Silberband 111 - Geburt einer Dunkelwolke
müdes Auge blinzelte. Zwoaa, die Alte!
Je mehr er sich dem Zwoaa-System näherte und dem zweiten der drei Planeten zustrebte, je näher er also Zwottertracht kam, desto mehr erschien es ihm, als erwache er aus einem Traum. Die Erinnerung an das Leben als Ronald Tekener war nur eine langsam erlöschende Einbildung?
Die Dinge erhielten andere Namen. Gäa, Lakikrath, Zwotter, Zwottertracht, Zwotta, wurden durch andere ersetzt: Geevon, Thobuskan, Läander, Ailand, Ail.
Ronald Tekener ... Wer war das?
Er stürzte im freien Fall. Fiel tiefer und weiter zurück. In ihm entbrannte ein eigenartiger Zwiespalt. Animus und Anima gerieten in Widerstreit.
Anima – das Frauenbild des Mannes, zugleich die weibliche Komponente im Mann, die allen Vertretern dieses Geschlecht innewohnte.
Animus – das Männerbild der Frau, die männliche Komponente, die nicht nur im Mann vorherrschte, sondern auch in jedem Weib vorhanden war.
Der nicht enden wollende Sturz raubte ihm die Besinnung.
Und dann:
Ich, wer immer ich sein mag, bin am Ursprung angekommen.
Ich erwache.
Ich bin ...
Tezah – Tezohr
Ich war Tezah und ... Aber nicht für lange, denn ich war im Sternbild des Mannes geboren, und alles drängte in mir zum Wechsel. Ich führte ihn herbei und befand mich lange im Übergangsstadium als – ein Läander im Zwiespalt. Dann kam endlich der Wandel, und ich wurde zu Tezohr und ...
Nun fühle ich mich wie neugeboren.
Ich finde mich in den vertrauten Hallen von Thobuskan wieder, wohin ich mich stets zurückziehe, wenn ich meine Intimsphäre wahren möchte. Mein Animus ist stark und dominierend.
Als ich den Weg durch den Irrgarten ins Freie nehme, gesellt sich Khara zu mir. Schweigend gehen wir nebeneinander durch mein Lustschloss, durchqueren die Parks, die das Labyrinth auflockern, begegnen einigen Gästen. Verwundert sehen sie, dass Khara und ich das Geschlecht gewandelt haben.
Wir sind unzertrennliche Freunde. So aufeinander eingespielt, dass einer des anderen Wünsche und Absichten im Vorhinein kennt. Als ich Tezah war, war Khara Kharand. Ohne dass wir uns abgesprochen hätten, führte sie gleichzeitig mit mir den Wechsel herbei und hat nun ihrer Anima den Vorzug gegeben.
Wir erreichen die Peripherie des Schlosses und blicken von einer Plattform auf den gewaltigen Wasserfall hinaus, der bis zum Horizont reicht. Aber viel ist von ihm nicht zu sehen, denn der Dunst der stürzenden Wasser versperrt die Sicht.
»Die Natur ist doch der beste Architekt.« Khara lacht freudig.
»Wir Läander sind natürlich geblieben«, erwidere ich. »Wir haben schon lange erkannt, dass wir uns der Natur anpassen müssen, anstatt sie uns untertan zu machen.«
»Ja, früher hielten wir uns daran«, sagt Khara wehmütig. »Aber dann kamen die Petronier ...«
»Wir brauchen die Ingenieure.« Das ist meine ehrliche Meinung. »In dieser chaotischen Zeit, in der die wilden Horden die Galaxis überschwemmen, kommt niemand ohne Technik aus. Ohne die Hilfe der Petronier stünden wir den Barbaren wehrlos gegenüber.«
»Bislang haben wir ihre Technik nicht gebraucht«, erwidert Khara verbittert. »Die wilden Horden haben die Galaxis überschwemmt, aber in unsere Nähe sind sie noch nicht gekommen. Wer sagt, dass sie Arla Mandra überhaupt heimsuchen werden?«
»Das ist ein Wunschtraum der unverbesserlichen Optimisten, Khara.« Ich vertrete nach wie vor die Meinung, dass uns der Pakt mit den Petroniern mehr nützt als schadet. Wir müssen gegen die Gefahren vorbereitet sein. »Diese vorbeugenden Maßnahmen waren nötig. Wenn die wilden Horden erst in unser Reich einfallen, ist es für Gegenmaßnahmen zu spät.«
Wir stimmen in vielen Punkten überein, nur über die Petronier sind wir gegenteiliger Meinung. Khara ist überaus traditionsverbunden. Der Lehrsatz »Der Geist ist die Macht« ist für sie oberstes Gebot.
Am dunstigen Himmel ist das Halbrund von Thotond als Schemen zu sehen. Die Sonne Thoto wandert hoch über dem Rand ihres zweiten Planeten dahin und lässt ihn flimmern. Nachts wäre Thotond am Himmel ein einmaliger Anblick, aber es gibt nicht viele solcher Nächte. Ich bin sehr darauf bedacht, keine von ihnen zu versäumen, und komme vor allem wegen dieser unvergleichlichen Aussicht nach Tho-Thoum. Darum habe ich hier mein Lustschloss erbaut. Meiner Ansicht nach ist das einer der schönsten Flecken der Galaxis.
Tho-Thoum ist nur ein Trabant des zweiten Planeten Thotond, dennoch gibt es nur selten Sonnenfinsternisse. Das Klima
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