Silberband 120 – Die Cyber-Brutzellen
fragte sich im selben Moment, was er eigentlich hier wollte. Er wusste es nicht. Vieles verwirrte ihn inzwischen, und er spürte, dass dieser Zustand schlimmer wurde, je mehr Zeit verging.
Das Innenschott glitt vor ihm zur Seite. Mallagan betrat die Schleuse und schloss den Helm seines Raumanzugs. Dann schwang das Außenschott auf. Vor dem Betschiden lag das Meer der Sterne, ein verlockender Anblick. Von seinen Buhrlo-Narben schien ein eigenartiges Ziehen auszugehen.
Er hatte in den Testkammern des Nestes der Achten Flotte oft genug geübt. Sobald die Sauerstoffzufuhr immer dünner wurde, verloren sich seine Gedanken in Trägheit. So zu sterben war kein schmerzhafter Tod, nicht zu vergleichen mit dem grausamen Ende in den schleimigen Ausscheidungen eines Honigblatts auf Chircool.
Mallagan federte in den Knien. Die eigene Muskelkraft sollte ihn in den Weltraum hinaustragen, denn das Gravitron durfte er nicht einschalten. Falls Scoutie sich seinetwegen Sorgen machte, würde sie ihn anhand des Ortungsechos, das der Schwerkraftgenerator erzeugte, schnell aufspüren.
Scoutie, hatte er den Eindruck, ging es bislang einigermaßen gut. Sie schien unter dem Verlust ihres Spoodies kaum zu leiden. Mallagan gönnte es ihr, doch er selbst ... Er federte erneut in den Knien, diesmal, um endgültig Schwung zu nehmen und sich abzustoßen. In der Sekunde war da ein Schatten, der ihn irritierte. Am Rand seines Blickfelds huschte etwas entlang, und die Leuchtplatte in der Decke der Schleusenkammer erlosch nahezu zeitgleich.
»Wer ist da?«, fragte Surfo Mallagan unwillkürlich.
Sekunden später arbeitete die Beleuchtung wieder. Die Kammer war leer, aber das Außenschott hatte sich geschlossen. Wie ein Ruck ging die Erkenntnis durch Mallagans Bewusstsein, dass er im Begriff gewesen war, sich in der Endlosigkeit zu verlieren. Die tiefe Verwirrung, die ihn eben beherrscht hatte, erschreckte ihn.
War sein Leben wirklich so wenig wert, dass er das Recht gehabt hätte, es achtlos wegzuwerfen? Ein Blick auf das Messinstrument im Handschuh zeigte ihm, dass der Druckausgleich erfolgt war. Zögernd öffnete er das innere Schott und Augenblicke später den Helm seines Raumanzugs.
Auf dem Weg zurück zur Kabine dachte Surfo darüber nach, ob er Scoutie und Brether von seiner Verwirrung erzählen sollte. Einerseits hätte er damit gezeigt, dass auf ihn kein Verlass mehr war, andererseits konnte sein Zustand den Gefährten eine Warnung sein. Sie würden verstehen, dass der selbstzerstörerische Drang auch sie zu Handlungen zwingen konnte, die sie eigentlich nicht wollten. Er musste Scoutie und Brether darauf hinweisen, denn damit gab er ihnen die Möglichkeit, sich vorzubereiten.
Aber wer war mit ihm in der Schleuse gewesen? Wessen Schatten hatte er am Rand seines Blickfelds entlanggleiten sehen? Wer hatte die Beleuchtung ausgeschaltet, das Außenschott geschlossen, den Druckausgleich eingeleitet? Surfo Mallagan wusste es nicht. Der Gang zur Kabine lag verlassen vor ihm.
Vielleicht bildete er sich das nur ein, und er hatte seinen Zustand doch aus eigener Kraft überwunden?
Vor Dabonudzer lag ein Fehlerprotokoll. Es bewies, dass der letzte Nutzer des Bordrechners mit mangelndem Sachverstand vorgegangen war. Der Krane rief die Positionsdaten des Felloy-Systems ab, ebenso die Kontrollparameter der Kursänderung. Allmählich erkannte er, was geschehen sein mochte, und immer drängender wurde für ihn die Frage, wer sich hier zu schaffen gemacht hatte. Außer den Rekruten kam niemand dafür in Betracht. Aber wozu hätten ausgerechnet sie die Daten manipulieren sollen?
Gesetzt den Fall, der Unbekannte brauchte die VACCOM für seine Zwecke und sein Ziel stimmte nicht mit den Koordinaten im Speicher des Autopiloten überein. Dann hatte er sich möglicherweise im heckwärtigen Triebwerksbereich verborgen und über den dortigen Zweigrechner Zielkoordinaten und Kursparameter manipuliert. Das war ihm trotz mangelhafter Kenntnisse gelungen. Erst als er versucht hatte, das Boot in Betrieb zu nehmen, war er gescheitert, weil das Feldtriebwerk mangels Stützmasse nicht funktionierte.
Es musste den Unbekannten einige Mühe gekostet haben, herauszufinden, dass das Problem keineswegs mit dem Vorrat an Stützmasse zu tun hatte, sondern von einem während des Gefechts beschädigten Mikrorechner verursacht wurde, der keine Daten mehr weiterleitete. Statt die Fehlanzeige einfach zu überbrücken, hatte er den Rechner repariert. Weil er darauf hoffte, dass
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