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Silbermantel

Titel: Silbermantel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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Toronto gedrungen war. Vierzehn ist schon ein seltsames Alter, dachte Dave und unterdrückte ein Grinsen. Er war überrascht darüber, wie fröhlich er war.
    »Revor ist unser strahlendster Held«, erklärte Tabor schwärmerisch. »Er hat den Großkönig während des Bael Rangat in der Schlacht gerettet, indem er durch Daniloth ritt, und ist belohnt worden mit dem Land der Ebene, das den Dalrei für immer gehören soll. Danach«, fuhr Tabor ernsthaft fort, »hat Revor eine große Versammlung aller Dalrei in Celidon einberufen, dem Zentrum der Ebene, und er hat gesagt, wenn dies nun unser Land sei, dann sei es angebracht, ihm irgendwie unseren Stempel aufzudrücken. Daraufhin wurden damals die Lager gebaut, damit unsere Stämme ein echtes Zuhause vorfänden, während sie den Eltor über die Ebene folgten.«
    »Wie lange ist das her?« fragte Dave. »Oh, vor langer, langer Zeit«, erwiderte Tabor und machte eine weit ausholende Handbewegung.
    »Revor langer Zeit?« gebrauchte Dave ein fragwürdiges Wortspiel und überraschte sich damit selber. Tabor schaute eine Sekunde lang verdutzt drein, dann kicherte er. Er war ein guter Junge, entschied Dave. Der Pferdeschwanz allerdings wirkte lächerlich.
    »Die Lager sind seither viele Male wieder aufgebaut worden«, nahm Tabor seinen Vortrag wieder auf. »Wir schlagen immer Holz, wenn wir in der Nähe eines Waldes sind – mit Ausnahme von Pendaran natürlich – und wir nehmen es ins nächste Lager mit, wenn wir weiterziehen. Manchmal sind die Lager völlig zerstört. Es brennt leicht, wenn die Ebene ausgetrocknet ist.«
    Dave nickte; das klang logisch. »Und ich nehme an, ihr müsst auch die Schäden beseitigen, die das Wetter und die Tiere zwischenzeitlich angerichtet haben.«
    »Das Wetter, ja«, gab Tabor zu. »Aber niemals die Tiere. Die Schamanen haben von Gwen Ystrat einen Zauberspruch zum Geschenk erhalten. Kein wildes Tier wagt sich jemals in die Lager.«
    Damit hatte Dave immer noch seine Probleme. Er erinnerte sich, wie Gereint, der alte blinde Schamane, am vergangenen Morgen ins Haus des Häuptlings geleitet worden war. Gereint hatte seine leeren Augenhöhlen sogleich auf ihn gerichtet. Dave hatte seinem Blick standgehalten, so gut er konnte – ein Zweikampf mit Blicken gegen einen blinden Mann –, aber als Gereint sich abgewandt hatte, hätte er am liebsten geschrien: »Was, verflucht noch einmal, hast du gesehen?«
    Die ganze Angelegenheit beunruhigte ihn zutiefst. Dies war jedoch der einzige unangenehme Moment gewesen. Ivor, der Häuptling, ein kleiner, zäher Bursche mit Lachfältchen um die Augen und einer bedachtsamen Art zu sprechen, war ganz in Ordnung gewesen.
    »Wenn Silbermantel nach Paras Derval unterwegs war, dann wird er wohl auch zu finden sein«, hatte er gefolgert. »Ich werde die Nachricht von deinem Eintreffen mit den Auberei nach Celidon schicken, und eine Gruppe von uns wird dich südwärts nach Brennin begleiten. Einigen unserer jüngeren Männer wird es gut tun, diese Reise zu machen, und obendrein habe ich eine Botschaft an Ailell, den Großkönig.«
    »Der Urgach?« hatte eine Stimme von der Tür herübergerufen, und Dave hatte sich umgedreht und Liane erblickt, Ivors braunhaarige Tochter.
    Levon hatte gelacht. »Vater«, hatte er vorgeschlagen, »wie wäre es, wenn wir sie gleich in den Stammesrat aufnehmen. Lauschen wird sie ohnehin.«
    Ivor hatte erzürnt und zugleich stolz dreingeschaut. In diesem Moment hatte Dave sich entschieden, den Häuptling gern zu haben.
    »Liane«, hatte Ivor sie gefragt, »benötigt deine Mutter dich nicht?«
    »Sie hat gesagt, ich stehe ihr im Weg herum.« »Wie ist es möglich, dass du ihr im Wege bist? Wir haben Gäste, es muss doch etwas für dich zu tun geben«, hatte Ivor verwundert entgegnet.
    »Ich zerschlage ihr Geschirr«, hatte Liane erklärt. »Geht es um den Urgach?«
    Dave hatte laut gelacht und war dann rot geworden unter dem Blick, den sie ihm zuwarf.
    »Ja«, hatte Ivor geantwortet. Doch dann hatte er Liane mit gleichmütiger Miene angesehen und hinzugefügt: »Meine Tochter, ich will mit dir Nachsicht üben, weil ich es nicht mag, meine Kinder vor Gästen zu bestrafen, aber du gehst zu weit. Es steht dir nicht zu, an Türen zu horchen. So verhält sich ein verwöhntes Kind, keine Frau.«
    Lianes schnippische Art war gänzlich verschwunden. Sie war blass geworden, und ihre Lippen hatten gezittert. »Es tut mir leid«, hatte sie keuchend hervorgebracht, hatte auf dem Absatz kehrtgemacht und

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