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Silbermuschel

Silbermuschel

Titel: Silbermuschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Kontrollen, kein 53
    langes Warten. Unser Gepäck wurde nicht durchsucht. Wir wechselten Geld, bevor wir aus der Ankunfthalle traten. Busse fuhren in kürzeren Abständen vor. Franca wußte, wo wir die Scheine zu lösen hatten, welcher Bus zum City-Terminal fuhr.
    Die Fahrt dauerte über eine Stunde. Es dämmerte bereits; der Himmel blieb nur kurze Zeit rot, die Dunkelheit kam schnell. Auf beiden Seiten der Autobahn zogen Wohnblöcke, Lagerhäuser, unfertige Brückenteile, Eisenbahngleise und Kräne vorbei. Bunte Neonschriften zuckten und tanzten; Tausende von Blinklichtern funkelten auf der Autobahn, die, von mächtigen Pfeilern getragen, sich in einer weit ausholenden Schleife über ganze Stadtviertel hinzog. Dreifache Autoschlangen kamen aus allen Richtungen. Eine Zeitlang schleppte sich der Bus nur noch im Schrittempo vorwärts, bis er plötzlich in eine Kurve abschwenkte und in den unterirdischen City-Terminal tauchte. Wir stiegen aus, warteten müde und lethargisch vor dem Fließband und nahmen unsere Taschen in Empfang. Hinter aufschwingenden Glastüren standen Taxis. Franca hob die Hand. Ein Wagen fuhr vor, die Tür sprang automatisch auf. Der Fahrer, mit weißen Handschuhen, half uns das Gepäck zu verstauen. Er schloß die Wagentür mit einer Stange vom Fahrersitz aus und fuhr los. Der Wagen war klimatisiert, weich gepolstert; ich lehnte mich bequem zurück. Ein hellrosa Strahlenzelt schimmerte über der Stadt, die Umrisse der Gebäude traten, wie mit Tusche gezeichnet, hervor. Vor den hellen Rechtecken der Schaufenster kamen und gingen Passanten wie bewegliche schwarze Scherenschnitte. Geschäftsreklamen funkelten, blitzten, tanzten vor meinen müden Augen. In den hohen Fassaden beiderseits der Straße waren sämtliche Büros taghell erleuchtet. Hinter jedem Fenster sah man Angestellte, fast alle in weißen Hemden, sitzend, gehend, stehend, wie in einem Glaskasten der Außenwelt präsentiert.
    Das Hotel: ein prunkvoller Riesenkasten. Eine mit Sträuchern bewachsene Betonrampe, surrende Schiebetüren aus Glas. Ein gelblich gesprenkelter Marmorfußboden, wuchtige Kronleuchter, lautlos auf- und abfahrende Rolltreppen.
    In der schön getäfelten Empfangshalle stapelten sich Überseekoffer mit unzähligen bunten Aufklebeschildern, während amerikanische Touristen die Halle mit aufdringlichem Stimmengewirr erfüllten.
    Wir füllten die Anmeldezettel an der Rezeption aus. Eine lächelnde Empfangsdame in dunkelblauem Kostüm winkte einen blauuniformierten, schmächtig wirkenden Hoteldiener herbei, der mit erstaunlich festem Griff unser Gepäck in den Aufzug beförderte. Wir fuhren in den elften Stock. Franca und ich hatten Einzelzimmer gebucht. Der Hoteldiener schloß auf, drückte auf den Lichtschalter. Mein Zimmer war in Blautönen gehalten; Francas, gleich gegenüber, in Rehbraun. Man ließ seine Schuhe in einem winzigen Vorraum und schlüpfte in bereitgestellte Pantoffeln aus Wachstuch.
    Mein Blick wanderte durch den Raum. Zwischen Bett und Fenster ein niedriger Tisch mit einem Sessel, gegenüber eine Spiegelkommode aus schön poliertem 54
    Holz, daneben der Fernseher. Auf dem Tisch erblickte ich einen kleinen elektrischen Kocher, darauf eine Kanne. Zwei Gläser standen daneben, und in einem winzigen Körbchen steckte eine Anzahl Teebeutel. Die tapezierten Wände schimmerten seidig. Der Hoteldiener stellte meine Tasche auf die Gepäckablage, wies auf den Kühlschrank mit Bar. Er schaltete die Klimaanlage an, die sofort zu summen begann, öffnete die Tür zum hellerleuchteten Badezimmer. Hellblaue Wände, eine kleine, aber erstaunlich tiefe Badewanne, ein WC, ein Waschbecken mit Spiegel. Der Hoteldiener verneigte sich, verließ lautlos das Zimmer; Trinkgeld war in Japan nicht üblich. Ich trat ans Fenster. Das schwarze Häusergewirr ragte nah und klar in den Himmel, die Straßen funkelten wie Wasseradern. Vor meinen müden Augen flimmerten die Lichter wie Tropfen. Das Zittern verlieh der Dunkelheit etwas Lebendiges, Pulsierendes, als ob die Stadt mit Riesenlungen atmete.
    »Wie gefällt dir die Aussicht?«
    Ich hatte Franca nicht kommen hören und wandte verträumt den Blick zu ihr hin.
    »Wenn ich nur nicht diesen schweren Kopf hätte.«
    »Das macht die Zeitverschiebung. Hast du Hunger?«
    Ich verneinte, und Franca schlug einen Drink an der Bar vor.
    »Ich rufe Charles an. Vielleicht kommt er noch schnell vorbei. Mit der U-Bahn kann er in einer halben Stunde hier sein.«
    Ich packte meine Tasche aus; meine

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