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Silbermuschel

Silbermuschel

Titel: Silbermuschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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elastische Kopfkissen. Eine Daunendecke, weich und federleicht, hüllte mich ein. Durch die Schiebewand aus Reispapier schien hell die Morgensonne. Schatten von Blättern und Zweigen bewegten sich auf dem milchigen Weiß. Die Glasscheibe dahinter war aufgezogen, und ich hörte das ferne Brausen des Verkehrs. Ich ließ meine Augen im Zimmer umherwandern; klein und sehr sauber war es, mit Matten ausgelegt. Die Holztäfelung schimmerte glatt und glänzend, und ich erinnerte mich, sie am Vorabend im Lampenlicht gesehen zu haben. Ich hatte geschlafen; nicht sehr lange vermutlich, aber tief und traumlos. Ich fühlte mich ausgeruht und erfrischt. Ich streckte mich, sank mit einem Seufzer des Wohlbehagens in mich zusammen.
    Ich hörte ein Rascheln von Papier, richtete mich auf den Ellbogen auf und sah Ken in Jeans und weißem T-Shirt an dem flachen Tisch sitzen. Er schrieb etwas in ein Notizbuch, doch jetzt waren seine Augen auf mich gerichtet.
    »Konnichiwa!« sagte er lächelnd. »Gut geschlafen?« Ich erwiderte sein Lächeln. Geschmeidig erhob er sich. Barfuß kam er auf mich zu, groß und schlank.
    Er kniete vor dem Futon nieder und hob mich in die Arme. Und wieder hatte er diese ihm eigene Geste, meinen Hinterkopf zu umfassen, mein Haar zu kraulen, indem er behutsam mein Gesicht an seine Brust drückte. Ich roch die frische Baumwolle und darunter seine Haut – und schlagartig kehrte meine Erinnerung zurück, stieg in mir hoch und überschwemmte mich wie eine Hitzewelle.
    Irgendwann mußte ich die Kontrolle über mich verloren haben. Irgendwann hatte ich Dinge gesagt und getan, die ich niemals hätte sagen oder tun dürfen. Ich hatte Ken auf mich zukommen sehen, diese paar Schritte, ich hatte es gesehen, noch halb im Schlaf. Aber nun, als er mich umarmte und ich seine Haut im Ausschnitt seines T-Shirts sah, diese goldgetönte, glatte und beinahe zarte Haut, da wurde mir auf einmal klar, daß keiner so weit in meine Gefühlswelt eingedrungen war wie er.
    Bisher hatte ich stets meine Ängste tief in mir behalten, und nun hatte ich diesem Mann erlaubt, jede Stelle, jeden Winkel, jeden Fleck meiner Schattenwelt zu erforschen. Ich selbst hatte ihm den Schlüssel dazu gegeben, hatte mich geöffnet und preisgegeben. Wie hatte er das nur fertiggebracht? Wie furchtbar, wie beschämend! Was mochte er bloß für einen Eindruck von mir haben?
    Doch seltsam, die schrecklichen Dinge berührten mich nicht mehr, als wären sie nicht mehr vorhanden, verschwunden wie ein Spuk. Die Schmerzen waren abgeklungen, die Schatten aufgelöst. In mir war eine Frische, eine Unbeschwertheit, sprühende Funken eines aufkommenden Glücksgefühls. Aber auf meinen Wangen brannte immer noch die Schamröte. Ich wagte ihm nicht ins Gesicht zu sehen. Das dauerte eine ganze Weile, er schwieg. Ich fühlte seine 264
    Schultern, seine Brust, seine Arme, die mich hielten. Seine Atemzüge waren mit den meinen so völlig im Gleichklang, als ob er es bewußt darauf abgesehen hätte.
    Seine Fingerkuppen kraulten mein Haar, weiter nichts. Ein ganz leichtes Streicheln nur, das meine Haut kaum berührte. Und doch eine aufwühlende Liebkosung, aus der alles Lebendige sprach, eine Zärtlichkeit, einfach unvergleichlich.
    Endlich konnte ich reden. Ich sagte das erste, was mir in den Sinn kam:
    »Wie spät ist es?«
    »Noch früh. Kurz nach sieben.«
    Die sanfte, kehlige Stimme klang ganz nahe, wie ein Echo in meiner Brust. Ich fragte:
    »Bist du schon lange wach?«
    »Ich habe genug geschlafen.«
    »Nach dem Abend, den wir hatten?«
    Sein leises Lachen hallte in mir nach, während ich mich zusammenkrampfte, ganz dicht an ihn preßte.
    »Das war vor zwei Abenden.«
    »Das kann doch nicht wahr sein!«
    Ich hob den Kopf mit einem plötzlichen Ruck. Unsere Augen begegneten sich; ich hatte einen anderen Ausdruck erwartet, einen Blick voller Bedauern und Zweifel, vielleicht auch vorwurfsvoll oder zumindest betroffen. Doch nichts von alledem: Seine honigbraunen Augen schimmerten ruhig und klar, von keinem Schatten getrübt. Und dazu noch das Blinzeln eines Halbwüchsigen, der sich über einen gelungenen Streich amüsiert.
    »Wie willst du das wissen? Du hast den ganzen Tag geschlafen und dazu noch die ganze Nacht. Rund um die Uhr, wie ein Baby.«
    Ich konnte es immer noch nicht glauben.
    »Und du?«
    »Ich?« Er bewegte den Kopf langsam hin und her, als ob er nachdachte. »Also, ich habe ein bißchen gearbeitet, ein bißchen gelesen… In die Glotze gestarrt und gegessen, was

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