Silberband 107 - Murcons Vermächtnis
zugrunde richtest.«
Vollei ließ sich ächzend in einen Stuhl sinken und schob die mitgebrachten Vorräte auf die Tischplatte.
»Hast du Hunger? Durst?« fragte er müde. »Iss und trink!«
»Halte dich an deinen eigenen Rat!«, forderte Hajlik. »Du brauchst alle Kraft, die du dir verschaffen kannst.«
»Wofür?« Vollei sah verwundert auf.
»Weißt du nicht, was du als Nächstes tun musst?«
»Was?«
»Du musst den Gastwirt einfangen!«
Der Tolle Vollei lachte bitter. »Wie stellst du dir das vor?«
»Das weiß ich noch nicht so genau. Ich kann mir aber deutlich ausmalen, wie es dir ergehen wird, wenn du die Spötter nicht zum Schweigen bringst. Du kannst dich in der Öffentlichkeit nicht mehr sehen lassen und wirst dich in kurzer Zeit zu Tode grämen.«
Hajlik sprach in beschwörendem Tonfall. Als sie verstummte, starrte der Tolle Vollei bitter vor sich hin.
»Es ist viel Zeit vergangen«, beklagte er sich. »Wie soll ich jetzt noch die Spur des Gastwirts finden?«
»Ich habe mich umgehört und weiß, wie wir vorgehen müssen.«
»Wir?«, fragte Vollei verwirrt.
»Du glaubst hoffentlich nicht, dass ich dich allein gehen lasse, oder? Ich war den ganzen Tag unterwegs. Frauen fällt das leichter. Ich bekam Auskünfte von Leuten, zu denen einer von euch Männern nicht einmal sprechen dürfte. Ich weiß, dass der Gastwirt sich eine Zeit lang bei den Unabhängigen Frauen aufgehalten hat. Der Schiefäugigen Salsaparú hat er erklärt, er sei in Wirklichkeit gar kein Gastwirt, sondern von den Robotern der Techno-Spürer hierher verschleppt worden. Er sprach auch von einem geheimnisvollen Gerät, das er suchen will.«
»Was nützt uns das alles?«, fragte Vollei gramvoll.
»Das ist noch nicht alles. Jemand will gesehen haben, dass der Gastwirt die große Plattform mit einem Scheibenfahrzeug verlassen hat. Er wurde gesehen, wie er außen am Großen Gasthaus in die Höhe stieg. Er suchte seine Rettung also in den höher gelegenen Regionen. Und nun rate, wer in diesen Regionen zur selben Zeit gesehen wurde.«
»Sag's mir!«, drängte der Tolle Vollei, dessen Interesse erwachte.
»Der Humpelnde Tantha. – Und was ist Tanthas hervorragendste Fähigkeit?«
»Er kann sich verstellen. Er schlüpft im Handumdrehen in die Maske eines anderen.«
»Reichen deine Gedanken noch ein Stück weiter? Bist du bei der Suche nach dem Gastwirt dem Humpelnden Tantha begegnet?«
»Ich …?« Vollei stotterte. »Wo sollte ich … Doch, warte …« Ein Leuchten ging über sein Gesicht. »Natürlich! Narney der Wüstling war niemand anders als der Humpelnde Tantha. Ich hätte sofort Verdacht schöpfen sollen, als er sagte, der Lüsterne Onkei hätte ihn gebeten, seinen Platz zu übernehmen.«
»Onkei ist inzwischen zurückgekehrt. Er wurde von Tantha überfallen und lag mehrere Stunden lang bewusstlos. Es ist ein halbes Wunder, dass niemand ihn gefasst hat, während er wehrlos war. Und jetzt strenge deine Fantasie an, Vollei. Der Gastwirt sucht nach einem geheimnisvollen Gerät. Wo kann er es finden?«
»Bei den Techno-Spürern!«
»Von dorther kommt er und hat es offenbar nicht gefunden. Denk an den Weg, den er eingeschlagen hat. Erinnere dich daran, dass der Humpelnde Tantha ihn führt. Wohin will er also?«
»In die Tiefe!«, murmelte Vollei. »Dort kennt Tantha sich aus. Dort liegt der Vorhof der Hölle, und Tantha war mit dem Gastwirt auf dem Weg zum großen Schacht, als wir ihnen in die Quere kamen.«
»Sieh an, wie klug du sein kannst!«, rief Hajlik. »Wir wissen also, wohin wir uns zu wenden haben.«
Der Tolle Vollei dachte eine Zeit lang nach. Dann machte er eine entmutigte Geste.
»Es nützt trotz allem nichts. Ihr Vorsprung ist zu groß.«
»Erstens ist der Vorhof der Hölle schwieriges Gelände, in dem keiner leicht vorwärts kommt«, widersprach Hajlik. »Zweitens kenne ich einen kürzeren Weg zum Vorhof. Wir brauchen den großen Schacht nur einen Teil der Strecke zu benützen.«
Erstaunt sah der Tolle Vollei zu ihr auf. »Du weißt eine ganze Menge, Mädchen!«
»Das ist richtig«, bestätigte Hajlik selbstbewusst. »Willst du nun mit mir kommen und den Gastwirt fangen?«
»In einer halben Stunde sind wir unterwegs!«, versprach Vollei.
Fast zwei Stunden vergingen, während Pankha-Skrin und der Humpelnde Tantha durch den langen Schacht in die Tiefe sanken. Mitunter kamen sie an Einstiegen vorbei, durch die der Loower in kahle Räume und Hallen blickte, die offenbar seit Menschengedenken nicht
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