Silberband 105 - Orkan im Hyperraum
Stacheln und Beißzangen der wilden Ansken. Sie lebten in Schwärmen, wurden ebenfalls von Königinnen geleitet, waren aber ausgesprochen mordlustig und mieden die heißen Zonen des Mittlands.
Die Jungkönigin konnte schon die Facettenbänder der Räuber sehen, da stoppten sie unerwartet ab, schwebten kurz auf der Stelle und drehten dann in heller Panik ab. Es dauerte eine Weile, bis Dorania erkannte, dass die Wild-Ansken vor ihrer starken Aura geflohen waren.
Wieder nahm Dorania Kurs auf die bleichen Gerippe der Toten Riesen. In den Höhlen in den Klippen, die früher die Steilküste eines Ozeans gebildet hatten, wollte sie sich verkriechen und nachdenken. Um entweder eine Lösung für ihren Konflikt zu finden oder zu sterben.
Dalaimoc Rorvic erschrak nicht über die Zusammenhänge, denn er selbst barg einen Teil jener geheimnisvollen Kraft in sich, die das längst Vergessene getragen hatte und von der nur noch Relikte existierten. Dennoch hatte er große Mühe, wenigstens einen Teil jener Zusammenhänge zu verstehen, die Braboch ihm dargelegt hatte. Brabochs Denken und Fühlen funktionierte nicht nur anders als das Denken und Fühlen Rorvics; es basierte zudem auf völlig anderen Wertvorstellungen.
Der Tibeter erkannte, wie rätselhaft und dennoch tröstlich es war, dass sich etwas gleich einem roten Faden aus dem Zeitalter der Magie bis ins Zeitalter der Technologie zog, nämlich das Staunen über die wunderbare Schöpfungskraft und die Grundtendenz der Achtung allen Lebens. Anders wäre es nicht vorstellbar gewesen, dass ein unglaublich fremdartiges Wesen ihm, a Hainu, fünfzig Raumfahrern auf einem abstürzenden Asteroiden und zweihundertfünfzig Solanern auf dem Planeten zu helfen versuchte. Ob es wirklich helfen konnte, war eine völlig andere Frage.
Rorvic zweifelte, ob er tatsächlich das blinde Vertrauen aufbringen konnte, das notwendig war, Brabochs Bemühungen überhaupt erst wirksam werden zu lassen. Oder würde er zum entscheidenden Zeitpunkt zögern und damit alles verderben?
Seufzend schaute er Braboch an, der geduldig vor ihm stand und wartete. Er wunderte sich darüber, warum dieses Wesen ihm nicht unheimlich vorkam.
»Hast du dich entschieden, Dalaimoc?«
Der Tibeter fröstelte. Er zwang seine Gedanken zur Ruhe und versuchte, Brabochs Frage erst einmal für sich selbst zu beantworten. Sogar er scheute davor zurück, sich Kräften anzuvertrauen, die er nicht zu kontrollieren vermochte, von denen er nicht einmal ahnen konnte, welcher Art die rätselhafte Realität war, in die sie ihn schicken wollten.
»Ich verstehe nicht, wie zwei extrem unterschiedliche Realitäten gleichzeitig und nebeneinander existieren können«, murmelte Rorvic.
»Nicht nebeneinander, sondern miteinander, ineinander, durcheinander«, sagte das Federwesen. »Alles ist eins, doch du siehst keins, und ich seh keins, doch auch das ist Sinn des Seins.«
»Wir werden die Gedanken des anderen nie richtig verstehen.« Rorvic fühlte kalten Schweiß auf seiner Stirn. Er hatte Angst. »Schon die Vorstellung, dass ich ohne Anwendung meiner psionischen Kräfte auf den Planeten geschickt werde, den du Datmyr-Urgan nennst …«
»Du begreifst mich nicht, Dalaimoc. Es ist das Gleiche wie die Tatsache, dass du mich Worte deiner Sprache sprechen hörst, obwohl ich deine Sprache nicht beherrsche und auch keine Gedanken übertragen kann. Genauso wirst du mit deinem Produkt metallurgisch-technologischer Praxis auf Datmyr-Urgan landen. Warum sträubst du dich dagegen? Dem Zauderer zerrinnt die Zeit!«
Rorvic gab sich einen inneren Ruck. »Ich bin einverstanden!«, sagte er dumpf.
»Der Bund soll gelten – auf allen Welten!«, sang Braboch. Er tappte auf den Tibeter zu, breitete die Schwingen aus und legte sie dem Halbcyno um die Schultern.
Dalaimoc Rorvic hatte das Gefühl, von Braboch erdrückt zu werden. Aber ebenso schnell war dieses Gefühl vorbei.
Der Tibeter vermochte keine Spur mehr von dem mysteriösen Wesen zu entdecken.
Ungefähr hundert Meter vor der stählern schimmernden Kugel drosselte Gavro Yaal sein Flugaggregat, dann landete er.
Er schwitzte trotz der Klimaanlage des Anzugs. Das war eine Folge der Furcht, die er ausstand. Es war schon schlimm genug in seinem Alter, möglicherweise bald sterben zu müssen. Noch schlimmer wurde es für ihn dadurch, dass er auf einem Planeten sterben sollte statt an Bord der SOL.
Gavro Yaal schloss die Augen. Er glaubte ein feines Singen zu hören, wie von Sand, der vom Wind zu
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