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Silberlinge

Silberlinge

Titel: Silberlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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seinem Tod gefoltert.«
    »Bäh«, machte ich. »Aber warum?«
    »Die Leute, die ihm die Hände und den Kopf abgeschnitten haben, wollten offenbar verhindern, dass er nach seinem Tod identifiziert wird«, überlegte Murphy. »Das ist der einzige logische Grund, den ich mir vorstellen kann.«
    »So sehe ich das auch«, stimmte Butters zu.
    Ich verstand es nicht. »Warum verhindert jemand die Identifizierung einer Leiche, die an Krankheiten gestorben ist?« Als Butters den Arm des Toten langsam sinken ließ, fiel mir etwas auf. »Halt, warten Sie mal.«
    Auf meine Bitte hob er den Arm wieder an. Beinahe hätte ich es auf der bleichen Haut des Toten übersehen – eine Tätowierung, vielleicht zwei Zentimeter groß, an der Innenseite eines Bizeps. Besonders schön war sie nicht, ein stilisiertes geöffnetes Auge in blasser grüner Tinte, dem Logo von CBS nicht unähnlich.
    »Erkennen Sie es?«, fragte Murphy.
    »Nein. Es wirkt altägyptisch, hat dafür aber nicht genug Linien. Butters, haben Sie mal ein Stück Papier?«
    »Ich hab was Besseres.« Er nahm eine alte Sofortbildkamera aus dem untersten Fach seines Rollwägelchens und machte mehrere Aufnahmen von der Tätowierung. Eine gab er Murphy, die das Foto leicht wedelte, während sich das Bild entwickelte. Ich bekam eine weitere.
    »Also«, überlegte ich laut. »Der Mann ist an einer Unzahl von Krankheiten gestorben, die er sich irgendwie gleichzeitig zugezogen hat. Was glauben Sie, wie lange das gedauert hat?«
    »Ich kann nur raten«, erwiderte Butters. »Ich würde sagen, nur wenige Stunden, vielleicht ging es sogar noch schneller.«
    »Gut«, sagte ich. »Während dieser Stunden bearbeitet jemand ihn mit einem Messer und verwandelt seine Brust in Gehacktes. Anschließend hacken sie ihm die Hände und den Kopf ab und werfen den Körper irgendwohin. Wo hat man ihn gefunden?«
    »Unter einer Autobahnbrücke. Nackt, wie Sie ihn hier sehen. Die Mordkommission hat ihn uns überlassen, weil sie sich um einen wichtigen Fall kümmern muss, über den sich die Stadtoberen aufregen«, erwiderte Murphy gereizt.
    Mit gerunzelter Stirn zog ich mich einen Schritt zurück und dachte nach. Wahrscheinlich liefen nicht sehr viele Leute auf der Welt herum, die ihre Opfer wie Millimeterpapier markierten. Jedenfalls hoffte ich das.
    Murphy hatte mich beobachtet. »Was ist, Harry? Wissen Sie etwas?«
    Mein Blick wanderte zwischen ihr und Butters hin und her. Der Gerichtsmediziner hob beide Hände und ging zur Tür. Unterwegs zog er die Handschuhe aus und warf sie in einen mit roten Warnschildern gepflasterten Behälter. »Bleiben Sie ruhig hier, und spielen Sie Mulder und Scully. Ich muss sowieso mal raus. Bin in fünf Minuten wieder da.«
    »Häschenpantoffeln und Polkamusik«, sagte ich, als die Tür hinter ihm zugefallen war.
    »Er ist gut«, widersprach Murphy. »Vielleicht sogar zu gut. Butters war derjenige, der die Leichen nach dem Feuer im Velvet Room untersucht hat.«
    Dieser Brand ging auf mein Konto. »Oh.«
    »In seinem ersten Bericht stand, dass einige der geborgenen Leichen humanoid, aber eindeutig nichtmenschlich waren.«
    »Allerdings«, bestätigte ich. »Vampire vom Roten Hof.«
    Murphy nickte. »Wenn man so was in einen Bericht schreibt, werden die Leute nervös. Butters kam drei Monate zur Beobachtung in eine Nervenklinik. Nach seiner Entlassung wollten sie ihn hinauswerfen, was sein Anwalt allerdings verhindern konnte. So verlor er seine letzte Beförderung und kam in die Nachtschicht. Er weiß, dass es da draußen verrückte Dinge gibt, und ruft mich an, wenn ihm etwas auffällt.«
    »Er scheint ein netter Kerl zu sein. Von der Polka mal abgesehen.«
    Endlich lächelte Murphy. »Was wissen Sie?«
    »Nichts, was ich Ihnen verraten kann«, sagte ich. »Ich habe zugesagt, die Informationen vertraulich zu behandeln.«
    Die Polizistin beäugte mich. Früher hätte sie auf so eine Antwort sehr ungehalten reagiert, aber die Zeiten hatten sich geändert. »Na schön«, sagte sie. »Halten Sie etwas zurück, damit irgendjemandem nichts geschieht?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Es ist noch zu früh, um etwas zu sagen.«
    Murphy nickte mit schmalen Lippen und dachte einen Moment nach. »Sie wissen sicher, was Sie tun.«
    »Danke.«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Ich erwarte allerdings, dass Sie es mir sagen, falls sich herausstellt, dass es mich etwas angehen könnte.«
    »Klar«, stimmte ich zu, während ich ihr Profil anstarrte. Sie hatte mir ihr Vertrauen geschenkt, was

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