Silberband 108 - Grenze im Nichts
oder Mitleid empfinden sollte. Die Umständlichkeit des Angriffs ließ ihn für den Fremden jedenfalls das Schlimmste befürchten.
Mit einem dumpfen Laut krachte die Stange auf den Rumpf des ovalen Flugobjekts. Der Schlag hinterließ weder sichtbare Spuren, noch wurde der Wächter davon aus seiner Position geworfen. Trotzdem ließ seine Reaktion erkennen, dass er nicht wusste, wie er sich verhalten sollte.
Er glitt ein wenig zur Seite, sodass Rhodan, der den Kopf nicht bewegen konnte, ihn gerade noch aus den Augenwinkeln sah. Der Fremde tappte weiter, aber sein zweiter Schlag traf schon nicht mehr, weil das Flugobjekt auswich.
Der Angreifer musste ein Wahnsinniger sein, dachte Rhodan verblüfft. Oder ein Wesen, das seine eigenen Möglichkeiten maßlos überschätzte. Erst jetzt kam dem Terraner in den Sinn, dass hinter dieser Aktion der Versuch stecken konnte, Atlan und ihm zu helfen.
Aber weshalb? Wer war der Unbekannte, und warum griff er auf diese Weise ein? Dass der unerwartete Helfer einen Schutzanzug trug, verriet immerhin, dass er nicht zu den Wesen gehörte, die Lorvorcs Burg bewohnten.
Der Angreifer versuchte, das Flugobjekt zu treffen; aber er hatte nach seinem Überraschungserfolg keine Chance mehr. Rhodan sah, dass die Schläge kraftloser wurden. Für den Unbekannten musste es entmutigend sein, wie mühelos sein Widersacher ihm auswich. Trotzdem war die Passivität des Wächters überraschend. Rhodan fragte sich, warum der Organismus sich nicht zur Wehr setzte. Wartete das rätselhafte Geschöpf erst auf entsprechende Befehle?
Rhodan gewann den Eindruck, dass der Fremde im Raumanzug ihm seltsam vertraut vorkam. Dabei war er sicher, nie zuvor ein Wesen wie dieses gesehen zu haben. Der Widerspruch in seinen Gedanken irritierte ihn.
Überraschend gab der Wächter seine Passivität auf. Dutzende seiner tentakelförmigen Extremitäten brachen aus der Hülle hervor. Der Flugkörper machte einen Ruck auf den Angreifer zu, der vergeblich versuchte, auf seinen kurzen Beinen schnell genug auszuweichen.
In dieser Sekunde erfasste Rhodan, was für ein Wesen er vor sich hatte. Er erinnerte sich an Laires Schilderung der Diebe, die dem Roboter sein linkes Auge gestohlen hatten. Kein Zweifel, das Wesen im Raumanzug war ein Artgenosse jener Diebe.
Pankha-Skrin war zornig auf sich selbst, dass er spontan und dumm gehandelt hatte. Nur die Ausweglosigkeit seiner Lage hatte ihn zu dieser Handlungsweise getrieben. Dabei war ihm die Überraschung geglückt. Die Art und Weise, wie der Wächter den ersten Schlag hingenommen hatte, war für Pankha-Skrin jedoch Grund genug gewesen, alle Hoffnungen aufzugeben. Der Treffer war wirkungslos geblieben, und danach war der Wächter jedem weiteren Angriff mit geradezu spielerischer Leichtigkeit ausgewichen.
Trotz und Stolz hielten den Loower noch auf den Beinen und zwangen ihn, wieder und wieder zuzuschlagen – bis sein Gegner sich zur Wehr setzte. Pankha-Skrin war viel zu unbeweglich, er schaffte es nicht, den zupackenden Tentakeln zu entgehen. Sie wickelten sich um seine Schultern und zogen ihn auf den Wächter zu.
Die Niederlage vor Augen, erkannte Pankha-Skrin, dass der Gegner immerhin seine schützende Hülle geöffnet hatte und mit seinen organischen Tentakeln endlich eine lohnende Angriffsfläche bot. Mit aller Kraft schlug der Quellmeister darauf ein.
Kreyn drang in das Trümmergewirr von Lorvorcs Burg ein. Dabei sandte das Tochtersystem ununterbrochen Aufnahmen in den Turm. Bisher war Kreyns Vordringen ohne Zwischenfall geblieben, aber Cerveraux war dennoch nervös und angespannt. Zum ersten Mal schickte er einen seiner Ableger in die Nähe von Lorvorcs Leichnam. Cerveraux war so auf die Bilder konzentriert, dass er kaum darauf achtete, was Geurly berichtete. Allerdings geschah in Geurlys Nähe nichts Beunruhigendes. Der dritte Fremde schien sich damit zu begnügen, den Turm zu beobachten. Cerveraux konnte die beiden gefangenen Raumfahrer auf einer dritten Bildfläche sehen. Ein Tochtersystem hielt bei ihnen Wache. Alle anderen hatte Cerveraux abgezogen, denn er wollte sie für eventuell erforderliche schnelle Einsätze in der Ruine zur Verfügung haben.
»Die Erschütterungen haben sich nicht wiederholt«, drang Suys' Stimme in seine Gedanken.
»Das hat wenig zu bedeuten«, erwiderte Cerveraux. »Ich glaube, dass eine Entscheidung bevorsteht, ich spüre es tief in mir.«
»Das verstehe ich nicht«, bekannte Suys.
Cerveraux überlegte, ob er mit seinem Ableger
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