Silberband 116 - Der Auserwählte
wieder Muße finden werden, miteinander vernünftig zu diskutieren.«
»Ja. Lass uns ... reden.«
Woher nahm er nur die Ruhe und die Kraft? Hatte er einen Trick gefunden, um die Entwicklung unter Kontrolle zu bekommen?
»Ist etwas?«, fragte er besorgt. »Deine Stimme klang eben seltsam gepresst.«
Ich lachte mühsam. »Offenbar sind die Lautsprecherfelder in deiner Kapsel schlecht justiert.«
»Schon möglich. Wir wollen jetzt nicht darüber diskutieren. Es geht um eine ernsthafte Unterhaltung.«
Mein Blick war so verschleiert, dass ich die Kontrollen nicht mehr richtig ablesen konnte. Die Lippen, der ganze Mund schienen aufgedunsen zu sein. Ich fürchtete, jedes weitere Wort würde mich verraten. Vermutlich lag die Temperatur mittlerweile über fünfzig Grad. »Warum sagst du nichts?«, fragte Atlan heiser.
Ich nahm alle Kraft zusammen, aber ich brachte nicht mehr hervor, als ein kaum verständliches Lallen. Es klang wie »Du ... verdammter... Halunke!« Oder so ähnlich.
Dann verlor ich das Bewusstsein.
Als ich wieder zu mir kam, befand ich mich nicht mehr in der Einmannkapsel, sondern in einer Krankenstation der BASIS. Neben dem Bett, in dem ich lag, standen außer einem Medoroboter Atlan, Bully, Roi und Laire.
»Ich werde nicht zulassen, dass es noch einmal zu einer derartigen Panne kommt«, sagte Reginald gerade in drohendem Tonfall. Seine Worte waren eindeutig an Laire gerichtet.
Ich blinzelte.
»Er ist wieder bei Sinnen«, stellte Atlan fest. Er klang sogar erleichtert. Warum, fragte ich mich verständnislos, befand er sich nicht ebenfalls auf einem Krankenlager? Er konnte unmöglich alles ohne Auswirkungen überstanden haben.
»Rhodan hat sich das selbst zuzuschreiben«, sagte Laire. »Das Trainingsprogramm ist ungefährlich. Was geschehen ist, war eine Folge seiner Eifersucht auf den Arkoniden.«
Ich richtete mich mühsam auf. Roi stützte mich. Ich sah die Besucher der Reihe nach an.
»Kann mir jemand erklären, was vorgefallen ist?«
»Die Klimaanlage deiner Kapsel hat den Geist aufgegeben.« Bully seufzte.
Ich sah ihn stimrunzelnd an. »Es betraf ausschließlich meine Kapsel?«
»Ja.« Seine Augen verengten sich. »Ich glaube, ich verstehe allmählich. Du dachtest, Atlan wäre ebenso davon betroffen?«
Ich nickte.
»War er das etwa nicht?«
Der Arkonide schüttelte den Kopf.
»Warum habt ihr mich dann nicht schneller herausgeholt?«, wollte ich wissen. »Alle Instrumente, die mit meinem Körper verbunden waren, konnten von der BASIS aus kontrolliert werden.«
»Das lag an deiner ... Haltung«, gestand Bull widerstrebend. »Laire wollte dich sofort zurückholen lassen, nachdem die ersten irregulären Werte Vorlagen. Aber du hast dich völlig normal verhalten und geredet wie jemand, der keine Probleme hat.«
Ich schloss die Augen.
»Wir nahmen an, dass die Fehlfunktion nur bei den Kontrollinstrumenten bestand«, fuhr Bully fort. »Deshalb hinderte ich Laire sogar daran, dich sofort zurückzuholen. Ich wollte, dass deine Chance, Atlan bei diesem Training zu schlagen, erhalten bleibt.«
Ich verstand, dass ich mich beinahe selbst umgebracht hätte.
»Als wir merkten, was gespielt wurde, war es fast zu spät«, gestand Bull niedergeschlagen. »Umso mehr dränge ich nun darauf, dass dieser Wahnsinn aufhört. Den dritten Teil des Trainingsprogramms, das in der Weltraumfabrik der Kosmokraten stattfinden soll, wird Atlan allein absolvieren.«
Ohne mich um die Proteste der anderen zu kümmern, schwang ich mich aus dem Bett.
»Ich habe viel zu lange geschwitzt, um jetzt noch aufzugeben«, stellte ich unumwunden fest.
38.
Atlan
Dr. Jordan sah mich unbehaglich an. Natürlich wusste er vom Ablauf der jüngsten Ereignisse.
»Haben Sie jemanden von meinen Absichten unterrichtet?«, erkundigte ich mich.
»Natürlich nicht«, antwortete er gequält. »Ich habe mich an Ihre Anordnungen gehalten, Atlan. Das gehört schließlich zu meiner ärztlichen Schweigepflicht.«
Ich konnte nicht sicher sein, ob mein Besuch bei einem der Ärzte der BASIS unbeobachtet bleiben würde. Aber wer immer mich auf dem Weg in die Krankenstation gesehen hatte, sollte sich meinetwegen über den Anlass den Kopf zerbrechen.
Dr. Hanz Jordan war ein untersetzter Mann Mitte vierzig. Ich hatte ihn ausgewählt, weil er von allen Medizinern am zurückgezogensten lebte.
»Haben Sie mein Diagramm?«, fragte ich ihn.
Er ging zurück zum Tisch und zeigte es mir.
»Gut«, sagte ich. »Sobald Sie mich untersucht haben,
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