Silberband 120 – Die Cyber-Brutzellen

reiben. Obwohl er sah, dass sie sich berührten, hatte er das Gefühl, Handschuhe zu tragen, die den unmittelbaren Reiz dämpften.
    Es geht jetzt nicht um meine Hände, sondern darum, ob wir unser Ziel erreichen oder nicht, dachte er träge. Er konzentrierte sich auf seine Umgebung und erkannte, dass er nicht mehr neben der Pflanze lag, sondern tiefer im Schiffsinnern, als sie bislang vorgedrungen waren.
    »Wir haben die Zentrale fast erreicht«, sagte Scoutie.
    Mallagan richtete sich auf. Die Anstrengung ließ alles vor seinen Augen verschwimmen, aber dann stand er wieder auf den Beinen. »Ich bin in Ordnung«, sagte er.
    Sie gingen weiter. Vor ihnen lag ein deutlich gekrümmter Korridor, und auf der anderen Seite gab es keine weiteren Gänge mehr.
    Nach längerem Suchen entdeckten sie ein Schott, das sich öffnen ließ. Surfo Mallagan hätte nicht zu sagen vermocht, was er sich von den nächsten Sekunden erwartete. Es musste etwas Großes und Weltbewegendes sein.
    Das war es in der Tat.
    Entsetzt starrte er auf Hunderte von menschlichen Skeletten. Brether Faddon und Scoutie erging es nicht anders.
     
    Es waren wirklich menschliche Skelette, sie hätten ebenso gut von Betschiden stammen können. Und sie lagen nicht verstreut herum, sondern waren auf engstem Raum zusammengeballt.
    Die Betschiden fühlten sich an die Vorgänge im Nest der 17. Flotte erinnert, an jene bedauernswerten Wesen, die sich unter dem Einfluss der Spoodie-Seuche zusammengedrängt hatten. Die Befürchtung war wieder da, sich im Nest infiziert zu haben, aber ihre Spoodies regten sich nicht, und selbst die Buhrlo-Narben machten ihnen kaum mehr zu schaffen.
    »Es scheint, als wären wir davongekommen«, bemerkte Faddon stockend. »Aber was ist hier geschehen? Was waren das für Leute? Betschiden?«
    »Das sicher nicht«, antwortete Mallagan. »Wenn früher schon kranische Schiffe auf Chircool gelandet wären, wüssten wir das.«
    »So viele Übereinstimmungen können nicht allein durch Zufall entstehen.« Scoutie deutete schaudernd auf die Skelette. »Das waren keine Fremdlinge, die uns zufällig nur ein bisschen ähnlich sahen – das waren Menschen wie wir.«
    Die beiden Männer schwiegen. Ihnen war klar, dass Scoutie recht hatte und dass es nur eine logische Schlussfolgerung gab, aber sie sprachen das nicht aus. Ähnlich verunsichert hatten sie sich selten zuvor gefühlt. Vorsichtig gingen sie weiter und schlugen einen großen Bogen um die Skelette.
    Die Zentrale des Wracks war riesig und in mehrere Ebenen unterteilt, die durch Antigravschächte miteinander verbunden waren. Keiner davon funktionierte mehr, aber an vielen Stellen gab es immer noch genug Licht, ausreichend, um die fremden Geräte erkennen zu lassen. Auch fanden sie Treppen, die zweifellos für Notfälle gedacht waren und es ihnen nun erlaubten, sogar die oberen Bereiche zu durchsuchen.
    Je länger sie sich in dieser Umgebung aufhielten, desto vertrauter erschienen ihnen die Installationen. Sicher lag das zu einem großen Teil daran, dass vieles frappierende Ähnlichkeit mit der Einrichtung auf Kranenschiffen hatte. Zudem machte sich der Spoodie-Einfluss bemerkbar.
    Surfo Mallagan war der Erste, der sich an die Geräte heranwagte. Er versprach sich nicht viel davon. Irgendwo gab es Notaggregate, die für Licht sorgten und die Klimaanlage in Gang hielten. Diese Maschinen arbeiteten vermutlich schon seit sehr langer Zeit, deshalb würden sie ihren Dienst nach und nach einstellen. Schon jetzt lieferten sie kaum noch genug Energie. In etlichen Bereichen waren die Leuchtkörper schon erloschen, und die Luft roch schal und abgestanden.
    Trotzdem erzielte Mallagan eine Reaktion. Ein Schirm erhellte sich flackernd und zeigte für wenige Sekunden ein klares Bild. Aber schon fiel die Darstellung in sich zusammen, und bevor Surfo einen zweiten Versuch unternehmen konnte, stieß Scoutie einen gellenden Schrei aus.
    Die Jägerin durchsuchte einen durch gläserne Wände abgeteilten Bereich. Mallagan warf sich sofort herum und stürmte auf den schmalen Zugang zu, der in den abgetrennten Raum führte. Er stieß fast mit Brether Faddon zusammen, der nicht weniger schnell reagiert hatte.
    Der Raum war fast leer. Nur in Türnähe versperrten einige größere fahrbare Geräte den freien Durchgang. Im Hintergrund, zwischen niedrigen Konsolen, stand eine geschlossene Truhe mit gläsernem Deckel. Vor dieser Truhe kauerte Scoutie auf dem Boden, zitternd und die Hände vors Gesicht geschlagen. Von einer