Silberne Sterne über Montana
die Hand gestützt. Sie sah Cody direkt an und freute sich, dass sie ihn offensichtlich nervös machte. Ihre Zuneigung zu ihm wuchs täglich, und obwohl er sich draußen im Stall noch geweigert hatte, es zuzugeben, hatte er letztlich doch bestätigt, dass zwischen ihnen eine körperliche Anziehungskraft bestand.
Welches dunkle Geheimnis ließ ihn so distanziert sein?
Jetzt, da sie darüber nachdachte, fiel ihr auf, dass er seit Tagen direkten Fragen über sein bisheriges Leben ausgewichen war. Er hatte sich lachend geweigert, über sich oder seine Vergangenheit zu sprechen, und das Thema so geschickt gewechselt, dass nicht einmal Hazel der Verdacht gekommen war, er habe etwas zu verheimlichen. War er ein Verbrecher auf der Flucht? Ein Mann, der sich seiner ehelichen Pflichten entziehen wollte? Oder - wie es mehr den Anschein hatte -
lediglich ein Cowboy, der von Ort zu Ort zog und verschlossen war wie alle diese Typen und Gefühle nicht zuließ, weil die höchstens seine Freiheit bedroht hätten? War die Antwort wirklich so einfach? Tana hatte schon vor Tagen beschlossen, dass es egal war, wer Douglas Cody gewesen war. Von Bedeutung war, was er jetzt darstellte. Er zeigte Gespür für diese Berge und Täler und das Leben hier, so wie sie es schon vor Jahren als junges Mädchen in äußerster Freiheit auf dieser Ranch geführt hatte. Damals, als Teenager, der von den hellen Lichtern, von Theatern und Restaurants und all den Verführungen der Stadt träumte, hatte sie es nicht als Freiheit empfunden - natürlich nicht.
Es war beinahe so, als würden Cody und sie gemeinsame Erinnerungen wieder auffrischen, und zwar auf einer gefühlsmäßigen Ebene, ohne dass sie darüber sprechen mussten.
Wie in jener Nacht, als sie ihn im Vorhof angetroffen hatte, wo er, den Kopf zurückgeneigt, zum sternenübersäten Firmament Montanas hinaufgesehen hatte. Es war drei Tage nach dem Sturm gewesen, und ein bitterkalter Wind war noch immer über die Berge hinweggefegt und hatte meterhohe, unpassierbare Verwehungen aufgetürmt, aber die Wolken waren ostwärts gezogen, und der Himmel war klar gewesen.
Tana wusste, wie einschüchternd die majestätische Größe von Montanas Nachthimmel auf viele Menschen wirkte - was aber nicht auf die Männer und Frauen unter ihm zutraf, die dankbar und voller Ehrfurcht das vom Land nahmen, was sie zum Leben benötigten. Nur die hatten das Recht, unter diesem Himmel zu stehen, mit hoch erhobenem Kopf und gestrafften Schultern. Ihr Vater war einer von ihnen gewesen, und Douglas Cody war ein weiterer. Hazel hatte Recht. Er gehörte hierher. Er hatte sie damals erschreckt, als er ihre Gedanken ausgesprochen hatte, die für sie, nicht jedoch für ihn galten.
"Du gehörst hierher", hatte er zu ihr gesagt, ohne auf sie niederzublicken, und das war plötzlich so einleuchtend, dass sie nicht mehr verstand, warum sie es jemals hatte leugnen können.
Als sie jetzt Cody anblickte, erinnerte sie sich an diese Nacht, und sie sah keinen müden Mann, der gespannt verfolgte, wie Hazel umherwieselte. Sie sah vielmehr den Mann von dort draußen, der den Kopf erhoben und die Schultern gestrafft hatte und die Wunder eines Nachthimmels mit der Inbesitznahme eines Liebhabers in sich aufgenommen hatte.
"... und das ist, wenn Dinge den Bach runterzugehen beginnen", sagte Hazel gerade und beantwortete offenbar eine Frage bezüglich der Finanzen der Ranch. "Und war es mit dem Blizzard im Frühling noch nicht genug, dann hatten wir's mit der Trockenheit zu tun. An einen besonders schlimmen kann ich mich noch erinnern, und ich bin schon einige Jahre hier, das kann ich wohl zu Recht behaupten." Sie schüttelte den Kopf und sah plötzlich finster drein.
"Die Weiden waren so abgegrast, dass Zach zufüttern musste, aber auch das brachte nichts. Die Widerstandskraft des Viehs war erschöpft. Krankheiten rafften sie zu Hunderten dahin. Ah."
Sie rieb sich die Augen und zuckte dabei die Schultern. "Man sollte daran wirklich nicht mehr denken. Es waren schlechte, sehr schlechte Zeiten." Tana streckte die Hand aus und berührte Hazels Arm.
"Aber sie sind vorüber", erinnerte sie sie und lächelte leicht.
"Wenn der Frühling kommt, werden wir die Kälber der jetzt trächtigen Rinder verkaufen und dann genug Geld haben, um die Hypothek abzulösen. Es wird alles gut, Hazel."
Hazel sah flüchtig zu Tana hinüber und sah in ihr das Kind, das sie jahrelang getröstet und mit aufgezogen hatte, und empfand plötzlich den
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