Silberband 107 - Murcons Vermächtnis
uns keiner aufstöbern.
Wenn Murcon von der Ebene zurückkommt, drehen wir ihm den Hals um und sind dann die Herren seiner Burg.«
Seine Zuhörer äußerten sich mit beifälligen Rufen. Nur einer, der in Arqualovs Stab die untergeordnete Funktion des Proviantmeisters innehatte und wegen seines Mangels an Draufgängertum oft bespöttelt wurde, versuchte einen Einwand. Sein Name war Zaphoor.
»Hat Murcon nicht behauptet, dass wir ohne seine Hilfe den Bereich der Kosmischen Burgen nicht verlassen können?«, sagte er. »Wenn das die Wahrheit ist, werden wir hier gefangen sein, sobald wir ihn umgebracht haben.«
Lautes Gelächter antwortete ihm.
»Du bist ein schlauer Junge!«, rief Arqualov. »Natürlich sagt Murcon solche Lügen. Irgendwie muss er uns glauben machen, dass wir auf ihn angewiesen sind. Mach dir keine Sorgen, Zaphoor! Wir werden frei sein wie die Lichtstrahlen der Sterne, sobald wir Murcon aus dem Weg geschafft haben. Es gibt keine Grenze, die wir nur mit seiner Hilfe überschreiten können!«
Damit war Zaphoor zum Schweigen gebracht. Arqualov und seine Genossen besprachen weiter ihren finsteren Plan. Bis in die letzte Einzelheit arbeiteten sie aus, was mit Murcon geschehen solle.
Als Tanniserp zuvor Murcon gefolgt war, da hatte er in der Tat aus den Räumen des Mächtigen lautes Rumoren gehört. Sein Schluss, dass die Geräusche von Murcon selbst verursacht würden, war jedoch falsch. Der Mächtige hatte vielmehr einigen Robotern befohlen, sich möglichst ungebärdig zu benehmen. Inzwischen hatte er sich selbst zu einer Kammer über dem Saal begeben, in dem er mit den Freibeutern gespeist hatte. Von dort aus konnte er den Saal überblicken und jedes Wort verstehen, das gesprochen wurde.
Enttäuscht hörte er das Vorhaben seiner Gäste. Je weiter sie die Einzelheiten entwickelten, desto mehr ergriff eine wilde Begeisterung von ihnen Besitz. Schließlich sprang Arqualov mit einem mächtigen Satz auf die große Tischplatte, reckte die geballte Hand in die Höhe und schrie: »Worauf warten wir? Murcon hat die Burg wahrscheinlich längst verlassen! Wenn er zurückkehrt, beseitigen wir ihn! Die Burg aber gehört jetzt schon uns!«
Murcon verließ seinen Lauscherposten. Er versammelte seine Roboter um sich und erklärte ihnen:
»Es hat eine Revolte stattgefunden. Die Gäste haben sich der Burg bemächtigt. Wir sind ihnen unterlegen, daher ist Widerstand sinnlos. Wir ziehen uns in die Tiefe der Burg zurück. Dort gibt es Räume, die unsere Gäste so schnell nicht finden werden und in denen wir überleben können – wenigstens eine Zeit lang.«
So geschah es. Murcon zog mit seinen Robotern und den wichtigsten Habseligkeiten in das Zentrum des Asteroiden um, wo sich Maschinen und Räume befanden, die ihm alles boten, was er zum Leben brauchte. Sogar ein geheimer Gang zur großen Plattform existierte. Dort stand sein Feldschiff.
Murcon ließ sich Zeit mit den Vorbereitungen. Die Verhandlung auf der Ebene konnte warten. Für ihn war wichtig, dass er seine neue Unterkunft in eine Festung verwandelte, die von den unverfrorenen Gästen nicht gestürmt werden konnte. Erst als er das fertiggestellt hatte, brach er zur Ebene auf.
Einen Tag lang ließ sich der Tolle Vollei nicht in der Öffentlichkeit sehen und wies alle Besucher ab. Erst als die Zeit der Ruhe angebrochen war und er erwarten durfte, die Gänge draußen verlassen zu finden, huschte er zur nächsten Versorgungsstelle. Als er in seine Wohnung zurückkehrte, saß Hajlik in dem Sessel, in dem er den ganzen Tag grollend zugebracht hatte.
»Was hast du hier verloren?«, fuhr er sie an.
Hajlik war eine junge Frau, deren volle Formen fast zur Gänze dem Schönheitsideal der Freidenker entsprachen. Sie hatte nur einen zu breiten Mund. Volleis Zorn prallte wirkungslos an ihr ab.
»Mir scheint, dass du ein wenig Zuspruch brauchst«, sagte sie. »Ich bin hier, um dich zu trösten.«
»Ich brauche weder Trost noch Zuspruch. Scher dich zum Teufel!«
»Der Teufel ist dort draußen.« Hajlik deutete zur Tür. »Er sitzt in den Köpfen der Zaphooren und veranlasst sie, dich zu verspotten. Soll ich das auch tun?«
»Wen kümmert's?«, knurrte Vollei.
»Mich.« Hajlik stand auf. »Du hast mich zwar genauso schäbig behandelt wie deine anderen Liebhaberinnen, hast mich angeschmachtet, mir den Kopf verdreht und mich dann weggeworfen. Aber es ist etwas in mir haften geblieben, ein kleiner Funke Zuneigung, verstehst du? Deswegen schmerzt es mich, wie du dich
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