Silberne Sterne über Montana
KAPITEL
Tana streckte sich auf der Wohnzimmercouch aus. Sie hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt, das Gesicht dem Kamin zugewandt und fühlte sich glücklich und völlig entspannt.
Irgendwie war der heutige an sich gleichförmigere Tagesablauf anstrengender und spannungsgeladener gewesen als der gestrige verrückte Ritt den Abhang hinunter auf den Sattelplatz zu. Kam das vielleicht daher, dass Cody heute so anders gewesen war als oben in den Bergen, wo sie allein gewesen waren? Trotz der Kälte und der Gefahr dort droben war er lockerer gewesen - in seinem Element, natürlich. Irritierte es ihn vielleicht, in einem Haus eingeschlossen zu sein? Die Spannung jedenfalls, unter der er stand, war beim Abendessen beinahe fühlbar und ausgesprochen ansteckend gewesen.
Tana war wie befreit, als sie nach dem Abwasch nach oben ging, um zu duschen, und noch erleichterter, danach unten niemanden vorzufinden. Offensichtlich waren Cody und Hazel früh schlafen gegangen, und Tana genoss es, allein zu sein.
Sie streckte die Beine aus, so dass ihre bloßen Zehen unter dem Saum ihres alten puderblauen Nachthemds hervorlugten.
Als sie in die Dusche gegangen war und es an der Badtür hängen gesehen hatte, hatte sie gelächelt, und obwohl sie wusste, dass Hazel es gerade erst herausgeholt hatte, hatte es den Anschein gehabt, als hätte es sich dort die vergangenen sechs Jahre befunden, nur um auf ihre Rückkehr zu warten. Es war irgendwie aufregend, wie der weiche Flanellstoff ihren Körper umschmeichelte. Es fühlte sich so gut an und vermittelte ihr das Gefühl, zu Hause zu sein.
Tana tastete nach dem Kragen, an dem schon immer ein Knopf gefehlt hatte, solange sie sich erinnern konnte, und dachte, dass der Mensch ein merkwürdiges Wesen sei, indem er Sicherheit bei etwas so Einfachem fand wie einigen Ellen alten Stoffs. Sie fuhr leicht hoch, als ein Kiefernscheit im Feuer explodierte, dann entspannte sie sich wieder. Komisch. Sie hatte erwartet, sich entsetzlich allein zu fühlen vor dem Kamin, vor dem sie und ihr Vater während ihrer Jugend so manchen Abend zusammen verbracht hatten. Stattdessen hatte sie hier auf seltsame Art Trost gefunden, als hätte die Feuerstelle - ebenso wie ihr Nachthemd - all diese Jahre auf ihre Rückkehr gewartet.
Das Gefühl, nach Hause gekommen zu sein, war so stark, dass sie sogar leicht lächelte, als sie ihr langes Haar vor den Flammen trocknete. Und in dem Moment, in dem sie auf die Couch kroch, begann sie zu glauben, dass dieses Land, dieses Haus schließlich doch nach allem ihre Heimat sein könnten.
Sollte das tatsächlich so sein? War es möglich, dass sie sich sechs Jahre lang im Kreis bewegt hatte und jetzt zu ihrer Ausgangsposition zurückgekehrt war?
Sie drehte sich auf die Seite und betrachtete ihr Haar, das sich wie ein glänzendes schwarzes Laken über ihrem Arm ausbreitete. Ich werde es morgen abschneiden, dachte sie benommen, kuschelte sich tiefer in die abgewetzten Lederkissen und strich sich eine verirrte Strähne von den Augen, die sie kaum noch offen halten konnte. Zu einer Frau, die auf einer Ranch arbeitete, passte langes Haar einfach nicht, oder?
Weshalb also noch länger vorgeben, zum Unterrichten in die Stadt zurückkehren zu wollen, zu den Männern in den maßgeschneiderten Anzügen und den Frauen auf den hohen Absätzen. Nicht nach gestern. Sie ließ die Augen geschlossen und lauschte dem gleichmäßigen Knistern des Feuers und dem gedämpften Heulen des Windes ums Haus.
Tana wusste nicht, wie lange sie geschlafen hatte, als so etwas wie ein sechster Sinn sie sich auf den Rücken rollen und die Augen öffnen ließ. Sie atmete tief ein, als sie Cody hinter der Couch stehen sah, der ruhig auf sie herabblickte.
"Es tut mir Leid." Sein Lächeln schien um Entschuldigung zu bitten, während er Tana unverwandt anblickte. "Ich wusste nicht, dass jemand hier war. Ich nahm an, du seist schlafen gegangen."
Sie setzte sich auf und rutschte dann in die Couchecke, die bloßen Füße unter den Körper gezogen. "Ich dachte, du seist ins Bett gegangen. Wie lange stehst du hier schon?"
"Nicht lange." Sein Blick schweifte zu ihrem Nacken, schien dort zu verweilen, wo der Knopf an ihrem Nachthemd fehlte, dann drehte Cody sich um und hinkte durch den Raum zum Fenster und spähte hinaus in die verschneite Nacht.
Tana beobachtete ihn in seinen Bewegungen, die trotz seines Hinkens geschmeidig wirkten, und musste gegen dieselbe wachsende Atemlosigkeit ankämpfen, die sie als
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