Silberband 108 - Grenze im Nichts
dieser Welt. Es lag noch nicht lange zurück, dass die aggressiven Bewohner dieses Planeten in einem Emotionsrausch ohnegleichen die Stadt eingeebnet hatten.
Doch schon vorher war sie nicht mehr bewohnt gewesen. Die Tempester waren nur gekommen, wenn sie zum Tempel der Tanzenden Jungfrau pilgerten. Diesen Tempel gab es auch nicht mehr. Boyt Margor hatte ihn in einer eindrucksvollen Machtdemonstration zerstört. Wer diesem Schauspiel beigewohnt hatte, glaubte seitdem nicht mehr an die Macht der Tanzenden Jungfrau, sondern hatte sich Margor als dem göttlichen Totemträger zugewandt.
Mittlerweile war einige Zeit vergangen, und da die Tempester schnelllebig waren, erschien ihnen der Zeitraum seit Margors letztem Erscheinen vielfach zu lang. Demzufolge fanden sich immer mehr Tempester, die zum alten Glauben zurückkehrten. Vor allem die jüngeren, die Margors Totem nur vom Hörensagen kannten, verurteilten ihn als falschen Propheten und huldigten wieder der Tanzenden Jungfrau.
Das hatte zu vielen Auseinandersetzungen geführt. Da keine der beiden Glaubensrichtungen unwiderlegbare Argumente hatte, konnte der Streit nur mit der Auslöschung einer der beiden Gruppen enden.
Noch lag das Ruinenfeld wie ausgestorben da. Von den umliegenden Hügeln war der hässliche Krater, wo einst der Tempel der Tanzenden Jungfrau gestanden hatte, deutlich zu sehen.
Auf den südlichen Hängen tauchten die ersten Tempester auf. Es wurden immer mehr, und schließlich wälzte sich von Süden ein nach Tausenden zählendes Heer ins Tal. Im Norden trampelte ebenfalls eine schier unüberschaubare Menge über die Wiesenhänge. Hier waren es in der Mehrzahl Tempester der jüngeren Generation, also Jünger der Tanzenden Jungfrau.
Beide Parteien erreichten das Ruinenfeld. Ein Schrei aus Tausenden Kehlen hallte über das Ruinenfeld, als die Tempester in blinder Wut aufeinander losstürmten.
Über den Himmel rollte ein Donnergrollen, das den beginnenden Kampflärm übertönte. Eine Kugel, an der sich das Sonnenlicht gleißend brach, fiel rasch herab. Ein göttliches Omen? Aber weder der Totemträger noch die Tanzende Jungfrau hatten jemals so ein Zeichen gegeben.
Die Kugelwandung öffnete sich. Ein seltsames Gebilde schwebte heraus. Noch bevor dieses Gebilde zwischen den Fronten der beiden Parteien aufsetzte, wussten alle Tempester, dass die Tanzende Jungfrau gekommen war.
In mir lebt der Geist des Totemträgers, hörten sie in ihren Köpfen. Folgt seinem Ruf, und ihr seid bei mir – der einzig wahren Macht. Dann wird meine Kraft in euch sein!
Pyon Arzachena landete den Kugelraumer außerhalb des Ruinenfelds und begab sich mit seinen Begleitern zu Fuß zu der Stelle, wo er das Psychod mit dem Traktorstrahl abgesetzt hatte.
Er schritt unbehelligt durch die Reihen der andächtig verharrenden Tempester, bis er die Tanzende Jungfrau erreicht hatte. Arzachena wartete noch eine Weile, bis er der Menge Boyt Margors Befehl verkündete, alle sollten der Tanzenden Jungfrau in die Provcon-Faust folgen.
Arzachena war sicher, dass keiner der Tempester Schwierigkeiten machen würde. Sein einziges Problem war, wie er jenen, die in seinem Raumschiff keinen Platz finden würden, begreiflich machen sollte, dass sie vorerst auf Jota-Tempesto zurückbleiben mussten.
Die ONOS war eines der 111 in die GAVÖK-Verbände integrierten halutischen Schiffe. Die schwarze Kugel patrouillierte im Innensektor Null-Nord des galaktischen Zentrumsgebiets.
An Bord befanden sich vier Haluter Balcen Nard, Frocen Than, Panec Leigh und Olmer Fruhn. Sie waren Betroffene der Kannibalkristalle gewesen, die durch ihre Eigenart, Emotionen aufzunehmen und verstärkt zu reflektieren, dem halutischen Volk fast zum Verhängnis geworden wären. Da bei den Halutern die Uleb-Erbmasse durchgebrochen war, hatten sie sich im Bereich der Kristalle zu wahren Bestien rückentwickelt. Erst Ronald Tekener war es gelungen, die Krise zu bewältigen. Die wieder befriedeten Kolosse entschlossen sich spontan, ihre kleine Flotte der GAVÖK einzugliedern. Das lag rund drei Standardjahre zurück.
Die ONOS hatte über Hyperfunk den Hinweis erhalten, dass es auf dem Planeten Goofond zu aufklärungsbedürftigen Vorfällen gekommen sei.
Der dritte Planet des Tophot-Systems hatte kein eigenes intelligentes Leben hervorgebracht und war ungefähr zu gleichen Teilen von Terra-Kolonisten, Neu-Arkoniden und Anti-Abkömmlingen besiedelt. Während des Unternehmens Pilgervater, als fast alle von Terra abstammenden
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