Silberne Sterne über Montana
harmloser Kuss, keiner, auf den man mit Abwehr reagieren würde. Doch bevor es ihr bewusst wurde, verstärkte sich der Druck seiner Lippen, und sein Kuss wurde fordernder, Zachs Atem ging plötzlich stoßweise, und er drängte sie mit seinem Körper gegen die Wand. Seine unerwartete Aggressivität verblüffte sie so, dass sie nur schwach lachen konnte, bis sie schließlich in der Lage war, den Kopf zur Seite zu drehen.
"Zach, was machst du da?" stöhnte sie und war irritiert, dass sie eher eingeschüchtert als empört klang.
"Gute Frage."
Die Tür schlug gegen die Außenmauer, als Cody eintrat. Der pelzbesetzte Saum seines Parkas war eisverkrustet und sein Gesicht gerötet.
"Cody", flüsterte Tana und wich zurück wie ein verlegenes Schulmädchen. Sie versuchte, in Codys Miene zu lesen, wie er die Situation einschätzte, in die er geplatzt war, aber sie war ausdruckslos. "Wir dachten, du seist noch oben", erklärte sie und wünschte sofort, die nichts sagenden Worte nicht ausgesprochen zu haben.
Er sah schweigend von ihr zu Zach und zurück. "Schon verstanden", erwiderte er trocken. "Ich störe also."
"Ganz richtig." Zachs Augen glitzerten, während seine Gesichtszüge starr und wie aus Stein gemeißelt schienen.
Ohne zu wissen, warum, trat Tana schnell zwischen die beiden Männer und sah dabei Cody an. Über ihre Schulter hinweg sah er jedoch Zach an. "Du hast schon deinèSchulaufgaben´ gemacht?" fragte sie.
Er nickte, blickte aber weiterhin über sie hinweg Zach starr an. "Ich konnte nicht schlafen und bin früh hinausgegangen."
"Dann können wir ja frühstücken. Komm, Zach." Sie zog ihn am Arm, aber er nahm es nicht zur Kenntnis, und beim zweiten Mal schüttelte er ihre Hand ab wie eine lästige Fliege.
Tana blickte ihn starr an. Er schien sie überhaupt nicht zu bemerken. Sie wandte den Kopf zu Cody, aber auch er nahm keine Notiz von ihr. In diesem Moment begriff sie, dass Zach gelogen hatte. Etwas weitaus Tiefergehendes als Eifersucht stand zwischen den beiden Männern - etwas, das nichts mit ihr zu tun hatte.
"Zach", sagte sie eindringlich, und er wandte ihr unvermittelt den Blick zu, als würde er sich plötzlich an ihre Gegenwart erinnern.
"Okay", murmelte er finster, zog seinen Mantel aus und warf ihn so heftig auf den Haken, dass Tana sich wunderte, dass er ihn dabei nicht aus der Wand riss. Überrascht runzelte sie die Stirn und beobachtete, wie er in die Küche stürmte und die Tür hinter sich zuschlug.
"Was ist mit euch beiden los?" fragte sie Cody herausfordernd.
"Was denkst du denn?"
"Dass ihr beide verrückt seid", erwiderte sie bissig. "Ich denke, man sollte euch geladene Gewehre geben und euch einsperren, damit ihr zur Besinnung kommt."
"Tana." Sein Ton veranlasste sie, sich zu ihm umzudrehen und ihn anzusehen. Er sah müde aus.
"Hier stimmt etwas nicht", sagte er ruhig. Sie verdrehte die Augen und lachte kurz und atemlos auf.
"Mach keine Witze."
"Ich denke, du wirst es zurzeit nicht verstehen."
"Was verstehen?" Sie schrie es fast. "Natürlich verstehe ich es nicht. Niemand tut es. Hazel glaubt, ihr seid wie zwei verrückte Bullen. Zach denkt, dass er Konkurrenz von einem Mann bekommen hat, der mich wie eine Plage meidet, und du glaubst einem Jahrhundertmysterium auf der Spur zu sein, und ich ..." Sie zuckte frustriert die Schultern.
"Verrückte Bullen?"
Sie schüttelte den Kopf und ging auf die Küchentür zu.
"Mach dir nichts draus."
In Sekundenschnelle stand er von der Bank auf und baute sich zwischen ihr und der Tür auf. Seine Bewegung war so heftig, dass sie zurückwich, ohne zu wissen, was sie erwartete.
Er stand aber nur da und sah auf sie herab. Seine Miene war ausdruckslos.
"Ich möchte, dass du weißt", sagte er steif und bewegte dabei kaum die Lippen, "dass ich in meinem Leben Schweres durchgemacht habe." Seine Nasenflügel bebten leicht. "Nichts aber ist bisher so hart gewesen wie die letzten Wochen hier ...
und sich Dinge zu wünschen ... die zu wünschen, ich kein Recht habe."
Tana blinzelte. Der frische Schneegeruch und die Kälte, die von seinem Mantel ausgingen, hüllten sie ein. Codys Blick sprach Bände. Er drückte verzweifeltes Verlangen und den Schmerz der Selbstverleugnung aus.
Sie bemerkte, dass sie die Hand nach seinem Gesicht ausstreckte, und fragte sich gedankenverloren, ob sie es lediglich instinktiv getan hatte. Und was war daran so schlecht, wenn sie ihre Befangenheit abgelegt hatte? Brachten die Menschen nicht immer ihr Leben in
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