Silberfieber
durchnässt und mit letzter Energie trieben sie die Spitzhacken unter das Holz. Als sie die letzte Holzplanke weghebeln wollten, hörten sie hinter sich plötzlich ein lautes metallisches Rasseln.
Wie auf Kommando wandten sie sich um – und sahen fassungslos den Aluminiumleitern hinterher, die aus der Grube hinaufgezogen wurden und im finsteren Himmelsviereck über Wavy Island verschwanden.
Der Regen klatschte ihnen ins Gesicht, als sie die Umrisse von drei Gestalten erkannten, die sich vor dem Grau des Himmels abzeichneten. Sie fuhren sich mit den Händen durch die Haare und rieben sich das Wasser aus den Augen und versuchten verzweifelt, nicht zu glauben, was ihre Augen da sahen.
Am Grubenrand standen Daniel McGuffin, Gloria McGinnis und ein dritter, unbekannter Mann von großer, breiter Statur und sahen zu ihnen herab. Für einen langen Augenblick sagte niemand ein Wort. Nur der Regen war deutlich zu hören, der gegen das Metall der Leitern prasselte wie auf das Becken eines Schlagzeugs.
»Hallo, meine Freunde, wie geht es euch da unten?«
Daniel McGuffin sprach mit der Genugtuung des erfolgreichen Jägers. Selbst hier unten, im dunklen Grubenschacht, konnten sie sein Grinsen unter dem breiten Schlapphut erkennen, den er zum Schutz gegen die Nässe trug. Franks Sinne waren von der wachsenden Anspannung so gereizt, dass er meinte, die Regentropfen, die über den Rand von McGuffins Hutkrempe auf ihn herabfielen, wie scharfe Nadelstiche zu spüren und von allen anderen Tropfen unterscheiden zu können.
»Hallo, Einstein«, sagte Frank, »bist du auch endlich hier angekommen?« Wie schon vor einer Woche in Hamburg, als Einstein ihn in seiner Wohnung überfallen hatte, war er fest entschlossen, sich nicht einschüchtern zu lassen.
»Hallo, Frank, sieh an, du bist ein guter Läufer. Kannst du auch so gut springen, wie du laufen kannst? Dann dürfte die Grube eigentlich kein Problem für dich sein.« Sie hörten sein hämisches Lachen.
»Du hast dich nicht verändert, Danny. Immer noch das gleiche abstoßende Krächzen wie früher. Wie bist du darauf gekommen, dich Einstein zu nennen. Bist du mit den Jahren größenwahnsinnig geworden?«
Als hätte sie der Blitz getroffen, sahen Frank und Peter den zwischen ihnen stehenden Professor McCully an. Sie konnten sich nur verhört haben. Aber Kenneth McCully stand tatsächlich neben ihnen auf dem Grubenboden und hatte Daniel McGuffin mit Danny angesprochen. Mit zum Zerreißen gespannten Nackenmuskeln und zu einem Strich zusammengezogenen Lippen starrte er zum Grubenrand hinauf. Die Narbe auf seiner Stirn stand blutrot hervor, als sei sie kurz davor zu platzen.
Sie hätten nicht sagen können, worüber sie mehr geschockt waren. Von der Erkenntnis, dass Kenneth McCully ihre Verfolger offenbar sehr gut kannte, oder von dem hasserfüllten Ausdruck in seinen Augen, mit dem er zu McGuffin hinaufsah. Sie erkannten den Mann nicht wieder, der sie in den letzten Tagen geleitet und all ihre Fragen geduldig beantwortet hatte.
»Hallo Kenny, ich hätte nicht gedacht, dich noch mal wiederzusehen. Ich weiß, dass du meine Warnung bekommen hast, aber anscheinend nimmst du sie nicht ernst. Sonst hättest du dich nicht mit den beiden kleinen Jungs zusammengetan. Was sollte das denn werden? Sind das deine Bodyguards? Oder bist du ihr Babysitter?« Wieder ließ McGuffin sein krächzendes Lachen hören.
»Der Stein in meinem Fenster in Hampstead kam von dir, das wusste ich. Aber du hast dich in dieser Nacht nicht blicken lassen. Du hattest nicht genug Mut, um dich zu zeigen, oder? Drei Männer waren dir wohl zu viel, was? Du kannst nur wehrlose alte Männer erschlagen, wie Malcolm McCory in Hamburg oder Franz Felgendreher in Bern.«
Einer der Gesteinsbrocken, die sie an der Grube emporgehievt hatten, klatschte direkt neben McCully in die Grube. Das Wasser spritzte bis zu seiner Hüfte. Es regnete noch nicht sehr lange, aber schon in der kurzen Zeit waren auf dem Schachtboden tiefe Pfützen entstanden.
»Pass auf, was du sagst, sonst überlebst du das hier nicht, McCully. Sieh dich doch an, ein mickriger Versager ist aus dir geworden!« McGuffin brüllte wütend von oben zu ihnen herunter.
»Wer ist Malcolm McCory?«, fragte Frank verständnislos.
»Der richtige Name von Professor Pfleiderer, ich erklär alles später. Erst mal müssen wir hier rauskommen«, sagte McCully leise, sodass es von oben nicht zu hören war.
»Hört auf zu flüstern, ihr kommt da unten sowieso nicht mehr
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