Silberband 111 - Geburt einer Dunkelwolke
resignierend. »Wir können nichts ausrichten. Wie auch?«
»Wir können warnen«, erwiderte Simudden.
»Darüber haben wir alle schon gesprochen«, wandte Brak müde ein. »Wir waren uns einig, dass niemand eine Warnung ernst nehmen würde, wenn wir anonym bleiben. Und dass wir unsere Namen nicht nennen dürfen, leuchtet sogar Axe ein.«
»Es ist völlig klar, dass wir uns keinem Risiko aussetzen werden«, sagte Kayna Schatten. »Aber gehen wir denn ein Risiko ein, wenn wir von Bord der SIRKON-BAL Funkverbindung mit einer Welt aufnehmen, die zur GAVÖK gehört, wenn wir unsere Namen nennen, uns optisch identifizieren und unsere Warnung aussprechen?«
Tobbon lachte zornig.
»Hat Panika dir nicht gesagt, dass es bereits ein unkalkulierbares Risiko sein würde, die SIRKON-BAL in unsere Gewalt zu bringen, Kayna? Und selbst wenn das gelänge, was sollten wir anschließend tun? Zur Flotte BAL könnten wir nicht zurückkehren. Auf einem Planeten der GAVÖK könnten wir auch nicht landen – ich habe keine Sehnsucht danach, im humanen Strafvollzug meinem Ich die synthetisierte Persönlichkeit eines mittelmäßig begabten friedlichen Bürgers aufprägen zu lassen. Aber genau das steht uns doch bevor, wenn wir der GAVÖK in die Hände fallen.«
»Die GAVÖK wird uns nicht erwischen, Brush«, sagte Kayna Schatten. »Sobald wir die Warnung abgesetzt haben, können wir uns mit der SIRKON-BAL irgendwo im Dschungel der Sterne verbergen, bis die Gefahr vorüber ist.«
»Du kannst nicht mehr klar denken, Kayna!« Brush Tobbon lachte humorlos. »Die Gefahr durch die Orbiter wird nicht vorübergehen – niemals! Wir würden keine Ruhe finden, nicht in hundert Jahren.«
»Ach? So ist das! Wir hätten also diese Ruhe, wenn wir tatenlos zuschauen, wie die Zivilisationen unserer Galaxis ausgelöscht werden?« Kayna Schatten reagierte überaus aufgebracht. »Schaffst du es, anschließend für den Rest deines Lebens ein Ebenbild deiner selbst zu spielen und Brei aus unbekannten Zutaten zu löffeln ...?«
»Hör auf!«, schrie Tobbon gequält. »Das Leben widert mich schon jetzt an!« Sein Atem ging keuchend. Er drosch die Fäuste gegeneinander, dass es dröhnte. »Du hast recht, Kayna. Lieber nehmen wir das Risiko in Kauf. Ich will keine Marionette sein. Das wäre undenkbar.«
Pearl Simudden atmete auf.
»Wir sollten uns sehr schnell einen Plan zurechtlegen, wie wir die SIRKON-BAL in unsere Gewalt bringen.«
»Welches Datum haben wir heute eigentlich, Körn?«, fragte Pearl Simudden, während er mit dem Mathematiker zur Rechnerzentrale ging.
»Datum?«, fragte Brak zurück. »Warum willst du das wissen, Pearl?«
Der ehemalige Chef des akonischen Energiekommandos lächelte verlegen. »Heute ist ein Tag, der möglicherweise in die Geschichte der galaktischen Zivilisationen eingehen wird.«
»Das wäre zu hoffen. Geschichtsschreibung bedeutet, dass die galaktischen Zivilisationen die Bedrohung irgendwie meistern.«
Sie redeten nicht mehr, bis sie die Rechnerzentrale erreichten. Als sie den halbkreisförmigen Raum betraten, atmeten beide Flibustier auf. Der Raum lag verlassen vor ihnen. In Anwesenheit von Orbitern hätten sie nichts unternehmen können, geschweige denn auch nur versuchen, den Öffnungskode für das Waffendepot der SIRKON-BAL zu ermitteln. Es gab keine andere Möglichkeit, an die benötigten Waffen heranzukommen, als sie aus dem Depot zu holen. Keiner der Orbiter an Bord trug Waffen.
Körn Brak zog eine flache Positronikeinheit unter seiner Montur hervor und schaltete sie ein. »Pass auf!«, raunte er Simudden zu. »Du musst mir jede Störung vom Hals halten.«
»Mehr nicht? Was ist nun mit dem Datum?«
»Ich denke, wir haben den 26. Juni plus oder minus ein bis zwei Tage. Und das Jahr 3587 auf Terra. Wenn das Ganze in die Geschichte eingeht, dann möchte ich meinen Namen in Versalien lesen.«
»Danke«, sagte Simudden. Es klang irgendwie sarkastisch.
Brak stand bereits an einer der Konsolen. Wechselnde Lichtfelder umflossen ihn, ein wahres Farbengewitter, das sich allerdings schnell zur mehrere Ebenen umfassenden Eingabeeinheit stabilisierte. Braks Hände glitten in die entstandene Lichttastatur. Die angespannte Konzentration war ihm anzusehen.
Seine Positronikeinheit hatte er in eines der Konsolen-Sensorfelder eingeklinkt. Die über das handliche Gerät huschenden Lichtblitze zeigten an, dass es mit der Schiffspositronik verbunden war.
Pearl Simudden hantierte mit einem einfachen Info-Speicher. Für
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