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Silbernes Mondlicht, das dich streichelt

Silbernes Mondlicht, das dich streichelt

Titel: Silbernes Mondlicht, das dich streichelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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Menschlichkeit so unendlich lange
vermißt hatte.
    Falls ich nach Bright River
zurückkehre, fuhr Neely in ihren Überlegungen fort, bringe ich Ben und Danny
wieder in Gefahr. Es bleibt mir also nur mein ursprünglicher Plan — den Stier
an den Hörnern zu packen und auf direktem Wege nach Washington fahren. Ich
werde Dallas Hargrove aufsuchen, entweder in seinem Büro oder im Capitol, und
wenn seine Komplizen mich erschießen wollen, dann sollen sie es vor dem versammelten
Kongreß tun. Sie startete den Motor des Wagens, legte resolut den ersten Gang
ein und lenkte den Sportwagen auf die matschbedeckte Straße.
    Nein, protestierte Aidan stumm, aber
natürlich nützte es ihm nichts, weil Neely gar nicht bewußt war, daß er bei ihr
war, obwohl er selbst jeden einzelnen ihrer Pulsschläge mitempfand.
    Eine gute Stunde begleitete Aidan
Neely im Geiste auf ihrer Reise, aber die Anstrengung erschöpfte ihn so, daß er
sich schließlich von ihr zurückzog. Es war dumm von ihm gewesen, begriff er
jetzt, seine Kraft zu schmälern, indem er Lisette und die Bruderschaft
aufsuchte. Jetzt, wo seine Macht Neely erhebliche Vorteile gebracht hätte, war
er zu schwach, um sich auch nur von seinem Lager zu erheben.
    Er sank in einen leichten Schlaf,
und als er erwachte, beherrschte ihn ein rasender Hunger und ein Gefühl entsetzlicher
Dringlichkeit.
    Er mußte aufstehen, sich ernähren
und sich zu Neely begeben, und die Tatsache, daß all dies vielleicht gar nicht
möglich sein würde, war völlig zweitrangig. In diesem Augenblick blieb Aidan
gar keine andere Wahl.
    Er schüttelte den Kopf und kämpfte
gegen seine Benommenheit und die teuflische Schwäche, die ihn beherrschte.
    Nach einem harten Kampf gelang es
ihm, sich auf einen Ellbogen zu stützen. Die Anstrengung verzerrte sein
Gesicht und löste ein schmerzhaftes Brennen in seinem Körper aus, aber er
widerstand der Versuchung, sich wieder hinzulegen. Unter Aufbietung seiner
ganzen Willenskraft richtete er sich schließlich in eine sitzende Stellung auf
und glitt zitternd von der Couch.
    Er brauchte Blut, eine Menge Blut,
und zwar so schnell wie möglich.
    Fieberhaft dachte Aidan nach. Die
dicken Mauern der Krypta ließen weder das Licht der Sonne noch des Mondes ein,
doch er wußte, daß es Nacht sein mußte, weil er bei Bewußtsein war. Was er nicht wußte, war, wann die Morgendämmerung hereinbrach. Wieviel Zeit mochte er in
seinem Delirium verloren haben?
    Falls er nicht richtig kalkulierte
und bei Sonnenaufgang noch im Freien war, würde das einen grauenhaften Tod
bedeuten.
    Der Gedanke an Neely half ihm, neuen
Mut in sich zu finden. Mit steifen Beinen ging er von einer Seite der
Grabkammer zur anderen und zwang seine hölzernen Glieder zur Bewegung.
    Er wollte Neely wiederfinden, wollte
sehen, wo sie war, aber er wagte es nicht, Energie zu verschwenden. Bevor du
irgend etwas anderes versuchst, ermahnte Aidan sich, mußt du zuerst einmal
Nahrung zu dir nehmen.
    Alle drei Stockwerke von Senator Dallas
Hargroves eleganter Residenz in Georgetown waren hell erleuchtet, obwohl es
schon fast drei Uhr morgens war, als Neely die Stadt erreichte. Sie war
dreizehn Stunden lang ununterbrochen gefahren, war ausgehungert und zu Tode
erschöpft. Aber die Tatsache, daß sie nun endlich angekommen war, gab ihr neue
Kraft.
    Sie schaute sich um, sah
Weihnachtsschmuck an Tür und Fenstern des stattlichen Hauses. Eine leise Wehmut
erfaßte sie, als sie aus Aidans Wagen stieg. War Thanksgiving irgendwie an ihr
vorbeigerauscht?
    Nicht einmal das Datum war ihr
bekannt, stellte sie verblüfft fest und hoffte, daß Ben und Danny sich einen
Truthahn zum Fest gebraten und vielleicht Doris, die neue Kellnerin, zum Essen
eingeladen hatten.
    Steifbeinig vom langen Sitzen ging
Neely die Einfahrt zum Haus hinauf und betätigte die Klingel. Der Senator
persönlich öffnete die Tür. Als er Neely erblickte, fluchte er und versuchte,
ihr den Weg zu verstellen. Aber sie war schneller, schob sich an Hargrove
vorbei und blieb erst in der großen Eingangshalle stehen.
    »Sind Sie lebensmüde?« fuhr der
Senator sie zornig an. Er trug kein Jackett, sein Hemd stand am Kragen offen,
die Krawatte hing schief. Tiefe Schatten umrahmten die Augen, die Wangen waren
hager und eingefallen, und er schien sich seit Tagen nicht mehr rasiert zu
haben. »Verdammt, Neely — ich habe getan, was ich konnte, um Sie zu warnen! Es
ist ein Wunder, daß Sie noch am Leben sind ...«
    Neely wich keinen Schritt zurück,
obwohl

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