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Silberlinge

Silberlinge

Titel: Silberlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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kalten Wassers zu mir. Mein Kopf tat so weh, dass die Verletzung am Bein im Vergleich dazu nur noch unangenehm war. Die Handgelenke und Schultern schmerzten sogar noch mehr, der Nacken war steif, und ich brauchte einen Augenblick, um zu erkennen, dass ich im Stehen festgebunden war. Auch meine Füße waren gefesselt. Im kalten Wasser zuckten meine Muskeln, und ich versuchte, mich zu entziehen, doch die Seile hinderten mich daran. Die Kälte drang wie mit Messern bis auf die Knochen durch.
    Methodisch probierte ich alle Gliedmaßen durch und prüfte die Fesseln, um wenigstens die Hände zu befreien. Allerdings konnte ich nicht feststellen, ob ich irgendwelche Fortschritte machte. Aufgrund der Kälte konnte ich nicht einmal mehr meine Handgelenke spüren, und es war zu dunkel, um etwas zu sehen.
    Mit jedem Moment bekam ich mehr Angst. Wenn ich meine Hände nicht befreien konnte, musste ich möglicherweise Magie einsetzen, um die Seile zu verbrennen. Immerhin war mir so kalt, dass ich die Vorstellung, mich selbst zu verbrennen, gar nicht so unangenehm fand. Aber als ich nach der magischen Energie greifen wollte, entglitt sie mir. Dann verstand ich es. Fließendes Wasser. Fließendes Wasser schaltet magische Energien aus. Immer wenn ich meine Kräfte aufbauen wollte, spülte das Wasser sie wieder fort.
    Die Kälte fraß sich tiefer und tiefer in meinen Körper. Ich konnte nicht entkommen, geriet in Panik und warf mich wild hin und her, bis dumpfe Schmerzen durch meine gefesselten Gliedmaßen schossen und gleich danach wieder von der Taubheit und der Kälte überdeckt wurden. Einige Male schrie ich wohl auch. Dabei schluckte ich jedes Mal Wasser. Ich hatte nicht mehr viel Kraft. Nach ein paar Minuten hing ich keuchend und viel zu erschöpft, um mich zu weiter aufzulehnen, in den Seilen.
    Es tat so weh, dass ich dachte, es könnte wohl nicht mehr schlimmer werden.
    Nach ein paar Stunden sah ich ein, wie sehr ich mich geirrt hatte.
    Irgendwann ging eine Tür auf, und ein greller Lichtschein blendete mich. Hätte ich mich bewegen können, dann hätte ich mich instinktiv umgedreht. Zwei große, stämmige Männer kamen mit flackernden Fackeln herein, in deren Licht ich endlich den Raum betrachten konnte. Die Wand neben der Tür war verputzt, die anderen Mauern bestanden aus teilweise zerfallenen alten Ziegelsteinen, eine war aus gekrümmtem Beton. Eine Art Kanal der Stadtwerke, nahm ich an. Über mir entdeckte ich nackte Erde, ein paar Steine und Wurzeln. Von irgendwo stürzte Wasser auf mich herunter und verschwand in einer Rinne im Boden.
    Sie hatten mich in die Unterstadt gebracht, einen Irrgarten von Höhlen, zerstörten Gebäuden, Tunneln und alten Bauwerken unterhalb von Chicago. Die Unterstadt war dunkel, kalt, nass und voller Wesen, die das Tageslicht und die menschliche Gesellschaft scheuten. Vielleicht gab es sogar Radioaktivität. Die Tunnel, die das Manhattan Project beherbergt hatten, stellten nur den Eingang zur Unterstadt dar. Die Menschen, die von ihrer Existenz wussten, kamen nicht hierher – nicht einmal Magier wie ich –, wenn es nicht um Leben und Tod ging.
    Hier unten kannte sich niemand wirklich aus, und niemand würde vorbeikommen, um mich zu retten.
    »Hatte einen anstrengenden Tag«, krächzte ich. »Habt ihr vielleicht ein kaltes Bier da? Oder eine eiskalte Cola?«
    Die Männer blickten nicht einmal in meine Richtung. Einer baute sich links von mir an der Wand auf, der andere rechts. »Ich weiß, ich hätte aufräumen sollen«, fuhr ich fort. »Hätte ich gewusst, dass ich Besuch bekomme, dann hätte ich vorher noch geduscht und den Boden gewischt.«
    Keine Antwort, sie verzogen keine Miene.
    »Hübsches Zimmer«, sagte ich.
    »Sie müssen ihnen vergeben«, schaltete sich Nikodemus ein. Frisch umgezogen, rasiert und geduscht, trat er durch die Tür ins Licht der Fackeln. Er trug jetzt Schlafanzughosen, Pantoffeln und eine Hausjacke vom Typ Hugh Hefner. Die graue Schlinge zierte immer noch seinen Hals. »Ich bevorzuge diskrete Mitarbeiter und lege strenge Maßstäbe an. Deshalb wirken sie manchmal etwas abweisend.«
    »Dürfen Ihre Handlanger nicht sprechen?«, fragte ich.
    Er zog eine Pfeife aus der Tasche und öffnete eine kleine Dose Prinz-Albert-Tabak. »Ich entferne ihnen die Zungen.«
    »Ich nehme an, Sie werden nicht gerade mit Bewerbungen überschüttet«, erwiderte ich.
    Lächelnd stopfte er die Pfeife. »Sie würden sich wundern. Ich bezuschusse sogar die zahnärztliche Vorsorge.«
    »Die

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