Silberband 120 – Die Cyber-Brutzellen
sagte etwas anderes.
Nachdenklich musterte Mallagan den gigantischen runden Berg, der aus seiner Perspektive schon den halben Himmel über ihm einnahm. Ein erdrückender Koloss.
Der Wind blies von Norden über die Ebene. Der Sand hatte sich in langen Dünen an der Südseite abgelagert, sie überschnitten einander zum Teil und waren näher am Schiffsrumpf noch sehr viel höher. Der letzte, steile Hang lag vor den Betschiden. Mallagan hatte das unangenehme Gefühl, im nächsten Moment unter dieser gewaltigen Kugel begraben zu werden, zugleich erschien es ihm, als müsse er nur die Arme ausstrecken, um zu jener düsteren Öffnung aufsteigen zu können, die er über sich sah.
Bebend wandte er den Blick ab und konzentrierte sich auf Scoutie, die neben ihm im Sand kniete.
»Wir müssen es schaffen«, sagte sie leise. »Ich fürchte, dass es uns sehr leicht umbringen kann, trotzdem müssen wir herausfinden, was dieses Wrack in sich birgt.«
Mallagan nickte nur. Wieder schaute er suchend nach oben – und diesmal riss er die Augen weit auf. »Gefahr!«, stieß er hervor. »In Deckung!«
Brether Faddon und Scoutie fragten nicht, sie hasteten einfach über die Flanke der Düne, einem Bereich entgegen, in dem Finsternis herrschte und sie wohl nur ein besonders tiefer Einschnitt zwischen zwei Dünen erwartete.
Mallagan folgte beiden. Die Bewegung, die er in der Öffnung hoch über ihm gesehen hatte, verfolgte ihn.
Sie erreichten den dunklen Bereich, eine eigenartige Höhlung. Sand rieselte über eine seltsam scharf aussehende Kante. Faddon fuhr mit der Hand darüber hinweg und ließ damit viel Sand abrutschen.
»Was, beim Geist der SOL, ist eigentlich los?«, wollte Scoutie wissen.
Surfo Mallagan, der soeben zu den beiden aufschloss, drehte sich um und schaute suchend in die Höhe. Faddon und Scoutie brauchten keine Erklärung mehr – sie sahen es selbst.
Es ließ sich schwer abschätzen, wie weit die Öffnung entfernt war. Unmittelbar über ihr wölbte sich die Wand extrem stark nach außen und bildete, wie die Betschiden von Weitem schon erkannt hatten, einen die ganze Kugel umschließenden Wulst. Jedenfalls nahmen sie an, dass sich der weite Vorsprung rundum zog.
Die Öffnung lag sehr hoch über ihnen. Winzige schwarze Punkte kamen daraus hervor, fielen wie Steine, und es dauerte scheinbar eine Ewigkeit, bis sie dem Sand so nahe waren, dass sie ihren Sturz abbremsten. Sie entfalteten große schwarze Schwingen und segelten elegant dahin.
»Sie haben es nicht auf uns abgesehen«, sagte Scoutie erleichtert. »Wahrscheinlich schlafen und brüten die Tiere dort oben. Jetzt fliegen sie nach Süden, um zu jagen.«
Sie hatte kaum ausgesprochen, da ließ einer der Vögel sich über die linke Schwinge abkippen und raste auf das Versteck zu. Ein paar andere folgten ihm. Scoutie hatte ihren Bogen nicht sinken lassen. Schon mit dem ersten Pfeil traf sie den Vogel. Wild flatternd stürzte das Tier in den Sand, seine Bewegungen erlahmten schnell. Die beiden Männer schossen nun ebenfalls – doch offenbar stellte der Tod ihres Artgenossen für die Übrigen im Schwarm ein besonderes Signal dar.
Es musste Hunderte dieser Vögel im Wrack geben, und sie hatten nichts Eiligeres zu tun, als sich auf den unheimlichen Gegner zu konzentrieren, der in der Dunkelheit lauerte.
»Das geht schief!«, schimpfte Faddon. »Wir haben nicht genug Pfeile.«
Mallagan nahm einen schwarzen Schatten wahr und warf sich zur Seite. Der Vogel, der sich von hinten genähert hatte, vollführte eine blitzschnelle Wendung. Messerscharfe Krallen blitzten, harte Schwingen peitschten durch die Luft und wirbelten Sand auf, ein kräftiger Schnabel hackte nach dem Betschiden. Mit der Axt tötete Mallagan das Tier, aber schon waren weitere über ihm.
»Unter die Kante!«, rief er seinen Gefährten zu.
Sie zogen sich tiefer in die Höhlung zurück. Mallagan wartete einige Sekunden, dann sprang er vor und schlug die Axt gegen die Kante. In das dumpfe Dröhnen des Hiebes mischte sich sofort ein unheilvolles Rauschen. Ein soeben angreifender Vogel wich von selbst zurück und versuchte mit heftigen Flügelschlägen, schnell Höhe zu gewinnen. Mallagan ließ sich fallen und tauchte durch die Schwaden des herabprasselnden Sandes in den Hohlraum hinein.
Es wurde finster um ihn herum. Die Luft war von Staub gesättigt, die Betschiden husteten sich schier die Lunge aus dem Leib.
»Das war ein übler Streich, den du uns da gespielt hast.« Faddon keuchte halb
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