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Silberlinge

Silberlinge

Titel: Silberlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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vorbei. Nachtleben in Chicago.
    Nicht lange, und ich bemerkte Schritte, die sich mir von hinten näherten. Ich ermahnte mich, nicht gleich in Panik zu geraten. Vielleicht war es nur ein erschreckter, verängstigter und schlafloser Buchhalter, den man mitten in der Nacht in die Leichenhalle gerufen hatte.
    Na gut, vielleicht auch nicht.
    Die vorher gleichmäßigen Schritte veränderten sich, sie wurden lauter und verloren den Rhythmus. Jetzt drehte ich mich um und stellte mich demjenigen, der mich verfolgte. Dabei hob ich mit der rechten Hand den Sprengstock.
    Es war ein Bär. Ein verdammter Grizzlybär, der sich gerade auf alle viere fallen ließ, um mich anzugreifen. Ich hatte bereits einen magischen Schlag mit dem Sprengstock vorbereitet, die Spitze glühte schon. Das rote Licht warf tiefe Schatten, und jetzt konnte ich das Biest, das auf mich losging, deutlich erkennen.
    Es war kein Bär. Es sei denn, Bären haben sechs Beine und seitlich am Kopf gekrümmte Widderhörner. Es sei denn, Bären können irgendwo zwei zusätzliche Augen erwerben, die direkt über den üblichen beiden sitzen, wobei ein Paar orangefarben und das andere grünlich glüht. Es sei denn, Bären haben auf der Stirn neuerdings leuchtende Tätowierungen, die verschlungene Runen zeigen, und besitzen Doppelreihen zackiger, mit Geifer verklebter Zähne.
    Das Biest griff mich an, ein mehrere hundert Kilo schweres wütendes Monster, und ich tat, was jeder vernünftige Magier getan hätte.
    Ich drehte mich um und rannte um mein Leben.

6. Kapitel
     
     
     
    Dank meiner langjährigen Erfahrung als professioneller Magier habe ich eines gelernt: Lass dich nie auf einen Kampf ein, wenn die bösen Buben die Bedingungen diktieren. Magier können Blitze vom Himmel herabrufen oder unter den Füßen der Gegner die Erde aufreißen, sie können ihre Feinde mit einem Sturm in die nächste Zeitzone schleudern und eine Million viel unangenehmerer Dinge tun – jedoch nicht, wenn wir die Sache nicht vorher geplant haben.
    Außerdem sind wir keinesfalls zäher als die meisten anderen Leute. Wenn mir zum Beispiel ein grässliches Biest den Kopf abreißt, dann sterbe ich. Falls nötig, kann ich mit magischen Mitteln kräftig zurückschlagen, aber ich habe auch schon den Fehler gemacht, mich einzumischen und den Kürzeren zu ziehen, und das ist nicht sehr erfreulich verlaufen.
    Dieses Bärenmonster, was es auch war, hatte Zeit und Ort für den Kampf sicher nicht zufällig gewählt. Ich hätte stehen bleiben und es wegfegen können, doch falls es in der engen Gasse meinen Spruch überstanden hätte, dann hätte es mich zerfleischt, bevor ich mir hätte etwas anderes überlegen können. Also rannte ich weg.
    Außerdem hatte ich noch etwas gelernt: Kurzatmige Magier sind keine guten Läufer. Deshalb hatte ich trainiert. Ich rannte ziemlich schnell los und flog mit wehendem Mantel förmlich durch die Gasse.
    Knurrend folgte mir das Bärenwesen und holte rasch auf. Das Ende der Gasse war nicht mehr weit, und sobald ich draußen war und Hindernisse zwischen mich und das Wesen bringen konnte, war es mir vielleicht sogar möglich, mich zu wehren.
    Das Wesen erkannte dies offenbar, denn es stieß ein böses, geiferspritzendes Knurren aus, dann hörte ich an seinen Schritten, wie es sich zum Sprung sammelte. Ich drehte den Kopf gerade weit genug herum, damit ich es aus den Augenwinkeln beobachten konnte. Als es sprang, warf ich mich zu Boden, überschlug mich und rutschte über den Asphalt. Das Wesen flog über mich hinweg und landete gut sechs Meter vor mir an der Einmündung der Gasse. Ich richtete mich auf und lief zurück. Mit meiner zunehmenden Angst und dem flatternden Mantel kam ich mir vor wie ein verschrecktes Huhn. So rannte ich ein paar Sekunden, bis ich zähneknirschend feststellen musste, dass das Wesen abermals die Verfolgung aufgenommen hatte. Ich konnte nicht ewig die Gasse auf und ab rennen. Wenn ich mir nicht bald etwas einfallen ließ, musste ich mich umdrehen und mich dem Kampf stellen.
    Als ich über einen Stapel verschimmelter Kartons sprang, hätte ich beinahe den großen jungen Schwarzen umgerannt, den ich vorher bemerkt hatte. Er schnaubte empört, ich fluchte verhalten. »Kommen Sie!«, sagte ich und packte ihn am Arm. »Laufen Sie, los!«
    Er blickte an mir vorbei und riss die Augen weit auf. Die vier glühenden Augen des Bärenwesens näherten sich rasch. Ich setzte den Mann mit einem Stoß in Bewegung, und er lief neben mir her.
    Gleich danach

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