Silberlinge
Denarierin auf, dann brach sie zusammen.
Susan starrte das Dämonenmädchen einen Moment lang mit dunklen, brennenden Augen an. Das Bügelbrett war völlig verbogen und verdreht, nachdem sie es als Waffe benutzt hatte. Sie atmete tief durch, warf es weg und strich mit einer Hand das Haar zurück. »Miststück«, schimpfte sie.
»Mann«, staunte ich.
»Alles klar, Harry?«, fragte Susan, ohne mich anzusehen. »Ja«, sagte ich. »Mann.«
Sie ging zum Tisch, wo sie ihr Handy gelassen hatte, und hob es ans Ohr. »Martin wird uns am Eingang abholen.«
Mühsam kam ich in Bewegung und half Anna Valmont auf die Beine. »Welche Richtung?«
Susan deutete wortlos auf den Fluchtplan an der Wand. Sie sah mich immer noch nicht an. Dann sprach sie höchstens ein Dutzend leise Worte ins Handy und klappte es wieder zusammen. »Er kommt. Das Hotel wird evakuiert. Wir müssen…«
Auf einmal spürte ich, wie sich magische Energien aufbauten. Die Luft rings um Susan wurde dunkler und verdichtete sich zu einer Wolke aus Schatten, aus denen sich zuckende Schlangen in allen Größen und Farben herausschälten. Es zischte und summte, und die Schlangen wollten mit blitzenden Giftzähnen nach Susan schnappen. Sie schrie auf.
Der Schlangenmann stand vor der Tür und hatte eine nicht ganz menschliche Hand in Richtung Susan ausgestreckt. Aus seinem Schlangenmund kamen zischende Laute, und zwischen seiner Hand und Susan summte die Luft vor Magie.
Beinahe hätte ich in blinder Wut einen weiteren Feuerstoß auf den Schlangenmann losgelassen. Mit so viel Zorn hätte ich wahrscheinlich auch uns getötet. Doch ich beherrschte mich und griff an ihm vorbei in den Flur. Dabei rief ich: » Ventas servitas!«
Einen Moment später traf ein starker Windstoß den Schlangenmann von hinten, hob ihn hoch und schleuderte ihn quer durch den Raum. Er prallte gegen die Waschmaschinen, eine bekam eine etwa vierzig Zentimeter tiefe Beule, und stieß ein klagendes, zischendes Pfeifen aus, das hoffentlich vor allem auf Überraschung und Schmerz beruhte.
Susan warf sich zu Boden, rollte sich ab und schleuderte dabei die Schlangen fort. Hier und dort blitzte ihre honigbraune Haut auf, ihr schwarzes Kleid zerriss. Blut tropfte auf die abgeschüttelten Schlangen, doch einige klammerten sich immer noch an sie. Beim Versuch, die Tiere wegzureißen, hatte sie sich selbst verletzt.
Ich schloss eine Sekunde lang, die mir wie ein ganzes Jahr vorkam, die Augen und baute genügend Willenskraft auf, um den Spruch des Denariers aufzuheben. Dabei betete ich, dass ich die nötige Kraft richtig einschätzte, sonst konnte der Spruch sogar noch stärker werden als Stahl, der im Feuer gehärtet wird. Wenn ich dagegen zu viel Energie einsetzte, konnten beide Sprüche einfach unkontrolliert explodieren.
Ich konzentrierte mich auf die Schlangen, die Susan einhüllten, und löste den Gegenspruch mit dem Wort »Entropus!« aus.
Es funktionierte, die Schlangen zuckten und wanden sich noch einen Moment, dann fielen sie in sich zusammen und hinterließen nichts als eine Schicht von durchsichtigem, schimmerndem Schleim.
Susan zog sich keuchend und blutend zurück. Auch ihre Arme glänzten hell, nachdem die Schlangen zerfallen waren. An einem Arm, einem Bein, ihrer Kehle und auf einer Wange liefen dünne Blutfäden herab.
Ich starrte sie einen Augenblick an. Die dunklen Stellen auf ihrer Haut waren keine Prellungen. Sie nahmen vor meinen Augen Form an und verdichteten sich zu einer Tätowierung, die aus vielen Kurven und Zacken bestand. Die Symbole erinnerte mich an die Maori. Die Zeichnung begann unter einem Auge auf der Wange und zog sich über den Hals und den Nacken bis zum Schlüsselbein hinunter und verschwand im Ausschnitt ihres Abendkleides. Auf dem linken Arm und dem linken Bein tauchte die gewundene Zeichnung wieder auf und endete schließlich auf dem linken Handrücken und ihrem linken Fuß. Keuchend und zitternd richtete sie sich auf. Mit dieser Tätowierung hatten ihre Bewegungen etwas Wildes, Ungezügeltes. Mit dunklen, großen Augen, die Iris zu groß, um noch als menschlich gelten zu können, starrte sie mich an. Dann füllten sich die Augen mit Tränen, und sie wandte sich ab.
Der Schlangenmann erholte sich weit genug, um sich wieder aufzurichten und sich umzusehen. Er richtete die gelben Augen auf Susan und keuchte überrascht. »Die Bruderschaft«, zischte er. »Die Bruderschaft, hier.« Dann sah er sich weiter um und bemerkte die Röhre, die ich mir am Gurt über
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