Silberband 115 - Kämpfer für Garbesch
über den Horizont heraufgestiegen war, also verließ er das Dickicht, um sich nach Wasser umzusehen.
Aus Gewohnheit schloss er, dass dort, wo der Himmel am hellsten schimmerte, Osten sein müsse. Folglich bewegte er sich nach Norden. Der Wald war bald zu Ende. Vor Coonor öffnete sich ein weites ebenes Gelände, auf dem kantige Gebäude dominierten. Außerdem sah er Dutzende Keilraumschiffe und zog sich schon deshalb wieder zwischen die Bäume zurück. Halb verborgen hinter mannshoch wuchernden Famen entdeckte er schließlich einen kleinen Weiher.
Das Wasser war sauber, und es schmeckte frisch. Nachdem Coonor seinen Durst gestillt hatte, schöpfte er mit beiden Händen und wusch sich das Gesicht.
In dem Moment erklang hinter ihm eine fremde Stimme.
»Beweg dich nicht, mein Freund! Du bist genau das, wovon ich stets geträumt habe.«
Harden Coonor erstarrte. Die kleinen Wellen, die er auf dem Wasser erzeugt hatte, verliefen sich. Wie in einem Spiegel sah er sein schreckverzerrtes Gesicht und neben ihm eine zierliche junge Frau. Sie hielt offenbar eine Waffe auf ihn gerichtet. Coonor wagte es nicht, sich zu bewegen.
»Steh auf und sieh mich an!«, befahl die Frau.
Er gehorchte und blickte in ein knabenhaft hübsches Gesicht mit großen, eindrucksvollen Augen und einem volüippigen Mund. Die Frau war überaus gut gebaut. Coonor hatte jedoch nie Gefühle körperlicher Zuneigung empfunden. Was er in jenen Tagen, da er noch als Igsorian von Veylt das Universum durchstreift hatte, Liebe nannte, war eine höchst platonische Art der Fürsorge für alle Schwachen gewesen, die unter der Drohung des Bösen zu leiden hatten.
»Was willst du von mir?«, fragte er unsicher.
Die Frau blickte ihn forschend an. »Ich will die Erfüllung meines Traumes, weiter nichts«, antwortete sie mit dunkler Stimme. »Dreh dich um und geh vor mir her!«
Angesichts der Waffe riskierte Coonor nicht, sich zu widersetzen. Die Frau dirigierte ihn auf einen Pfad, der zum Südrand des Parks führte. Dort stand ein kleineres Haus. Sie umging es zunächst in weitem Bogen, näherte sich ihm dann aber von der Rückseite.
»Wenn dir dein Leben lieb ist, verhalte dich ruhig!«
Sie öffnete eine Tür und schob Coonor in einen finsteren Gang. Er hörte gedämpfte Stimmen. Schließlich stieß die Frau ihn in einen großen Raum und schloss den Zugang hinter ihr.
»Hier wirst du es eine Zeit lang aushalten müssen«, sagte sie. »Wer bist du eigentlich? Wie heißt du?«
»Mein Name ist Armadan von Harpoon«, antwortete Harden Coonor, ohne zu zögern.
Ein verblüffter Ausdruck war die erste Reaktion. Dann zuckte es um ihre Mundwinkel. Sie wäre ohne Zweifel in helles Gelächter ausgebrochen, hätte sie sich nicht im letzten Moment besonnen, dass sie kein Aufsehen wollte.
»Das ist ein schlechter Witz«, stellte sie fest. »Aber von mir aus ... Ich bin Engnal. Setz dich auf den Boden, Armadan - mit dem Rücken an den Tisch!«
Der Tisch bestand aus einer schweren Steinplatte, die von drei verzierten Metallbeinen getragen wurde. Coonor lehnte sich mit dem Rücken gegen eine der Säulen und beobachtete, dass Engnal hastig unter die Steinplatte griff. Er reagierte dennoch zu spät, als etwas wie eine dünne Leine nach vorne zuckte, sich blitzschnell mehrmals um seinen Leib schlang und ihn eng an das Metallbein fesselte.
Die Frau richtete sich wieder auf, trat einen Schritt weit zurück und taxierte ihn abschätzend. Sie ließ ihre Waffe fallen, und Coonor erkannte erst jetzt, dass sie ihn mit einem kleinen Aststück genarrt hatte.
»Du nennst dich also Armadan von Harpoon - doch in Wahrheit gehörst du zu den Horden von Garbesch«, stellte sie leise fest. »Ich weiß nicht, wie du Martappon erreicht hast, aber das kümmert mich nicht. Bei mir kannst du es gut haben, solange du dich nicht gegen mich auflehnst. Ich gehe jetzt zur Arbeit und lasse dich hier zurück. Wenn du klug bist, verhältst du dich ruhig. In diesem Haus sind immer mindestens drei Männer anwesend. Leider haben sie keine so bizarren Träume wie ich. Wenn sie dich finden, bist du tot!«
Sie ging. Harden Coonor wusste immer noch nicht so recht, wie ihm geschah. Er verstand nur, dass sein erster Auftritt als Armadan von Harpoon ein glatter Reinfall gewesen war.
Der Vario ließ den Rest der Nacht verstreichen, ohne einen weiteren Vorstoß zu unternehmen. Er behielt seine Umgebung in der Überwachung und suchte nach Anzeichen ungewöhnlicher Aktivität, eben nach einem Hinweis darauf,
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