Silberband 103 - Facetten der Ewigkeit
Hergo-Zovran schüttelte seine Flügelstummel. »Ich habe sehr gehofft, dass ich nicht so deutlich werden muss. Aber nachdem Sie sich unwissend stellen, werde ich in allen Einzelheiten aufdecken, wie es sich tatsächlich verhält.
Als die Loower einst das Auge auf Terra versteckten, taten sie es in der Gewissheit, dass dieser Planet nicht so schnell intelligentes Leben hervorbringen würde. Ein so hochzivilisiertes Volk wie die Terraner dürfte es heute hier noch nicht geben. Das weist auf Einflüsse einer kosmischen Macht hin.«
Jennifer musste an ES denken und fand, dass der Loower vielleicht nicht so unrecht hatte. Aber sie erwähnte die Superintelligenz nicht.
»Was soll damit bewiesen werden?«, fragte Tek.
»Das Auge strahlt alle zweihundertsechsundzwanzigtausend Terra-Jahre einen Impuls aus«, fuhr Hergo-Zovran fort. »Diese kosmische Macht hat Terra in eine andere Galaxis versetzt, damit uns der erwartete Impuls diesmal nicht erreichen konnte. Nur hat jene Macht die Sicherheitsschaltung übersehen, die den Impuls wiederholt, wenn er nicht empfangen wurde. Deshalb blieb keine andere Möglichkeit mehr, als die Verteidigung des Auges gegen uns zu organisieren. Die undankbare Aufgabe fällt euch Terranern als Wächtervolk zu.«
»Das ist doch Unsinn!«, rief Tekener aus.
»Ich wollte Ihnen die Illusion nicht rauben, dass die Terraner ein freies Volk wären«, sagte Hergo-Zovran mit echtem Bedauern. »Aber Sie ließen mir keine andere Wahl. Was hat es jetzt noch für einen Sinn, die Bestimmung der Terraner zu leugnen?«
»Vielleicht sieht es von Ihrer Warte tatsächlich so aus.« Jennifer versuchte zu schlichten. »Aber wir Menschen gehören keiner Zivilisation an, die eine Wächterfunktion ausübt. Wir sind weder Diener noch Sklaven irgendeiner kosmischen Großmacht, denn wir Menschen lieben die Freiheit über alles.«
»Solltet ihr eure Bestimmung wirklich nicht kennen?«
»Wenn jemand von einer übergeordneten Macht unterdrückt wird, dann sind es die Loower«, behauptete Tekener. »Diese Macht versucht, ihre Existenz vor uns geheim zu halten, doch als wir dieses Schiff betraten, haben wir für wenige Sekunden die Suggestivimpulse empfangen. Nur sind wir Terraner dagegen immun.«
Hergo-Zovrans Sprechblase spannte sich, als wolle er dazu etwas sagen, doch im nächsten Moment schien er es sich anders überlegt zu haben. Eine Weile herrschte zwischen den beiden Menschen und dem Loower quälendes Schweigen, sodass nur die Gesprächsfetzen der anderen Diskussionsgruppen zu ihnen drangen.
»Wenn es sich so verhält, wie Sie behaupten, Ronald, und die Terraner guten Willens sind - warum übergeben Sie uns nicht einfach das Objekt?«, sagte der Flottentürmer endlich.
Eine berechtigte Frage, fand Jennifer, und sie wunderte sich, dass der Loower sie nicht längst gestellt hatte.
»Oder wollen Sie abstreiten, dass sich das Auge im Besitz Ihres Volkes befindet?«, fügte Hergo-Zovran hinzu. »Wollen die Terraner keine Ahnung davon haben, dass es in dem pyramidenförmigen Bauwerk untergebracht ist?«
»Bisher hatten wir tatsächlich keine Ahnung davon, dass in der Cheopspyramide ein solches Objekt verborgen war«, sagte Ronald Tekener. »Erst der Angriff des Fragmentroboters hat uns darauf aufmerksam gemacht - aber selbst zu diesem Zeitpunkt hatten wir noch keine Gewissheit, dass es ein solches Objekt gibt. Ich weiß bislang noch nicht einmal genau, was Sie darunter verstehen, Türmer.«
»Keine Ausflüchte mehr!«, sagte Hergo-Zovran scharf. »Ich kann Ihnen Bilder vorführen, die einen Terraner beim Hantieren mit dem Auge zeigen. Wir kennen sogar seinen Namen!«
»Das muss Boyt Margor sein«, sagte Tekener. »Dieser Mann hat das Objekt aus der Pyramide gestohlen und ist seitdem unauffindbar.«
»Wie soll ich das verstehen?«, fragte Hergo-Zovran verständnislos.
»Wie ich es sage - Boyt Margor hat das Auge an sich gebracht. Er ist ein Gesetzesbrecher, der gegen die Interessen des ganzen Volkes verstößt. Er hat sich mit seiner Beute versteckt und versucht nun vermutlich, ihren Wert herauszufinden. Wir setzen alles daran, ihn zu finden und ihm das Diebesgut wieder abzunehmen. Seien Sie gewiss, Türmer, dass er uns früher oder später in die Hände fällt. Es ist keine Frage, dass wir das Auge dann an Sie übergeben werden.«
Während Tekener sprach, hatte Jennifer den Loower beobachtet. Sie hatte den Eindruck, dass er zum Schluss gar nicht mehr hinhörte, denn er machte einen abweisenden
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