Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Silberlinge

Silberlinge

Titel: Silberlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
Vom Netzwerk:
sagte Valmont. »Sie sind tot, sie sind beide tot. Gaston und Francisca. Meine Freunde. Wer diese Leute oder diese Wesen auch sind, sie können mir nichts Schlimmeres antun.«
    Ein lautes Kreischen ertönte, als jemand die Tür des Lagers aus dem Scharnier riss und in den Flur warf. Gleißendes Licht drang von draußen herein, und ich hielt mir unwillkürlich eine Hand vor die Augen.
    Ich konnte nur einige verschwommene Gestalten erkennen, die sich vor den Lampen bewegten. Eine war schlank und gebeugt und hatte eine Wolke von zuckenden, dünnen Tentakeln anstelle von Haaren. Die andere war geschmeidig, offenbar stark und glich einem Mann, der seine Beine gegen den schuppigen Leib einer riesigen Schlange eingetauscht hatte. Zwischen ihnen stand jemand, der menschlich wirkte, ein Mann mit einem Mantel, der die Hände in die Taschen gesteckt hatte. Doch die Schatten, die er warf, wanden sich und zuckten wie wild. Um ihn waberte und verschwamm das Licht, so dass mir beim Zusehen fast übel wurde.
    »Sie kann also nichts mehr schmerzen«, sagte die Gestalt in der Mitte mit leicht amüsierter, männlicher Stimme. »Ganz egal, wie oft ich das höre, es ist immer wieder eine neue Herausforderung.«

20. Kapitel
     
     
     
    Inzwischen hatten sich meine Augen angepasst, und ich konnte einige Einzelheiten erkennen. Die dämonische Frauengestalt mit den gefährlichen Haaren, den beiden Augenpaaren, dem glühenden Zeichen auf der Stirn und den bösen Krallen war die Denarierin, die uns am Morgen schon im Hafen angegriffen hatte. Das zweite Dämonenwesen war mit dunkelgrauen, stellenweise rostrot gefärbten Schuppen bedeckt. Von den Schultern bis zur Hüfte wirkte es mehr oder weniger menschlich, doch vom Hals an aufwärts und von der Hüfte abwärts erinnerte es eher an eine plattgedrückte Schlange. Beine hatte es nicht, hinter ihm ringelte sich ein Schlangenkörper, die Schuppen kratzten über den Boden. Auch dieses Wesen hatte zwei Augenpaare, eines golden und einer Schlange entsprechend, das zweite dagegen, innerhalb des ersten, schimmerte schwach blaugrün wie ein Echo des Symbols, das auf dem Schlangenkopf in die Schuppen eingebrannt war.
    Der Dritte im Bunde war der Einzige, der halbwegs menschlich aussah. Der Mann war von durchschnittlicher Größe und Statur und trug einen braunen Trenchcoat lässig halb geöffnet. Seine Kleidung war maßgeschneidert und teuer. Er hatte sogar eine schmale graue Krawatte an, und sein kurzes dunkles Haar hatte einen leichten silbernen Schimmer. Sein Gesichtsausdruck war freundlich oder amüsiert, und die dunklen Augen waren schläfrig halb geschlossen. Er sprach mit leicht britischem Akzent. »Sieh mal einer an, was haben wir denn da? Unsere kühne Diebin und ihr…«
    Ich gewann den Eindruck, dass er wie der typische Stadtmensch, den er darstellen wollte, gern ein wenig geplaudert hätte, doch Anna Valmont unterbrach ihn mit drei Schüssen, die ihn in die Brust trafen. Er zuckte und ruckte ein wenig, das Blut färbte sein Hemd und den Mantel. Offenbar hatte sie das Herz oder eine große Arterie getroffen.
    Blinzelnd und schockiert starrte er Valmont an, öffnete den Mantel ein wenig weiter und betrachtete den wachsenden roten Fleck. Dabei bemerkte ich, dass seine Krawatte eher ein Stück altes graues Seil war. Obwohl er sie zur Zierde trug, war sie mit einem Henkersknoten befestigt.
    »Ich mag es nicht, wenn man mich unterbricht«, sagte der Mann scharf und böse. »Ich war noch nicht einmal bei den Vorstellungen angelangt. Es gibt gewisse Benimmregeln, meine junge Dame.«
    Die junge Dame gefiel mir. Sie antwortete prompt und feuerte noch einige Schüsse ab.
    Er stand keine drei Meter vor uns. Die blonde Diebin zielte mitten auf seinen Körper und verfehlte ihn kein einziges Mal. Der Mann verschränkte die Arme, als die Kugeln ihn trafen und neue, stark blutende Wunden aufrissen. Nach dem vierten Schuss verdrehte er die Augen und winkte mit der linken Hand, als wollte er sagen: »Nun mach schon.« Endlich war Valmonts Magazin leer, und es klickte nur noch metallisch.
    »Wo war ich stehengeblieben?«, fragte er.
    »Bei den Benimmregeln«, schnurrte der weibliche Dämon mit dem wilden Haar. Es klang ein wenig verzerrt, weil die großen Reißzähne störten, deren Spitzen beim Sprechen auf die Unterlippe drückten. »Bei den Benimmregeln, Vater.«
    »Auch wenn es kaum sinnvoll erscheint. Sie sind eine Diebin und haben mir etwas gestohlen, das mir am Herzen liegt. Geben Sie es mir sofort

Weitere Kostenlose Bücher