Silberband 106 - Laire
stürzten sie mit animalischen Lauten vorwärts.
Der erste Paratender wurde von ihnen förmlich überrannt. Dem anderen gelang es noch, den Paralysator abzufeuern. Drei der Angreifer wurden paralysiert, die anderen warfen sich auf den Mann und ließen erst wieder von ihm ab, als er sich nicht mehr rührte.
Das alles war die Angelegenheit weniger Sekunden gewesen. Margor hatte es nicht geschafft, einzugreifen.
Zwei Frauen und ein Mann – und sie erweckten schon wieder einen so friedlichen Eindruck wie vor diesem Zwischenfall. Sie hoben die Paralysatoren auf und übergaben sie Margor, und er nahm sie rein mechanisch an sich. Dabei konnte er die Augen nicht von den dreien lassen. Verblüfft stellte er fest, dass ihre Gesichter völlig entspannt waren.
Margor kämpfte die aufsteigende Wut nieder. Er ahnte, dass er diese Menschen für ihre Handlungsweise nicht verantwortlich machen konnte. Statt ihnen Vorhaltungen zu machen, holte er sein Amulett hervor und zog damit augenblicklich ihre Aufmerksamkeit auf sich.
»Warum habt ihr das getan?«, fragte er. »Ihr hattet keine Veranlassung, diese Männer niederzuschlagen. Sie sind Freunde von mir.«
»Waren wir das? Das tut uns leid. Das Temperament muss mit uns durchgegangen sein.«
»In Zukunft müsst ihr euch zügeln!« Margor sah aus dem Augenwinkel eine Bewegung am Antigravschacht. »Vorsicht, die Waffen weg!«, rief er. Erst dann erkannte er Lee Mandrian, der mit vier Paratendern kam.
»Was ist hier los?«, fragte Mandrian verständnislos. Allerdings hatte er die Waffe sofort weggesteckt. Diese Vorsichtsmaßnahme schien indes gar nicht nötig gewesen zu sein, denn die drei von Jota-Tempesto zeigten keinerlei Feindseligkeit.
Mandrian blickte sich verwirrt um. Beim Anblick der in ihrem Blut liegenden Paratender wurde er blass. »Hat es einen Kampf gegeben?«, erkundigte er sich überflüssigerweise.
»So etwas wird nie wieder vorkommen«, sagte Margor in befehlendem Ton und blickte dem Mann von Jota-Tempesto in die Augen. Dieser machte ein zerknirschtes Gesicht. Margor fragte ihn: »Wer bist du?«
»Goro.«
»Du bist dafür verantwortlich, Goro, dass deine Kameraden in Zukunft ihr Temperament zügeln. Hast du verstanden?«
»Ich werde darauf achten«, sagte Goro, wirkte auf Margor aber nicht sehr überzeugend.
»Ich werde dafür sorgen, dass ihr alles bekommt, was ihr zum Leben braucht. Ein Arzt wird euch untersuchen. Wehrt euch nicht dagegen, denn alle hier lebenden Leute sind meine Freunde. Sie sind auch eure Freunde.«
»Sie sind unsere Freunde«, wiederholte der Mann von Jota-Tempesto. »Wir werden es uns merken.«
»Solltet ihr das vergessen, dann werdet ihr die Kraft des Totems der Tanzenden Jungfrau nie mehr spüren.«
»Wir werden uns zügeln«, versprach Goro. Die beiden Frauen nickten ernst.
»Ich überlasse euch jetzt meinen Leuten«, sagte Margor und gab den Paratendern einen Wink, die inzwischen die niedergeschlagenen Wachen auf Antigravbahren weggebracht hatten. »Befolgt ihre Befehle, denn das ist mein Wille.«
Die Paratender führten die neu Angekommenen ab.
»Was sind das für Typen, Boyt?«, fragte Mandrian, als er mit Margor unter vier Augen war.
»Ich weiß nicht, in welche Kategorie ich sie einreihen soll«, erwiderte der Gäa-Mutant nachdenklich. »Aber wenn es mir gelingt, ihren Aggressionstrieb zu steuern, dann habe ich eine starke Kampftruppe. Pass gut auf sie auf, Lee.«
Margor wandte sich dem Arzt zu, der die verwundeten Paratender versorgt hatte. »Wie geht es den beiden?«, fragte er.
»Jeder hat Knochenbrüche. Ihre Kopfverletzungen sind aber das Schlimmste. Ich müsste sie einer genaueren Untersuchung unterziehen …«
»Nicht nötig, Doc«, unterbrach Margor sein Gegenüber. In den Hyperraumklausen herrschte Mangel an allem, seit die Nachschubbasen auf der Erde von den Agenten der LFT zerschlagen worden waren. Paratender, die ihre volle Leistung nicht mehr erbringen konnten, waren seither nur Ballast.
»Mach die beiden Verwundeten transportfähig, Doc. Ich werde sie nach Tansor mitnehmen. Wenn du das erledigt hast, kümmerst du dich ausschließlich um die neuen Paratender. Ich will wissen, was mit ihnen los ist. Und versuche mit allen Mitteln, ihren Aggressionstrieb unter Kontrolle zu bringen. Das ist vorerst alles.«
Margor wandte sich dem Antigravschacht zu. Dort entdeckte er eine kleine Gestalt, die sich unscheinbar im Hintergrund hielt, aber interessiert beobachtete.
»Scher dich nach oben, Baya!«, schrie er
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