seine Entwicklung ausrichtet. Welche Bestimmung haben die Terraner?«
    »Wenn ich das wüsste, wäre ich der größte Philosoph aller Zeiten«, antwortete Tekener.
    Hergo-Zovran schien diesen Scherz jedoch misszuverstehen. »Warum versuchen Sie, mich über den Aufgabenbereich der Terraner zu täuschen?«, rief er ärgerlich. »Es gibt Indizien genug dafür, dass die Terraner die Funktion von Wächtern ausüben!« »Welche Indizien?«, wunderte sich Tekener. »Und was sollen wir bewachen?«
    »Das Auge!«
    »Ein Auge?«
    »Das Objekt, dessen rechtmäßige Besitzer wir Loower sind«, sagte Hergo-Zovran erregt. Er machte eine Pause, bis sich seine Sprechblase beruhigt hatte und nicht mehr heftig vibrierte. »Ich habe geglaubt, die Terraner meinen ihre Verhandlungsbereitschaft ernst. Aber das scheint nur ein Täuschungsmanöver zu sein, sodass ich gezwungen werde, die Dinge beim Namen zu nennen.«
    »Darum bitte ich«, sagte Tekener.
    »Wenn Sie es wünschen, Ronald.«

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