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Silberlinge

Silberlinge

Titel: Silberlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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war unterwegs«, erwiderte Susan. »Shiro war da, und Charity meinte, Michael und jemand namens Sanya seien noch nicht aus St. Louis zurückgekehrt und hätten auch nicht angerufen.«
    Mit gerunzelter Stirn gab ich ihr die Coladose. »Das sieht ihm gar nicht ähnlich.«
    »Ich weiß. Sie waren besorgt. Zumindest Charity war es. Ich glaube, Shiro war völlig unbekümmert – fast, als hätte er damit gerechnet. Er trug noch die Samuraikleidung und öffnete die Vordertür, bevor ich klopfen konnte.«
    »Michael hat so etwas schon öfter gemacht. Das ist wohl ein Vorteil, wenn man das tut, was er tut.«
    Susan schüttelte den Kopf. »Gottes Wege sind unergründlich?«
    Ich zuckte die Achseln. »So ungefähr. Hat Shiro sonst noch etwas gesagt?«
    »Er hat Martin nur erklärt, wo er links oder rechts abbiegen und parken sollte. Dann sagte er mir, ich solle ihm zwei Minuten Vorsprung lassen und mich dann darauf vorbereiten, dich ins Auto zu stecken. Er… hat ganze Zeit gelächelt. Bei jemand anders wäre es unheimlich gewesen, aber er wirkte ganz zufrieden. Vielleicht hatte er auch nur ein gutes Pokergesicht.«
    Ich spielte mit meiner Coladose. »In der Tat, das hatte er.« Susan zog eine Augenbraue hoch. »Das verstehe ich jetzt nicht.«
    »Ich glaube nicht, dass er tot ist. Noch nicht. Er… er hat allerdings eingewilligt, sich den Denariern zu ergeben, wenn sie mich gehen ließen. Ihr Anführer, er heißt wohl Nikodemus, nahm Shiro das Versprechen ab, sich nicht zu wehren und in den nächsten vierundzwanzig Stunden nicht zu fliehen.«
    »Das klingt aber gar nicht gut.«
    Ich schauderte. »Ja. Ich glaube, die beiden sind Erzfeinde. Als Shiro sich als Geisel anbot, wirkte Nikodemus wie ein Kind vor den Weihnachtsgeschenken.«
    Susan trank einen Schluck Cola. »Wie übel sind diese Leute eigentlich?«
    Ich dachte an Nikodemus, an sein Messer und die tiefe Hilflosigkeit, als er mir den Kopf zurückgezogen und meine Kehle entblößt hatte. Ich dachte an zerstückelte und zerhackte Leichen. »Sehr übel.«
    Susan beobachtete mich einen Moment schweigend, während ich meine Coladose anstarrte.
    »Harry, willst du was trinken oder nur die Dose ansehen?«
    Ich schüttelte den Kopf und knackte die Dose. Mir taten die Handgelenke weh. Nikodemus bevorzugte anscheinend normale alte Seile, die einem im Gegensatz zu den Spezialanfertigungen mit Einhornhaaren die Haut abschürften. »Entschuldige, ich muss über einiges nachdenken.«
    »Ja«, stimmte sie zu. »Was tun wir als Nächstes?«
    Ich überprüfte die Kerzen. »Die Barriere wird in etwa zwanzig Minuten fallen. Wir können ein Taxi rufen, am McAnnally’s den Käfer abholen und zu Michael fahren.«
    »Und dann?«
    Ich nahm meinen Stab und lehnte ihn neben der Tür an die Wand. »Dann erzählen wir Michael und Sanya, was passiert ist.«
    »Vorausgesetzt, sie sind schon wieder da.«
    »Hm«, brummte ich, während ich meinen Revolver und das Schulterhalfter aus der Schublade des Küchenschranks holte. »Danach werde ich die Denarier bitten, Shiro wieder laufenzulassen.«
    Susan nickte. »Werden wir sie freundlich fragen?«
    Ich lud die Waffe. »Ich werde ganz artig ›bitte‹ sagen«, erklärte ich.
    Ihre Augen blitzten. »Ich bin dabei.« Sie beobachtete mich, während ich das Schulterhalfter anlegte und die Waffe hineinsteckte. »Harry«, sagte sie, »ich will dich ja nicht stören, wenn du den Rächer der Enterbten spielst, aber es gibt da ein paar Fragen, die mir wirklich auf den Nägeln brennen.«
    »Warum wollen die Denarier das Grabtuch haben, und was haben sie damit vor?«, begann ich.
    »Genau.«
    Ich holte eine alte Windjacke aus dem Kleiderschrank und zog sie an. Seit mehreren Jahren hatte ich nichts anderes als den alten Übermantel aus Segeltuch oder den neuen Ledermantel getragen, den Susan mir geschenkt hatte. Inzwischen waren sämtliche Kerzen erloschen. Ich legte eine Hand an die Wand und tastete nach den Verteidigungssprüchen. Da ich nur noch ein schwaches Echo spürte, ging ich ins Wohnzimmer und rief ein Taxi. »Wir können jetzt gehen. Ich glaube, ich habe eine Ahnung, was sie vorhaben, aber ich bin mir nicht sicher.«
    Abwesend rückte Susan meinen Kragen zurecht. »Wie nachlässig. Hat Nikodemus denn nicht vor dir mit seinen Schandtaten geprahlt?«
    »Nein. Er hat wohl das Handbuch für Schurken gelesen.«
    »Anscheinend weiß er, was er will.«
    Und ob. »Einige Kleinigkeiten sind ihm allerdings herausgerutscht. Vielleicht haben wir ja die Nase

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