Silberne Sterne über Montana
sie nicht in der Lage zu sein, ihren Körper zu beherrschen.
Wo war ihr Verstand heute Morgen in der Garderobe gewesen? Im Urlaub?
"Tana, du wetzt mit deiner Rennerei noch die Fliesen ab.
Komm, setz dich."
Tana blieb vor der Spüle stehen und blickte zu Hazel, die am Tisch saß. "Ich kann besser denken, wenn ich laufe."
"Okay, dann hör auf damit. Du denkst zu viel, mehr als dir bekommt."
"Du klingst wie Dad." Tana lächelte leicht. Sie drehte sich um und blickte durchs Küchenfenster hinaus in die kalte Nacht und fröstelte plötzlich. Obwohl es seit einer Stunde stockdunkel war, reflektierte der Schnee das Licht des Vollmondes.
In einiger Entfernung zauberte der Schattenwurf des Koppelzauns grau gezackte Linien auf die Schneedecke. Tana betrachtete die Muster, die wie von Kinderhand gezeichnet wirkten, und rieb sich die Arme.
"Wir hätten ihn nicht allein nach draußen gehen lassen dürfen, Hazel. Es wird Ärger geben."
Die ältere Frau seufzte. "Du hast die Männer jetzt tagelang begluckt. Es wird Zeit, dass sie die Dinge untereinander austragen. Außerdem bist du hier, wie du dich vielleicht erinnern solltest, der Boss, und sie sind die Untergebenen.
Solange du genügend Hilfe bekommst, solltest du ohnehin nicht die Arbeit allein machen. Übrigens meiner Meinung nach die einzige kluge Bemerkung, die Zach seit seiner Rückkehr von sich gegeben hat."
Tana ging zum Tisch und ließ sich in den Stuhl sinken, der Hazel am nächsten stand. "Dass Zach das vorgeschlagen hat, quält mich am meisten. Warum will er dort draußen mit Cody allein sein?"
"Vermutlich, um Tacheles zu reden. Wie ich schon sagte, es ist Zeit, dass die beiden ihre Meinungsverschiedenheiten beilegen."
Tana schnitt ihr ein Gesicht. "Heute Morgen hast du gesagt, sie seien im Begriff, einander umzubringen, und ganz plötzlich hältst du sie für Diplomaten."
Hazel kicherte. "Ich habe nicht gesagt, wie sie ihre Angelegenheiten bereinigen werden. Ich wette aber, dass einer -
oder auch beide - ein bisschen mitgenommener zurückkommen wird, als er uns verlassen hat."
"Wie bitte? Du gehst davon aus, dass sie miteinander kämpfen werden?"
"Selbstverständlich werden sie es tun. Sie sind doch Cowboys, oder? Und sie hassen einander, und beide möchten das Gift loswerden ... he! Wohin willst du denn?"
Tana war vom Stuhl aufgesprungen und rannte zur Garderobe. Hazel folgte ihr.
"Tana", schalt Hazel, "lass sie. Manchmal ist es für zwei Männer der einzige Weg, ihre Streitigkeiten auszufechten."
"O Hazel!" Tana stieß die Füße in die Snowboots und zog sich einen Parka über. "Auch wenn wir in der Wildnis leben, müssen wir uns nicht wie Tiere benehmen."
"Wir alle sind wie die Tiere", sagte Hazel leise. "Einige von uns tun nur so, als wären sie besser als andere."
Tana sah sie verärgert an und verschwand dann draußen in der Dunkelheit.
Der Schnee knirschte unter ihren Stiefeln, als sie den vom Mondlicht erhellten Hof überquerte und auf die Scheune zuging.
Keine Schreie, die das Blut in den Adern gefrieren ließen, durchbrachen die Nacht, kein Brüllen der Rinder, die vom Dachboden stürzenden Körpern auswichen.
"Das ist ein gutes Zeichen", sagte sie atemlos vor sich hin und rannte immer schneller und presste die Lippen aufeinander, als ihr plötzlich bewusst wurde, dass sie Selbstgespräche führte.
Auf halbem Weg zur Scheune - ihr prickelte vor Kälte schon die Nase - wurde sie plötzlich ärgerlich, weil sie sich wieder dort befand, wo Männer noch ihre Streitigkeiten mit den Fäusten ausfochten.
"Wir sind viel zu sehr voneinander abhängig, um Streitigkeiten auf die lange Bank zu schieben", hatte ihr Vater ihr einmal gesagt und sie in ihrer Wut zu besänftigen versucht, als er zwei seiner Arbeiter einen Kampf im Hof hatte austragen lassen. "Es mag vielleicht nicht zivilisiert sein, aber manchmal frage ich mich, ob zivilisiertes Benehmen nicht so etwas wie eine Bandage um eine faulende Wunde ist. Wenngleich man nicht jede Verletzung so heilen kann."
Sie blieb vor der Scheunentür stehen und seufzte. Tana fuhr sich mit dem Handschuh übers Gesicht, als könnte sie so ihre Sorgen vertreiben, und betrat die Traktordurchfahrt. Über Tana baumelte als einzige Lichtquelle eine Glühbirne, und außerhalb ihres Lichtkegels war der Gang dunkel.
Sie lächelte leicht, als sie hörte, wie ein Heuballen auf den Dachboden über ihr geworfen wurde, und fühlte sich ein bisschen schuldig, die Männer jemals verdächtigt zu haben, sie könnten
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