Silberband 116 - Der Auserwählte
ich würde Laire auf die andere Seite begleiten. Daran hatte der Roboter keinen Zweifel gelassen.
Doch derjenige, der zweifelte, war ich. Einem Mann wie Rhodan traute ich durchaus zu, dass es ihm gelingen könnte, Laire und die hinter ihm stehenden Kosmokraten zu verunsichern.
Na und?, fragte ich mich.
Was war in mich gefahren, dass ich plötzlich wie versessen darauf war, zu den Kosmokraten zu gelangen? Einen Tag zuvor hatte ich mich noch hinter Perry gestellt und gefordert, dass er Laire begleiten solle.
Während ich noch darüber nachdachte, meldete sich der Terraner über Interkom. »Kennst du eigentlich die Geschichte vom Hasen und dem Igel?«, wollte er wissen.
»Nein«, sagte ich verwirrt. Ich verstand nicht, worauf er hinauswollte.
»Ein uraltes terranisches Märchen«, erklärte er mir. »Es ist die Geschichte eines Wettrennens.«
Ich schaute abwartend auf den kleinen Monitor. Seine Vorliebe, Gegner psychologisch auszumanövrieren, kannte ich zur Genüge. Keine Frage, dass er einen solchen Versuch unternehmen würde.
»Es würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen, dir dieses Märchen jetzt zu erzählen, Alter.« Er lächelte siegessicher. »Ich bin jedoch überzeugt, dass es in der Bibliothek der BASIS gespeichert wurde. Du kannst den Text also nachlesen.«
»Ich wüsste nicht, warum ich das tun sollte.«
»Weil ich mich in der Rolle des Igels sehe«, sagte er. »Und weil ich sicher bin, dass du gern herausfinden möchtest, wie die Sache ausgegangen ist.«
Er wartete keine Antwort ab, sondern unterbrach die Verbindung. Ich
stieß eine Verwünschung aus, denn ich spürte bereits, dass er mich infiziert hatte. Der Gedanke an dieses Märchen ließ mich nicht mehr los, obwohl ich fast sicher war, dass der Igel, in dessen Rolle Rhodan sich sah, Sieger geblieben war - im Märchen.
Es fiel mir schwer, mich auf die strategischen Programme zu konzentrieren, denn ich musste immer wieder an diese Geschichte denken. Schließlich rief ich über Interkom in der Bibliothek an und bekam Dari Nevo, den Bibliothekar, auf den Schirm. Sein Pferdegesicht mit den großen Zähnen verzog sich zu einem wissenden Lächeln.
»Perry Rhodan sagte mir bereits, dass Sie sich melden würden, Atlan«, sagte er mit einem bedeutsamen Unterton in der Stimme.
»Der Teufel soll ihn holen!«, rief ich aus. »Und Sie dazu.«
»Ich habe die Geschichte schon herausgesucht«, erwiderte er völlig unbeeindruckt. »Soll ich sie Ihnen übermitteln?«
»Dafür ist jetzt keine Zeit«, lehnte ich ab. »Sagen Sie mir nur eins: Wer hat dieses verdammte Rennen gewonnen?«
»Der Igel«, sagte er grinsend.
Zumindest was diesen Teil des Trainingsprogramms anging, schien Perry sich getäuscht zu haben, denn als ich die Zentrale wieder betrat, war er noch nicht eingetroffen. Ich übergab Laire die von mir ausgearbeiteten Programme.
»Ich möchte darauf hin weisen, dass es nur darauf ankommt, das Programm zu absolvieren«, sagte der Roboter. »Versuche, den anderen Teilnehmer zeitlich überflügeln zu wollen, sind sinnlos und führen lediglich zu einer Erhöhung der Stresssituation.«
»Gut.« Ich nickte, ohne meine Zufriedenheit verbergen zu können. Alle Beteuerungen Laires konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass der schnellere Mann psychologische Vorteile bei der Beurteilung haben würde. Laire bestritt zwar, dass am Ende des Trainings eine Beurteilung stehen würde, aber das nahm ich ihm nicht ganz ab. Jedes Training zielte auf ein bestimmtes Ergebnis ab, und ich sah keinen Grund, warum das hier anders sein sollte.
Ich wandte mich an Reginald Bull, der sich in der Zentrale aufhielt. »Vielleicht versuchst du einmal, unseren gemeinsamen Freund dazu zu bewegen, dass er sich mit den Tatsachen abfindet«, schlug ich vor. »Wenn Perry akzeptiert, dass ich der richtige Mann bin, ersparen wir uns Probleme und vor allem Zeit.«
In Bullys Gesicht arbeitete es. »Ich werde mich nicht zwischen die Stühle setzen«, sagte er. Er musste es ja wissen.
»Wie geht es nun weiter?«, erkundigte ich mich bei Laire.
»Das nächste Programm findet im Weltraum statt. Dabei werden bestimmte Vorgänge simuliert, in denen du dich bewähren sollst. Natürlich besteht keine Gefahr für dein Leben.«
Ich blickte mich nach einem freien Sessel um. »Warten wir also auf Perry, damit wir das Spiel fortsetzen können«, bemerkte ich beiläufig.
»Ich weise noch einmal darauf hin, dass das alles kein Spiel ist«, versetzte Laire aufgebracht. »Außerdem brauchst du
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