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Silberfieber

Silberfieber

Titel: Silberfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wuehrmann
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wachsüberzogenen Kandelaber in der Hand würde daraufhin öffnen und sich nach dem Anlass ihres Besuches erkundigen. Doch nichts dergleichen geschah. Es gab eine Türklingel mit einer modernen Sprechanlage, und der Professor öffnete selbst die Tür. Das Einzige, was Franks Erwartung etwa entsprach, war dessen leicht gebückte Körperhaltung, die bei dem um die eins achtzig großen Mann aber nicht weiter ins Gewicht fiel. Ansonsten machte dieser einen drahtigen und zähen Eindruck, als er mit raschen Bewegungen die drei Türen bis zu seinem Bibliothekszimmer, wie er es tatsächlich nannte, öffnete und wieder schloss. Prof. Dr. Kenneth McCully war nach Franks Schätzung etwas mehr als sechzig Jahre alt. Auf seinem Kopf waren einige wenige graue Haare in der Form eines kreisrunden Haarkranzes verblieben. Er trug eine Brille, die er offenbar nur zum Lesen brauchte, denn er setzte sie zur Begrüßung seiner späten Gäste sofort ab. Die ausgeprägten Krähenfüße ließen vermuten, dass ihm sein freundliches Lächeln, mit dem er Frank und Peter begrüßte, im Leben immer leicht gefallen war. Das einzig wenig Professorale an seiner Erscheinung war eine nicht zu übersehende, fünf Zentimeter lange Narbe, die sich von seiner linken Augenbraue bis zur Schläfe hinunterzog.
    »Peter, es freut mich sehr, dass Sie die Umstände des weiten Weges noch auf sich genommen haben. Und umso schöner, dass Sie Ihren Freund mitgebracht haben. So können wir gleich drei kluge Köpfe auf unsere Denksportaufgabe ansetzen. Denn das ist es doch, was Sie so spät noch zu mir führt, nicht wahr? Sie müssen Frank sein.«
    »Genau. Guten Abend, Professor McCully. Und vielen Dank, dass Sie uns so spät noch empfangen. Ich hoffe, dass es für Sie nicht zu spät geworden ist?«
    »O nein, keinesfalls, und nennen Sie mich bitte Ken. So sparen Sie sich die Formalitäten, und ich spare mir die Anstrengung, einen deutschen Nachnamen fehlerlos aussprechen zu müssen. Bitte, nehmen Sie doch Platz, möchten Sie etwas trinken?«

20
    Sie machten es sich in den hohen und angenehm nach altem Leder riechenden Sesseln bequem, und Professor McCully und Peter tauschten ein paar Neuigkeiten über das Universitätsleben aus. Peter und Frank füllten ihre Gläser wieder und wieder nach den anstrengenden abendlichen Tempoläufen mit nichtalkoholischen Getränken, während Professor McCully sich aus einer halb vollen Whiskyflasche eingoss.
    Die Flasche wählte er mit Bedacht aus seiner Bar aus und betonte, dass es sich um das erste Glas des Abends handelte.
    Er hob sein Glas: »Auf dass wir gemeinsam eine wissenschaftlich fundierte Erklärung für Ihr Rätsel finden, das Sie beide mir gleich präsentieren werden.« Frank und Peter hoben ihre mit Mineralwasser und Bitter Lemon gefüllten Gläser und prosteten ihm zu.
    Dann begannen sie, ihm die Ereignisse der beiden letzten Tage zu schildern. Sie erzählten von dem Überfall auf Frank in Hamburg am Donnerstag und vom Mord an Professor Pfleiderer. Sie wollten Kenneth McCully nicht im Unklaren darüber lassen, dass es sich bei ihrem Problem nicht um eine rein wissenschaftliche Frage handelte. Sie erklärten ihm auch, dass irgendjemand anscheinend aus einem handfesten Grund die Seekarte an sich zu bringen versuchte und sich das Ganze mehr und mehr zu einer gefährlichen Verfolgungsjagd zu entwickeln begann.
    »Sehen Sie, Ken, ich hatte selbstverständlich daran gedacht, Sie zu warnen. Wir wollen Sie nicht in irgendetwas hineinziehen, aber Sie sind wirklich unsere letzte Chance. Wenn Sie uns nicht helfen können, gehen wir morgen sofort zu der deutschen Kommissarin und übergeben die Karte den Behörden. Wir haben nur gedacht, dass …«, Peter brach ab.
    »… dass die Polizei zu dumm ist, Ihre Schatzkarte richtig zu interpretieren, und außerdem würden Sie gerne noch ein bisschen länger Räuber und Gendarm spielen, richtig?« Kenneth McCully sah sie verschmitzt grinsend an, worauf sich Peter und Frank etwas verlegen anblickten und dann ihre Gläser in den Händen drehten. Der Professor verfügte offensichtlich über eine ganz ausgezeichnete Menschenkenntnis, das hatte er mit seiner Bemerkung bewiesen.
    »Ja, warum sollen wir Ihnen …«, Frank stockte, »… und uns etwas vormachen«, ergänzte er. »Es ist schon richtig, dass wir immer neugieriger werden, je länger das Ganze andauert. Aber das ist nicht alles. Ich habe den Mann, der sich Einstein nennt und uns so hartnäckig verfolgt, belogen, als ich ihm sagte,

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