Silberband 108 - Grenze im Nichts
sich überschlagender Stimme. »Milestone muss den Verstand verloren haben. Er hat es durch seine irrsinnigen Experimente erreicht, dass die Klause instabil geworden ist und sich auflöst. Es kann nicht mehr lange dauern, bis diese Nische zu existieren aufhört. Du musst uns evakuieren, Boyt, sonst sind wir verloren.«
»Großklause zwei steht knapp vor der Auflösung und die anderen Nischen vermutlich auch«, sagte Margor. »Ich kann euch nicht helfen, Horm. Ich bin selbst auf Gedeih und Verderb dem Mädchen ausgeliefert. Baya allein hat die Macht, uns zu retten. Aber sie gefällt sich darin, ein teuflisches Spiel mit uns zu treiben.«
»Das werden wir sehen!« Der Paratender wollte sich auf Baya stürzen. Doch sie hatte blitzschnell das Auge gehoben und dachte sich mit Margor in die Großraumnische.
Der Mutant heulte vor Wut. Die Zustände in der Großklause hatten sich weiter verschlimmert. Die Decks waren keine geschlossenen Flächen mehr, sondern wiesen ausgedehnte Löcher auf und schlugen Blasen. An manchen Stellen war die Formenergie zu einem hauchdünnen Gespinst geworden.
Über Baya erklang ein Geräusch wie von zerreißendem Stoff. Als sie hochblickte, sah sie einen Tempester durch die Decke brechen und in die Tiefe stürzen. Er fiel wie ein Stein herunter und durchschlug auch den Boden des Decks, auf dem sie sich befanden.
Margor lachte schrill. »Bayas Inferno!«, schrie er. »Das hast du auf dem Gewissen! Du hättest längst unsere Rettung einleiten können.«
»Du denkst nur an dich, Boyt«, erwiderte Baya, aber wenn er bezweckt hatte, dass sie Gewissensbisse bekam, dann hatte er sein Ziel erreicht. Sie sah ein, dass sie zu lange gezögert hatte, und je länger sie wartete, desto bedrohlicher wurde die Lage für alle Eingeschlossenen.
Sie befanden sich auf Deck 5. Doch das erkannte Baya nur an der Erhaltungsschaltung im Zentrum und keineswegs an den Abmessungen. Das Deck war auf ein Drittel seiner ursprünglichen Ausdehnung zusammengeschrumpft.
Die Erhaltungsschaltung war zu einem formlosen, pulsierenden Gebilde geworden. Über seine Oberfläche geisterten bläuliche Energieentladungen.
»Handle endlich, Baya!«, rief Margor weinerlich. »Ich will nicht als Treibgut des Hyperraums enden. Ich verspreche dir alles, was du verlangst, nur bringe uns von hier fort!«
Santix tauchte zwischen den Trümmern auf. Als er Margor und das Mädchen sah, winkte er heftig.
»Ich habe dich überall gesucht, Boyt. Ich wollte in diesem denkwürdigen Augenblick nicht allein sein, sondern das große Ereignis an deiner Seite erleben.«
»Was redest du für Unsinn?«, rief Margor angewidert. »Begreifst du nicht, dass dies unser Untergang ist?«
»Das ist nicht die Apokalypse, Boyt, sondern die Genesis.« Santix lachte geheimnisvoll. »Was wir hier erleben, ist das Werden einer neuen Hyperraumnische, einer Großraumklause, die größer und wunderbarer ist als alle bisherigen zusammen. Ich weiß, wovon ich rede, Boyt. Ich habe eindeutige Ortungsergebnisse.«
Er hat den Verstand verloren, dachte Baya erschüttert.
Margor schien nicht zu merken, dass der Hyperphysiker unter Wahnvorstellungen litt. In seiner Verzweiflung war er für die verrücktesten Thesen zu haben. Er packte Santix an den Oberarmen. »Bist du sicher, Poul? Wieso glaubst du, dass eine neue Hyperklause entsteht?«
»Eine Superklause, groß wie ein Planet!«, rief Santix. »Oder auch so groß, dass ein ganzes Sonnensystem darin Platz hat! Vielleicht ein eigenes Universum. Dein Universum, Boyt! Erinnere dich, was passierte, als du diese Großraumnische erschaffen hast. Vor dem Zusammenschluss bildeten sich zwischen den einzelnen Klausen Energieschläuche und verbanden sie miteinander. Dasselbe geschieht auch jetzt. Ich habe einen solchen Energieschlauch, der von der Großklause in den Hyperraum führt, eindeutig angemessen. Alle Energien strömen dort entlang.«
»Ist das der einzige Beweis für deine Theorie?« Margor stieß den Hyperphysiker verächtlich von sich.
Baya hörte nicht mehr hin. Sie wollte endlich alle in der Großklause befindlichen Wesen in ihr Wunschdenken einschließen und auf den distanzlosen Schritt mitnehmen. Unter günstigeren Bedingungen hätte sie einen solchen Schritt nicht gewagt, denn sie war keineswegs sicher, dass alle über die Großklause verstreuten Personen sich im Wirkungsbereich des Auges befanden. Aber die Zeit drängte, und ihr blieb keine andere Wahl. Wenn ihr Unternehmen gelang und sie Margor und seine
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