Silberband 117 - Duell der Erbfeinde
Geräteblöcken, die in der Nähe des Podests gestanden hatten, waren nur noch verschmorte und zerschmolzene Reste übrig, das Podest selbst sah aus, als hätte jemand eimerweise Säure darübergegossen, und über dem ganzen Raum lagerte eine Rußschicht.
Thezein verspürte einen Anflug von Reue, als er sich überlegte, dass das Transportsystem immerhin ein Teil der neuen Sternenstadt war. Dann dachte er trotzig, dass die anderen sich gegen das Gesetz vergangen und ihn damit zu seiner Tat gezwungen hatten. Die Reue verflog, und Thezein kehrte der Tür gelassen den Rücken. Vor dem freien Bewusstsein des Wächters, der in dem Feuer seine stoffliche Hülle eingebüßt haben musste, fühlte er sich sicher. Kein freies Bewusstsein, das auch nur einen Funken von Selbstachtung besaß, näherte sich freiwillig einem Spaltling. Mit Verfolgern brauchte er ebenfalls nicht mehr zu rechnen, und er fühlte sich zum ersten Mal seit seinem Erwachen einigermaßen wohl.
Mutig marschierte er in die Halle hinein in der Hoffnung, auf der anderen Seite entweder auf Bürger zu treffen, die sich noch wie solche benahmen, oder doch wenigstens einen Platz zu finden, an dem er sich für einige Zeit verborgen halten konnte.
Als er darüber nachdachte, ob es irgendwo in diesem riesigen Gebilde Reste von Vorräten geben mochte, drang ein sanftes Summen aus der Höhe herab. Erschrocken blieb er stehen und spähte hinauf. Er sah ein orangefarbenes, unruhig flackerndes Licht. Ohne lange nachzudenken, nahm er die Beine in die Hand und rannte davon. Als das Summen hinter ihm eine Oktave höher klang und in ein hohles Rauschen überging, warf er sich zu Boden. Erst als es wieder still war, hob er vorsichtig den Kopf und sah in die Richtung, aus der er gekommen war.
Er hatte das Gefühl, jenen grauenhaften Augenblick, in dem Sinjadyl und Zagarym ihn dem Vakuum aussetzten, um ihn zur Kristallbildung zu bringen, noch einmal mitzuerleben. Der Schrecken, den er damals empfunden hatte, konnte nicht schlimmer sein als das, was ihn jetzt auf die Stelle bannte.
Genau unter der orangefarbenen Lichtquelle stand ein blau schimmerndes Gebilde, das aussah wie ein flach gedrücktes Ei. Es hatte an der dem Spaltling zugewandten Seite eine Öffnung, von der aus eine Rampe auf den Boden hinunterreichte. Und auf dieser Rampe erschienen gerade in dem Augenblick, in dem Thezein hinsah, fünf große blaue Wesen. Die Fremden hatten je zwei Beine und zwei Arme, einen Rumpf und einen Kopf, und sie gingen aufrecht. Vier von ihnen bewegten sich ziemlich steif, der fünfte dagegen sprang in sichtlicher Aufregung von der Rampe herunter, rief den anderen etwas zu und rannte dann auf Thezein zu.
Thezein überlegte, ob er noch eine Chance hatte, dem Blauen zu entkommen, aber der Schrecken setzte ihm so zu, dass er kaum klar denken konnte. Ehe er sich für die Flucht entscheiden konnte, war der Zweibeiner bei ihm angelangt. Für einen Moment schaute er in ein fremdes Gesicht, das übrigens nicht blau war, und sehr große, starre Augen blickten auf ihn, obwohl er sich ganz klein zu machen versuchte. Dann bückte der Blaue sich, hob ihn mühelos hoch und rannte mit ihm zu dem blau schimmernden Raumschiff zurück.
Erst als summend und rauschend nacheinander weitere fremdartige Fahrzeuge in die Halle eindrangen und das erste von ihnen an der Stelle landete, an der Thezein eben noch gelegen hatte, begriff er, dass der Zweibeiner ihm das Leben gerettet hatte.
Schuldbewusst blickte er zu dem großen Wesen auf und bereute jeden einzelnen bösen Verdacht, den sein strapazierter Verstand produziert hatte. Der Blaue schien ihm zum Glück nicht böse zu sein, er gab ihm sogar mit der Hand ein Zeichen. Zögernd folgte Thezein dem Fremden in das Raumschiff. Es dauerte nicht lange, bis er verstand, was der Fremde von ihm erwartete: Er sollte reden. Er tat seinem Lebensretter den Gefallen und hielt einen kurzen Vortrag über Art'Yschall und die Reise zum Endpunkt. Als der Fremde ihn mit einer grob wirkenden Handbewegung unterbrach, war Thezein leicht schockiert, denn so etwas gehörte sich nicht.
Aber der Fremde schien sich seines Fehlers nicht bewusst zu sein. Auch Thezein vergaß den Vorfall sofort, denn die Frage, die der Zweibeiner ihm stellte, versetzte ihm einen noch größeren Schock.
»Wer bist du, und was machst du im Sporenschiff des Mächtigen Ganerc?«, fragte der Blaue. Thezein hörte die Worte in seiner Sprache, laut und deutlich, aber er war nicht fähig, sofort zu
Weitere Kostenlose Bücher