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Silbernes Mondlicht, das dich streichelt

Silbernes Mondlicht, das dich streichelt

Titel: Silbernes Mondlicht, das dich streichelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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sie tragen.
    Aus dem verzweifelten Wunsch heraus,
sich von ihren düsteren Gedanken abzulenken, kehrte sie ins Wohnzimmer zurück
und schaltete den Fernsehapparat ein, um sich die Nachrichten anzusehen.
    Doch nichts wurde berichtet über den
Skandal um Senator Hargrove und seine Freunde aus dem Drogenkartell, und Neelys
Unbehagen nahm zu. Schon einmal hatte sie versucht, ein Unrecht aufzudecken und
einen großen Autoritätsmißbrauch anzuprangern, doch ihre Kontaktperson beim FBI
hatte sie verraten. Angenommen, Melody Ling würde jetzt das gleiche tun?
    Neely warf einen Blick aufs Telefon,
aber sie war zu ängstlich, um Miss Lings Redaktion von diesem Apparat aus
anzurufen. Sie wußte, daß die moderne Technologie es ermöglichen würde, den
Anruf bis zum Haus zurückzuverfolgen.
    Sie zog ihren warmen Mantel und
dicke Stiefel an, die sie im Keller des Hauses gefunden hatte, und verließ das
Haus. Sie hatte die rote Perücke und die Sonnenbrille in Timber Cove in einen
Abfalleimer geworfen, sonst hätte sie sie jetzt getragen.
    Es hatte die ganze Nacht geschneit,
und Aidans kleiner Sportwagen blieb schon in der Einfahrt in den Schneeverwehungen
stecken. Neely stieg aus und ging in den Schuppen, um eine Schaufel zu holen.
Nach einer guten halben Stunde Arbeit hatte sie die Einfahrt vom Schnee
befreit; die Straße selbst stellte kein Problem dar, sie war gestreut. Als
Neely ins Haus zurückkehrte, um ihre Tasche und die Wagenschlüssel zu holen,
erstarrte sie und lauschte wie gelähmt auf etwas, das nichts als ein ganz
alltägliches Geräusch war.
    Das Telefon klingelte.
    Neely hatte niemandem ihre Nummer
gegeben, hatte nicht einmal Wendy in London verständigt, daß sie ihr Haus benutzen
würde. Niemand — außer Aidan und Valerian, die ohnehin kein Telefon benötigten
— konnte wissen, wo sie sich aufhielt.
    Sie zögerte, die Hand schon auf dem
Hörer. Das Klingeln dauerte an, und Neely dachte blitzschnell nach. Hatte sie
Ben die Nummer gegeben, oder Melody Ling, und es schlicht vergessen? Nein. So
etwas vergaß man nicht, schon gar nicht, wenn Geheimhaltung so lebenswichtig
war wie in ihrem Fall.
    Als sie das entsetzlich schrille
Läuten nicht mehr ertrug, nahm sie den Hörer ab und meldete sich mit einem
tiefen >Hallo<, in der Hoffnung, daß sie wie die Stimme eines Mannes klang.
    »Neely?«
    Ihr Blut erstarrte zu Eis und stach
wie tausend kleine Nadeln in ihre Venen. Die Stimme war weiblich und ihr
irgendwie vertraut, aber Neely konnte sie mit keinem Gesicht oder Namen in
Verbindung bringen.
    »Neely — hören Sie mich?«
    Sie schloß die Augen und atmete tief
aus. Sie hatte sich bereits verraten, indem sie so lange in der Leitung
geblieben war. »Wer spricht dort?« fragte sie.
    »Lisa Nelson — Senator Hargroves
Sekretärin ...«
    Wie dumm von mir, mir einzubilden,
daß sie mich nicht finden würden, dachte
Neely betroffen. Bevor sie jedoch etwas erwidern oder einfach auflegen konnte,
fuhr Lisa fort: »Senator Hargrove bat mich, Ihnen zu sagen, daß einige
gemeinsame Freunde auf dem Weg zu Ihnen sind, um Sie zur Messe abzuholen.«
    »Welche Messe?« fragte Neely und
warf einen ärgerlichen Blick auf den schwarzen Fernsehbildschirm. Hargroves
Botschaft mußte eine Warnung darstellen; wenn Elaine ihrer Krankheit oder ihren
Unfallverletzungen erlegen wäre, hätten die Nachrichtensender mit Sicherheit
davon berichtet.
    »Er sagte nur, daß es sich um eine
Beerdigung handelte. Ist nicht irgendein gemeinsamer Freund von Ihnen verstorben?«
    Neelys Herz klopfte plötzlich zum
Zerspringen. Sie war froh, daß Mrs. Hargrove noch am Leben war, doch zugleich
wurde ihr auf schmerzhafte Weise bewußt, daß ihre eigenen Tage vielleicht
sogar ihre Stunden oder Minuten — gezählt waren. »Ja, das stimmt«, sagte sie.
»Vielen Dank, Lisa.« Dann legte sie auf, warf ihre wenigen Kleidungsstücke in
einen Koffer und rannte zum Wagen hinaus.
    Sie war schon ein gutes Stück
gefahren, als ihr auffiel, daß sie in Richtung Washington unterwegs war. Aber
das war vielleicht ganz gut so. Während sie vorher an einem abgelegenen Ort
Zuflucht gesucht hatte, bei Ben und Danny in Bright River, würde sie jetzt
versuchen, sich mitten in einer belebten Stadt zu verbergen.
    Neely fuhr, bis sie blind vor
Erschöpfung war. Dann hielt sie auf einem Parkplatz, verriegelte die Türen und
schlief im Wagen, den Kopf auf das Steuer gelegt. Am nächsten Morgen
frühstückte sie in einem Landgasthof und aß Frankfurter Würstchen zu ihrem
Kaffee,

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