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Silberlicht

Silberlicht

Titel: Silberlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Whitcomb
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tut mir leid«, wiederholte er meine Worte. Er nahm ein Kissen und bedeckte sich damit.
    »Es ist meine Schuld«, stotterte ich und wollte nur noch wegfliegen.
    »Ich wollte dir nicht zu nahe treten«, sagte James. »Du hast mich überrascht.«
    »Ich werde morgen früh wiederkommen«, beschied ich ihn.
    »Nein, nein«, flüsterte er. »Bitte nimm das Bett, mir reicht der Boden.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Bitte«, flehte James. »Ich werde sonst nicht schlafen können.«
    Er hatte sich aufgerichtet, das Kissen immer noch gegen seinen Körper gepresst. Ich schwebte zum Bett und legte mich nieder, peinlich berührt, doch insgeheim auch geschmeichelt. Eine vorbeihuschende Erinnerung an kühle Laken und warme Haut ließ mich erröten. Ich streckte mich aus, froh, in James’ Bett liegen zu können, anstatt allein auf dem Dach zu sitzen. Er löschte das Licht, richtete sich auf dem Boden ein und stopfte ein Kissen unter seinen Kopf.
    »Vielleicht wirst du morgen«, flüsterte er, »einen Apfel schmecken.«

[home]
    Kapitel 7
    A ls die Dämmerung heraufzog, um Gegenstände aus der Dunkelheit zu formen, warf der Fensterrahmen ein Kreuz an die Wand und verwandelte das kleine Zimmer in eine Kapelle. James setzte sich auf dem Boden auf, wie ein Hund, der von Gewehrschüssen aufgeschreckt worden war. »Geh nicht weg«, sagte er.
    Während er duschte, streifte ich durchs Haus. Als ich an der Badezimmertür vorbeikam, hörte ich das Rauschen des Wassers und durch Mitchs Zimmertür eine Stimme. Ich konnte die Worte nicht verstehen, doch es lag Schmerz darin. Ich schwebte durch die Wand und sah Mitch schlafend in seinem Bett liegen, das Laken gab den Blick auf seine entblößte Brust frei. Tätowierungen zogen sich über seine Arme, ein keltisches Band um den linken und ein Dornenkranz um den rechten. Über seinem Herzen prangte ein Schwert, nicht größer als ein Schmetterling. Noch im Tiefschlaf, begann er plötzlich zu sprechen:
    »Du Bastard.« Er hielt die Augen geschlossen, und sein Gesichtsausdruck wandelte sich von einer wutverzerrten Maske in Schmerz. Ein Schluchzer bebte durch seinen Körper, sein Arm zuckte, als wolle er etwas abstreifen. Mit einem Schrei fuhr er in die Höhe und riss die Augen auf.
    »Scheiße«, murmelte er. Er wischte sich über das Gesicht, wo Tränen keine Gelegenheit gehabt hatten zu fließen, und schüttelte sich. Bei einem Blick auf die Uhr seufzte er.
    »Ich hasse den dritten Sonntag im Monat.«
     
    Als James in sein Zimmer zurückkehrte, wartete ich bereits auf ihn. Er trug ein Handtuch um die Hüften und nahm frische Kleidung aus der Kommode. Lächelnd sagte er: »Mach die Augen zu.«
    Ich setzte mich mit dem Gesicht zum Fenster und beobachtete sein Spiegelbild. Als er seine Hose zuknöpfte und eine Supermann-Pose andeutete, merkte ich, dass er meine Blicke im Fenster gesehen haben musste. Doch ich konnte keine wirkliche Scham empfinden und drehte mich lächelnd zu ihm um.
     
    Als wir in die Küche kamen, trank Mitch eine Tasse Kaffee. »Bist du fertig?«, fragte er.
    »Wofür?«
    »Dritter Sonntag«, erwiderte Mitch. »Nur, weil du letzten Monat nicht mitgekommen bist, heißt das nicht, dass du dich jetzt auch wieder drücken kannst. Ich werde nicht allein bei Verna bleiben.«
    James hielt kurz inne. »Verna, klar.« Offensichtlich erinnerte er sich nicht an das monatliche Ritual. »Musst du heute zur Arbeit?«
    Mitch runzelte die Stirn. »Was?«
    »Du arbeitest doch Sonntagvormittag.«
    Mitch sah ihn mit einem seltsamen Blick an. »Die wissen von Mom«, antwortete er. »Ich habe seit vier verdammten Jahren den halben dritten Sonntag im Monat frei. Was ist los mit dir?«
    »Ich heiße Billy und bin ein ehemaliger Drogensüchtiger.«
    Daraufhin musste Mitch so heftig lachen, dass er um ein Haar den Kaffee auf sein Hemd verspritzt hätte. James schien sich zu freuen. Gemeinsam bereiteten sie das Frühstück vor. Bei Toast und Eiern wurde Mitch immer stiller, wie eine vernachlässigte Uhr, seine Augen schienen in weite Ferne zu blicken. Als wir ins Auto stiegen, war er so bleich, dass James sich besorgt nach seinem Befinden erkundigte.
    »Ich hasse den dritten Sonntag«, sagte Mitch kurz angebunden.
    Einige Zeit fuhren wir schweigend, erst am Geschäftsbezirk vorbei, dann auf die Vorstädte zu. Als wir die nächste Stadt erreichten, bog Mitch auf den Parkplatz eines kleinen Einkaufszentrums ein.
    »Bin gleich wieder da«, sagte er. Nur ein kleiner Lebensmittelladen hatte noch

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