Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Silberschweine

Silberschweine

Titel: Silberschweine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
Tisch mit Bänken für Besprechungen. In den zahlreichen Kerzenhaltern brannten Lichter, denn es war spät. Seine Sekretäre waren schon nach Hause gegangen.
    Er schenkte mir Wein ein. Nette Geste, dachte ich, er will mir die Befangenheit nehmen – oder mich in Sicherheit wiegen! schoß es mir plötzlich durch den Kopf.
    Mit ermüdender Gründlichkeit fragte er mich aus. Verglichen mit diesem Hilaris war mein Klient Camillus Verus eine weiche Pflaume. Ich hatte den Prokurator schon von meiner Verdächtigenliste gestrichen, aber er ließ es sich nicht nehmen, über den Kaiser zu sprechen und deutlich zu machen, wo seine Sympathien lagen.
    »Es gibt keinen Besseren für das Reich – und das ist in Rom etwas völlig Neues! Vespasians Vater war noch ein bürgerlicher Finanzbeamter, und Vespasian ist schon Kaiser. Mein Vater war ebenfalls Finanzbeamter – und ich bin auch einer!«
    Er wurde mir immer sympathischer. »Es ist nicht ganz dasselbe, Prokurator. Sie sind der führende Zivilbeamte in einer angesehenen neuen Provinz, und der Kaiser betrachtet Sie als seinen Freund! Keiner außer dem Statthalter hat in Britannien mehr Gewicht als Sie. Die höchste Stelle, die dagegen Ihr Vater je innehatte, war die eines Steuereintreibers dritter Klasse in einem dalmatinischen Städtchen.« Ich wußte das alles, weil ich mich ein bißchen mit seiner Vergangenheit beschäftigt hatte. Er begriff und lächelte. Ich lächelte auch.
    »Und Ihr Vater war ein Auktionator«, konterte er. Mein Vater war schon so lange verschwunden, daß sich nur wenige Leute an diese Tatsache erinnerten.
    »Vielleicht ist er noch immer einer!« meinte ich verdrießlich.
    Er sagte nichts dazu. Ein höflicher Mann, aber einer, der Erkundigungen über mich eingezogen hatte, bevor ich in seine Provinz kam.
    »Und was Sie angeht, Falco, zwei Jahre Dienst beim Heer und weitere fünf als Kundschafter, wie es die Legionen nennen – von der Sorte, die die Einheimischen als Spione aufhängen.«
    »Wenn sie einen kriegen!«
    »Was bei Ihnen nicht der Fall war … und danach wurden Sie als Invalide entlassen. Allerdings haben Sie sich ziemlich schnell wieder erholt – so schnell, daß man meinen könnte, es sei etwas faul an der Sache – und schließlich haben Sie ihre jetzige Tätigkeit aufgenommen. Meine Quellen behaupten, Sie gelten als faul, aber frühere Klienten äußern sich lobend über Sie. Manche Frauen«, fügte er hinzu und blickte zu Boden, »bekommen einen verträumten Blick dabei.«
    Ich ging nicht darauf ein.
    Dann kam er auf das zu sprechen, was wir seit Beginn unserer Unterredung geflissentlich umgangen hatten: »Sie und ich«, erklärte der Britische Finanzprokurator lächelnd, »haben in derselben Legion gedient, Didius Falco.«
    Mir wardas klar. Und er mußte wissen, daß es mir klar war.
    In derselben Legion und in derselben Provinz, aber im Abstand von zwanzig Jahren. Er hatte gedient, als die glorreiche Zweite Augusta die Elitetruppen der britischen Invasionsstreitmacht war. Vespasian war sein Kommandeur gewesen – so hatten sie sich kennengelernt. Ich dagegen hatte in der Zweiten in Isca zu der Zeit gedient, als der britische Statthalter Paulinus beschloß, Mona, die Druiden-Insel, zu besetzen, um dieses Rattennest voller Unruhestifter ein für allemal auszuheben. Paulinus hatte uns als Deckung in Isca zurückgelassen, unseren Kommandanten aber in seinem Beraterstab mitgenommen. So saßen wir da, mit einem unfähigen Lagerpräfekten namens Poenius Postumus, der den Aufstand der Königin Boudicca als »kleine Meinungsverschiedenheit unter den Einheimischen« abtat. Als schließlich die verzweifelten Befehle des Statthalters kamen, die diesem Schwachkopf klarmachten, daß die Iceni eine blutige Schneise der Verwüstung durch den ganzen Süden geschlagen hatten, da kam Postumus dem bedrängten Heer nicht etwa zu Hilfe, sondern weigerte sich aus Angst oder aufgrund einer weiteren Fehleinschätzung, überhaupt loszumarschieren. Ich hatte in unserer Legion gedient, als ihr Ruf zu den Göttern stank.
    »Es war nicht deine Schuld!«
    Mein neuer Bekannter konnte Gedanken lesen.
    Ich sagte nichts.
    Als dann die Aufständischen vernichtet waren und die Wahrheit herauskam, fiel unser Lagerpräfekt mit dem Spatzenhirn in sein Schwert. Dafür sorgten wir. Aber vorher hatte er uns gezwungen, zwanzigtausend Kameraden im Stich zu lassen, die ohne Vorräte und ohne Rückzugsmöglichkeit zweihunderttausend kreischenden Kelten gegenüberstanden.

Weitere Kostenlose Bücher