Silberband 120 – Die Cyber-Brutzellen
Kranen!« Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, die unaufhörlich aus ihren Augenwinkeln quollen.
Sogar Mallagan wischte sich mehrmals übers Gesicht. »Dieses Schiff muss schon sehr lange dort liegen«, sagte er. »Ob es tatsächlich die SOL ist?«
25.
Das halb vom Sand verschüttete Raumschiff erhob sich wie ein gigantischer runder Berg vor ihnen. Wo sich an der Hülle nicht der vom Wind angewehte Sand auftürmte, schimmerte die stählerne Kugel in hellem Rot. Für die Betschiden, die erst vor kurzer Zeit das erste Raumschiff in ihrem Leben gesehen hatten, die schneeweiße ARSALOM, war der hellrote Gigant allein schon ein denkwürdiger Anblick.
Beinahe ehrfürchtig verharrten sie zwischen den letzten Felsen. Vor ihnen lag eine weite sandbedeckte Ebene, deren erstickende Eintönigkeit nur durch das hellrote Wrack und die gewaltigen Sandverwehungen gemildert wurde. In weiter Ferne, vom Nebel nahezu verborgen, erstreckte sich ein Dünenmeer.
Der leere Raum zwischen den Sternen war nicht bedrückender und lebloser als diese Szenerie. Dennoch ging von dem Wrack etwas aus, was die Betschiden minutenlang regungslos dastehen ließ. Sie starrten auf das Schiff und nahmen kaum wahr, was sich jenseits davon befand.
Endlich warf Brether Faddon die Arme hoch. Schreiend lief er durch den aufstäubenden Sand weiter auf das Schiff zu. Auch Surfo Mallagan und Scoutie vergaßen jede Vorsicht und rannten hinter Faddon her.
Die Anspannung der letzten Tage, mühsam zurückgedrängt, fand endlich ein Ventil. Alle drei schüttelten Vernunft und Selbstbeherrschung ab und schrien wie besessen, als wollten sie alles beutegierige Raubzeug mit Gewalt auf sich aufmerksam machen.
Vor ihnen lag die SOL. An nichts anderes konnten sie mehr denken – bis sie eine unsichtbare Grenze überschritten.
Mallagan sah Faddon stolpern und fallen. Er dachte sich nichts dabei, sah nur eine Gelegenheit, den anderen zu überholen, und setzte zum Spurt an. Brether Faddon kam wieder auf die Füße, tat taumelnd zwei oder drei Schritte, brach erneut in die Knie und wälzte sich schreiend im Sand.
Mallagan kam nicht auf die Idee, dass sein Freund ein Problem haben könnte. Er erreichte das Schiff als Erster und ließ sich ebenfalls im vollen Lauf fallen, rollte durch den Sand und schlug dabei mit den Armen um sich.
Für Sekunden brach die Sonne durch den Hochnebel. Surfo Mallagan sah die Staubwolken um sich herum aufleuchten. Die Sandpartikel verwandelten sich in Myriaden von goldenen Sternen. Mallagan lachte und wirbelte sie immer heftiger durcheinander.
Irgendwann, als er versuchte, die tanzenden Funken mit den Händen einzufangen, hörte er Scouties Stimme. »Hilf uns, Surfo! Hol uns hier heraus!« Es dauerte Sekunden, bis er den Sinn der Worte verstand.
Erschrocken richtete er sich auf. Die Staubkörner tanzten noch in der Luft, aber er beachtete sie nicht mehr. Schlagartig wurde ihm bewusst, wo sie sich befanden und wie absonderlich sie sich benommen hatten.
Eine Falle!, dachte er. Etwas sitzt im Sand und lockt Opfer an.
Die Instinkte des Jägers erwachten in ihm. Zugleich stellte er fest, dass er alles von sich geschleudert hatte, bevor er sich in den Sand warf. Den Bogen und den Köcher mit den letzten Pfeilen mochte er schon während des Laufes über die Ebene verloren haben, nur der Speer und die Steinaxt waren noch da. Er hob sie hastig auf. Dabei registrierte er, dass der Boden gar nicht so weich war, wie er vorher geglaubt hatte. Der Sand war an der Oberfläche zu einer dünnen Kruste verdichtet.
Er sah sich nach Faddon und Scoutie aus um. Sie lagen nur wenige Meter voneinander entfernt. Um sie herum war der Boden zerwühlt, aber der Staub hatte sich bereits gelegt. Von einem Ungeheuer, das die beiden mit seinen Klauen umfangen hielt, war nichts zu sehen, trotzdem befanden sie sich im Griff von etwas Unheimlichem.
Faddon wand sich, als wäre er vergiftet. Scoutie zerrte mit einer Hand an ihrem rechten Fuß und mit der anderen versuchte sie, etwas von ihrem Rücken zu entfernen.
Es hat sie von unten gepackt. Mallagan schaute prompt an sich hinab, doch im Sand unter seinen Füßen rührte sich nichts.
Es wurde totenstill, als die Freunde aufhörten zu schreien. Mallagan ging auf sie zu. Dabei achtete er vor allem auf den Boden vor seinen Füßen, jederzeit darauf gefasst, dass die dünne Kruste aufbrach und etwas Monströses ausspie.
Scoutie blickte ihm entgegen, schien aber nicht imstande zu sein, auf seine Annäherung zu
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