Silberband 105 - Orkan im Hyperraum
durften, es aber dennoch taten, das seltsame Leben von Datmyr-Urgan – und nun das Gegenstück zu dem Howalgoniumkern des Meteoriten …
Gavro Yaal hörte abermals das Horn des Türmers der Königin von Chamu-bal.
Er wankte weiter, obwohl er sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Über ihm flammten die Polarlichterscheinungen stärker auf. Eine spiralartig gedrehte Lichterscheinung reichte bis fast auf den Boden, und direkt unter ihr ragte das Schloss der Königin von einem schwarzen Berg bis beinahe in den Himmel. Türme aus gleißendem Silber kennzeichneten die fünf Eckpunkte des Schlosses mit dem sternförmigen Grundriss.
»Ich komme, Königin!«, rief Yaal.
»Nein!«, sagte eine tiefe Stimme.
Der SOL-Geborene blieb so ruckartig stehen, als sei er gegen eine unsichtbare Mauer geprallt. Dann drehte er sich im Kreis und schaute sich wild um.
»So wirst du mich nie erkennen können, Gavro!«, sagte die Stimme.
»Du bist der Fürst der Dunkelheit, der die Königin von Chamu-bal rauben will! Zeige dich mir, damit wir kämpfen können!«
»Du kannst mich nicht sehen, solange du in einer anderen Welt bist. Es ist ohnehin unbegreiflich, dass du hierher gefunden hast und nicht unterwegs umgekommen bist. Raumgeborene haben auf Welten wie Datmyr-Urgan nur geringe Überlebenschancen.«
»Raumgeborene …?« Eine Erinnerung wollte in Yaal anklingen, wurde aber von dem Glanz der Königinburg gleich wieder überstrahlt.
Er kniff die Augen zusammen, senkte den Blick und kletterte auf allen vieren den Burgberg hinauf. Plötzlich stießen seine Finger gegen etwas metallisch Hartes.
Mit zitternden Händen schloss er das Visier des Helms. Dadurch wurde der fototrope Effekt der Sichtscheibe wirksam und dämpfte die grelle Strahlung der Königinburg.
Eine Weile blickte Yaal sich aufmerksam um, dann sprang er erschrocken von dem metallharten Gebilde, auf dem er angehalten hatte. »Ein Roboter!«, stieß er hervor und wich langsam weiter zurück, bis er das Gebilde, das halb aus dem schwarzen Gestein ragte, ganz erfassen konnte.
Es sah aus wie eine Statue, etwa zehn Meter groß und humanoid geformt, aus schwarzem Material, das sich von dem Gestein der Berge nur durch seinen Glanz unterschied, als sei es erst poliert worden. Die Statue trug eine Art Rüstung aus dem gleichen schwarzen Material, aus dem sie selbst und ebenso das helmartige Etwas auf ihrem Kopf bestanden.
So menschenähnlich die Gestalt auch sein mochte, sie stellte keinen Menschen dar. Wo sich bei einem Menschen die Nasenwurzel befand, hatte die Statue ein faustgroßes Auge. Es bestand aus einem rubinroten Kristall und war gleichzeitig die einzige Erhebung des ansonsten konturlosen und leeren Gesichts.
Yaals Gedanken überschlugen sich. Erinnerungen tauchten auf, wurden von mythischen Vorstellungen verdrängt und vermischten sich mit ihnen.
»Hilf mir!«, flehte er den Unsichtbaren an.
»Ich kann dich nicht mehr sehen!«, erklang es wie aus weiter Ferne.
Gavro Yaal sank auf die Knie. Ihm erschien die Statue wie die Verkörperung des Bösen an sich, die ihm den Weg zur Königin von Chamu-bal versperrte und ihn daran hinderte, sie zu befreien. Manchmal erschien die Königin vor seinem geistigen Auge als kugelförmiges Raumschiff mit der Aufschrift MONTRON, aber diese eigenwillige Wahrnehmung verwischte stets sehr schnell.
Ohne dass er sich dessen bewusst wurde, zog Yaal seinen Impulsstrahler, zielte auf das faustgroße Kristallauge und löste die Waffe aus.
Der sonnenhelle Energiestrahl traf das Auge und verschwand darin. Sekunden später leuchtete der Kristall grell von innen heraus auf. Das Licht blendete.
Gavro Yaal sah nicht, wie das Gestein rings um die Statue aufbrach, wie sich die riesige Gestalt aufrichtete und sich nach dem Schloss der Königin von Chamu-bal umdrehte. Er sah auch nicht, dass der Roboter leicht die linke Hand bewegte. Er spürte nur einen harten Schlag gegen Kopf und Brust – und dann nichts mehr.
13.
Wir hockten im Schein unserer Helmlampen in der Höhlung im Innern des Kerns aus Howalgonium. Mein Blick traf sich mit dem von Lapasch. Wir wussten beide, was der andere dachte.
Kehrte die fehlende Masse vorzeitig aus dem fünfdimensionalen Kontinuum zurück und füllte die Schwundblase restlos aus, dann waren wir sofort tot. Materialisierte die fehlende Masse aber nicht, bestand die Möglichkeit, dass Charlemagne von der Atmosphäre des Planeten abprallte wie ein Stein, den man flach auf eine Wasserfläche
Weitere Kostenlose Bücher