Silberlicht
ist bei Ihnen, Sir?«
»Eine Freundin und mein kleiner Bruder.«
Ich sah, wie der Officer sich bückte, um eine Plastiktüte aus einer Schachtel auf dem Boden des Autos zu holen. »Jetzt«, rief ich James zu.
Blitzschnell öffnete James die Tür und ließ den kleinen Umschlag in einen Gully am Straßenrand fallen.
»Ist das Ihr Bruder?«, fragte der erste Officer. Er leuchtete mit der Taschenlampe auf den Rücksitz. »Auch Sie steigen bitte aus, Sir.«
James tat, wie ihm geheißen. Nun gesellte sich auch der zweite Officer dazu. Die beiden besahen sich die Ausweise, durchsuchten das Auto mit ihren Taschenlampen und ließen Mitch und James in ein Röhrchen pusten, um ihren Alkoholpegel zu überprüfen. Beide waren im zulässigen Bereich.
»Warum haben Sie mich nicht überprüft?«, fragte Libby in gespielter Empörung.
»Nun, Ma’am, höchstwahrscheinlich haben Sie etwas getrunken, aber Sie sind nicht minderjährig und Sie sitzen nicht am Steuer.«
»Aber stellen Sie sich vor«, sagte sie neckisch, »er ist wegen mir Schlangenlinien gefahren.« Sie lachte. Die Officer starrten sie verständnislos an.
»Ihr wisst, was ich meine«, fuhr sie fort. »Ich war ein bisschen nett zu ihm.«
»Ich finde nicht«, sagte der erste Officer ungerührt »dass das eine gute Idee ist.« Er riss einen Strafzettel von seinem Block und reichte ihn Mitch.
»Bitte bleiben Sie in Zukunft in Ihrer Spur«, sagte er mahnend. »Und Sie lassen in Zukunft bitte Ihren Fahrer in Ruhe«, wandte er sich an Libby. Aus den Augenwinkeln blickte er zu James. »Sie kommen mir so bekannt vor.«
»Ja, er hat so ein Allerweltsgesicht«, warf Mitch ein. »Danke.«
Mitch verbannte Libby auf den Rücksitz, während James vorne Platz nahm. Als er mich unauffällig zu sich heranwinkte, schwebte ich durch die Tür und auf seinen Schoß. Ein seltsames Gefühl. An den Stellen, an denen wir uns berührten, wurde mein Körper von einem sanften Prickeln überzogen.
Auf dem Kinoparkplatz postierte ich mich neben der Tür, doch James blieb im Auto sitzen.
»Was ist denn jetzt wieder?«, schnauzte Mitch.
»Ich komme schon«, gab James zurück. Langsam öffnete er die Tür und ließ die anderen vorausgehen. Ich schwebte neben ihm, doch er sah mich nicht an.
»War das Billys Schatz, den du im Auto gefunden hast?«
James seufzte. »Es ist fürchterlich, nicht zu wissen, was der Junge alles angestellt hat, das irgendwann auf mich zurückfallen könnte.« Obwohl er leise gesprochen hatte, drehte Mitch sich nach ihm um. James zuckte mit den Schultern, als wüsste er nicht, was das mit ihm zu tun haben sollte. Ich bewunderte, wie mühelos er die Körpersprache des einundzwanzigsten Jahrhunderts beherrschte.
Im Kino wollten Dawn und Chris sowie Jack und Rayna zusammensitzen.
»Ich muss pinkeln«, sagte James. Mitch warf ihm einen misstrauischen Blick zu und setzte sich neben Libby. Ich blieb im Hintergrund, auf dem Gang. Rayna reichte rote Gummischnüre herum. Libby bediente sich, kaute mit offenem Mund und warf Mitch einen schelmischen Blick zu.
»Hat man dir schon mal gesagt, dass du wie ein Filmstar aussiehst?«, fragte sie.
»Nö.«
»Wie dieser Typ aus … wie hieß der Film noch mal? Nein, warte, nicht der.« Libby furchte die Stirn. »Der andere.«
»Und welcher Schauspielerin siehst du ähnlich?«, gab Mitch mit unverhohlenem Sarkasmus zurück.
»Der aus der Levi’s-Werbung?«, fragte Libby erfreut.
»Nein, dieser anderen Schnitte«, erwiderte Mitch. »Keine Ahnung, wie sie heißt. Frag Rayna.«
Als James zurückkehrte, setzte er sich hinter Mitch und die anderen. Ich nahm neben ihm Platz.
Mitch drehte sich zu ihm um und fragte: »Warum hockst du da hinten?«
»Sch«, zischte Libby.
James blickte starr geradeaus auf die Leinwand. Er legte seine Hand auf die Armlehnen, und ich presste meine Finger in die seinen. Er hatte seine Jacke ausgezogen, und ich sah, wie sich das braune T-Shirt unter seinen Atemzügen hob und senkte, die Lichter auf der Leinwand ließen Schatten über seinen Arm wandern. Die beiden Paare hatten sich eng aneinandergekuschelt, Chris und Dawn saßen Kopf an Kopf, Rayna mit einer Gummischnur zwischen den Zähnen, die Jack von der anderen Seite her abknabberte, bis ihre Lippen sich trafen. Libby schaute alle paar Sekunden zu Mitch, doch der reagierte nicht. Auch James verharrte bewegungslos, bis sich das Paar, das zuvor eine Bank ausgeraubt hatte und vor der Polizei geflohen war, zu lauter Musik liebte. Ich sah lieber
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