Silberne Sterne über Montana
der sekundenlang ausgesetzt zu haben schien, und ihr dämmerte plötzlich, dass Codys Blick sie liebkoste.
"Cody?" Sie sprach seinen Namen so sanft aus, dass das Wort wie ein Schuss mitten ins Gesicht auf ihn wirkte. Sein Kopf schnellte zurück, das Feuer in seinen Augen erlosch, und er lächelte kalt. Tana hatte das Gefühl, als hätte sich irgendwo ein Fenster geöffnet, und alle Wärme würde aus dem Haus entweichen. "Es wird kühler, stimmt's?" sagte sie lahm, stand auf, um noch ein Holzscheit ins Feuer zu legen, und setzte sich dann völlig verwirrt wieder auf die Couch.
Anstatt zu antworten, sah er sie direkt an und fragte nun seinerseits völlig beziehungslos: "Du hast es also beschlossen, stimmt's?"
Sie zögerte und zog die Brauen zusammen. "Was?"
"Du hast beschlossen zu bleiben. Und selbst die Ranch zu bewirtschaften."
"Ich ... Ich habe darüber nachgedacht, bevor du hereingekommen bist."
"Und?" Sein Ton forderte Bestätigung für etwas, was sie sich bis jetzt selbst noch nicht eingestanden hatte.
Sie blickte auf ihre Hände hinunter, die sie im Schoß gefaltet hatte. Warum bedrängte Cody sie so? Warum klangen seine Worte so eindringlich, so fordernd? Ja, sie hatte mit dem Gedanken gespielt, nicht in die Stadt zurückzukehren. Aber sie musste diese Entscheidung nicht jetzt treffen. Es gab noch andere Alternativen ... Zach zum Beispiel...
Ihr Gesichtsausdruck wurde plötzlich gelöst, als ihr klar wurde, welche Wahlmöglichkeiten sie wirklich hatte. Sie hatte zwei. Sie konnte Rancher werden oder die Frau eines Ranchers -
insbesondere Zachs Frau. "Ja", sagte sie ruhig, "ich habe mich entschieden. Dies ist die Mitchell-Ranch, und ich bin eine Mitchell."
Er nickte, dann drehte er den Kopf zum Feuer und blickte starr in die Flammen. "Man sagt, dass Everett Mitchells Tochter die Arbeit auf einer Ranch hasse. Dass sie, nachdem ihr Vater gestorben war, nicht länger auf der Ranch habe bleiben wollen."
Tana, die ihr Nachthemd in Falten zog, senkte den Blick und sagte sanft: "Die Gerüchte waren wahr. Aber die Dinge haben sich geändert. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das Ganze überhaupt verstehe."
"Aber du bleibst?"
"Ja."
Sie konnte seinem Blick nichts entnehmen, wie sie ebenso wenig hätte sagen können, was die Farbnuancen eines Sommerhimmels zu bedeuten hatten. Sie meinte jedoch, einen Ausdruck von Bitterkeit in seinem Lächeln zu entdecken, eine Spur von Ironie.
"Es ist wegen des Landes, stimmt's?" sagte er leise, den Blick aufs Feuer gerichtet, und es klang, als würde er mit sich selbst '
sprechen. "Es liegt am Land. Wie weit du auch weggehst oder wie lange, am Ende holt es dich immer wieder zurück." Er schloss kurz die Augen, dann drehte er den Kopf zu ihr und sah sie an. "Verdammt", flüsterte er und bewegte dabei kaum die Lippen, "man könnte in deinen Augen ertrinken."
Wie in Zeitlupe öffnete Tana die Lippen, ihre Augen wurden ganz groß, und dann hob sie die Hand und presste sie auf ihren klopfenden Puls.
Plötzlich wandte Cody sich ab und schüttelte den Kopf, als wäre er über sich verärgert. "Genug jetzt zu diesem Thema." Er stand schnell auf. "Es ist Zeit, um schlafen zu gehen."
Nachdem er den Raum verlassen hatte, saß Tana noch lange da und blickte starr ins Feuer und fragte sich, ob das Rasen ihres Herzens sich jemals legen würde.
9. KAPITEL
Die Tage verliefen genau so, wie Tana sie aus den vom Schnee bestimmten Wintern während ihrer Jugend kannte: kurzes Duschen, kein Fernsehen, kein Licht in den Räumen, um Energie zu sparen, und das alles nur, damit die großen Generatoren auf Volldampf liefen und genügend Elektrizität für die Heizung in den Wassertanks für das Vieh produzierten und für den Ventilator im ölgefeuerten Heizofen.
Innerhalb eines einzigen Wintersturms war die Mitchell-Ranch um über hundert Jahre zurückversetzt worden. Entgegen der Ansicht ihrer Freunde und Bekannten in der Stadt gab es in den Bergregionen immer noch Orte im amerikanischen Westen, die nach wie vor von der Laune des Winters abhängig waren.
Mit dem ersten Blizzard wurde zu diesen Ranches in den Tälern, die nur durch einen einzigen Weg über den Pass zu erreichen waren, die Tür zur Zivilisation des zwanzigsten Jahrhunderts unvermittelt zugeschlagen, und diese öffnete sich dann bis Frühlingsanfang nicht wieder.
Eingebettet in das feuchte Tal der Big Snowy Mountains, war die Mitchell-Ranch im Winter völlig von der Außenwelt abgeschnitten, und nur die Routine war der
Weitere Kostenlose Bücher