Silberband 105 - Orkan im Hyperraum
Damm hastig.
»Das ist unverzeihlich!«, herrschte Honk ihn an. »Ausgerechnet jetzt, da dreihundert Kämpfer des LARD durch unser Gebiet marschieren. Wenn das noch einmal vorkommt, verlierst du deinen Platz an den Ortungssystemen.«
»Es wird nicht wieder vorkommen!«, versicherte Damm.
Honk schien einigermaßen besänftigt zu sein. »Bisher haben wir noch keinen der Eindringlinge ausmachen können, weil wir nicht alle Funktionseinheiten der Hauptzentrale beherrschen«, stellte er fest. »Wir sind auch zu wenige, um sämtliche Instrumente besetzen zu können.«
Was für ein Glück, dachte Damm.
Vierhundert Ansken reichten nicht aus, alle Sektoren zu beherrschen. Aber schon hatten die Ansken in den Malgonen willige Sklaven gefunden, und es konnte nicht mehr viel Zeit in Anspruch nehmen, bis bei den Quanten-Experimenten noch fähigere Wesen entstehen würden.
Sobald Damm an die bevorstehenden Katastrophen dachte, für die letztlich seinesgleichen verantwortlich sein würde, überkam ihn Übelkeit. In immer derselben Vision sah er blühende Welten, die von den Invasionsarmeen der Ansken überrollt wurden. Schließlich würde das alles eine eigene Gesetzmäßigkeit entwickeln und jeder Kontrolle entgleiten.
Damm stöhnte unterdrückt.
»Was ist los?«, erkundigte sich Honk. »Fühlst du dich nicht wohl?«
»Es ist nichts«, beteuerte Damm hastig, entsetzt über die eigene Unvorsichtigkeit. Nun war er zweimal kurz hintereinander aufgefallen. Prisaar Honk war ein Anske, der keine Versager in den Reihen der Beobachter duldete.
»Hör zu!«, rief Honk scharf. »Ich dulde nicht, dass du in dieser Verfassung deinen Dienst absolvierst. Lass dich von Birger Golp ablösen. Ich werde mich später um dich kümmern.«
Das war eine unverhohlene Drohung, und Damm hatte Grund, sie ernst zu nehmen. Die Strafen waren gefürchtet, die Honk gegen jeden verhängte, der nicht seinen Anforderungen entsprach. Der Oberste Beobachter war in gewisser Beziehung härter als Bell.
Damm fürchtete, dass er irgendwann seelisch zusammenbrechen würde. Je länger er bei seinem Volk blieb, desto größer wurde für ihn die Gefahr einer Entdeckung. Er entfernte sich von den Ortungsanlagen und bat Golp, seinen Platz einzunehmen.
Als er sicher sein konnte, dass das Interesse der anderen an ihm erloschen war, verließ er die Zentrale durch einen der seitlichen Ausgänge. Erleichtert stellte er fest, dass der Korridor bis auf wenige malgonische Kämpfer verlassen war. Vor den Malgonen musste er sich nicht zurückhalten, sie waren kaum in der Lage, Gedanken und Gefühle eines Ansken zu erraten. In der Nähe der Hauptzentrale wimmelte es von Malgonen und anderen den Ansken treu ergebenen Biophore-Geschöpfen. Das machte es jedem potenziellen Gegner unmöglich, bis ins Herz der Macht vorzudringen. Schließlich gab es immer wieder Fehlzüchtungen, die jederzeit auch gegen die Ansken vorgegangen wären. Die meisten Biophore-Wesen besaßen keine Intelligenz und waren der sichtbare Beweis dafür, dass die Ansken im Grunde genommen nicht wussten, wie sie mit dem erbeuteten kostbaren Schatz umzugehen hatten.
Ohne ein bestimmtes Ziel zu haben, schritt Konter Damm durch den Korridor. Er fragte sich, was Honk gegen ihn unternehmen würde. Es war sicher falsch, in Honk einen persönlichen Gegner zu sehen. Der Oberste Beobachter beurteilte alle Untergebenen gleich – und nun war eben Damm in die Schusslinie geraten.
Der Anske blieb stehen und fragte sich, warum er überhaupt in die Hauptzentrale zurückkehren und sich der Gefahr einer Entlarvung aussetzen sollte. Er zitterte. Flieh!, schoss es ihm durch den Kopf, und plötzlich erkannte er, dass er unbewusst schon oft an diese Möglichkeit gedacht hatte.
Aber wohin sollte er sich wenden? Musste er nicht damit rechnen, früher oder später entdeckt zu werden? Gewiss, er kannte die Räumlichkeiten, die von der Hauptzentrale aus beobachtet werden konnten und die er deshalb meiden musste. Er wusste jedoch auch, dass er bei einer Flucht nicht nur die Ansken, sondern alle von ihnen beherrschten Biophore-Wesen zum Gegner haben würde. Ganz abgesehen von den Monstren, die unkontrolliert durch das Schiff zogen und alles angriffen, was ihnen in den Weg kam.
Die Überlebenschancen eines Flüchtlings waren so gering, dass Flucht einem Selbstmord gleichgekommen wäre. Trotzdem ging Konter Damm weiter und entfernte sich dabei immer mehr von der Zentrale. Die Malgonen, denen er begegnete, stellten ihm keine Fragen.
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