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Silberschweine

Silberschweine

Titel: Silberschweine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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erkennen, daß er nicht die Absicht hatte, mit Leuten wie mir über das Privatleben seiner Tochter zu debattieren.
    In einem Punkt hatte ich mich geirrt: Er mochte Helena sehr gern, und doch schien es, als wäre sie ihm unheimlich. Dabei war mir schon damals, bevor ich es selbst so weit gebracht hatte, bewußt, daß Vater eines Mädchens zu sein jeden Mann kaputtmachen konnte. Sobald einem die Hebammen mit höhnischem Grinsen das runzlige rote Bündel in den Arm legen und verlangen, man solle ihm einen Namen geben, besteht das Dasein im wesentlichen nur noch aus Panik und Ärger …
    Mit dickköpfigen Frauen hatte ich schon zu tun gehabt. Ein paar deutliche Worte von mir würden diese Helena schon zur Raison bringen.
    Ich reiste auf dem Landweg nach Britannien. Die ganze Strecke – zwischen den Säulen des Herkules in den wilden Atlantik hinaus, um Lusitanien und das Tarraconensische Spanien herum – per Schiff zurückzulegen, mochte ich niemandem zumuten. Nicht einmal mir selbst. Obwohl ich mich dafür haßte. Die direkte Überfahrt von Gallien war schon schlimm genug.
    Es war alles getan worden, um mir die Reise zu erleichtern: reichlich Bargeld und ein besonderer Paß. Das Geld verschleuderte ich für Mantelspangen und Eierflip mit Muskat. Der Paß trug eine Unterschrift, die der des Kaisers so ähnlich war, daß alle schläfrigen Hunde an den Grenzposten aufwachten und Männchen machten. Die größte Sorge bereitete mir der Gedanke, daß ich meine Wohnung verlieren könnte, aber wie sich herausstellte, konnte ich während dieser hochkarätigen Mission auf die Dienste eines Faktotums zählen. Der griechische Buchhalter des Senators würde mit Smaractus alles Nötige regeln – gern wäre ich dabeigewesen, wenn die beiden miteinander verhandelten.
    Meine Mutter meinte, wenn sie gewußt hätte, daß ich noch einmal nach Britannien gehen würde, hätte sie den Untersetzer aufgehoben, den ich ihr beim ersten Mal als Geschenk mitgebracht hatte. Er war aus dem seifigen Schieferton von der Südküste geschnitten. Offenbar mußte das Zeug regelmäßig geölt werden. Das hatte ich nicht gewußt und ihr folglich auch nicht gesagt, und deshalb war dieser Untersetzer mit der Zeit zerfallen. Ma fand, ich sollte den Hausierer ausfindig machen und mein Geld zurückverlangen.
    Petronius lieh mir ein Paar Socken von seiner alten britischen Ausrüstung. Nie wirft er irgend etwas weg. Meine Socken hatte ich schon in Gallien in einen Brunnen geworfen. Hätte ich damals etwas von dieser unseligen Reise geahnt, wäre ich gleich hinterhergesprungen.
    Unterwegs war reichlich Zeit zum Nachdenken.
    Aber mit Nachdenken kam ich nicht weiter. Viele Leute konnten den Wunsch haben, Vespasian abzusetzen. Das Kaiser-Wechseln war in den letzten beiden Jahren sehr in Mode gekommen. Nachdem Neros schrille Konzerte schließlich auch für die unmusikalischen Banausen auf den guten Plätzen ihren Reiz verloren hatten, erstach er sich, und es folgte ein allgemeines Gerangel. Zuerst Galba, ein wackliger alter Autokrat aus Spanien. Dann Otho, der für Nero den Zuhälter gespielt hatte und sich deshalb für dessen rechtmäßigen Erben hielt. Nach ihm Vitellius, ein tyrannischer Vielfraß, der seinen Posten durch Saufen gewann und durch Saufen verlor und am Ende damit belohnt wurde, daß man einen Erbsenbrei nach ihm benannte.
    Das alles in zwölf Monaten. Inzwischen konnte man fast glauben, jeder Halbgebildete mit gewinnendem Lächeln könnte das Reich davon überzeugen, daß der Purpur genau seine Farbe sei. Als Rom schließlich verwüstet daniederlag, tauchte Vespasian auf, dieser gerissene, alte General, der den einen großen Vorteil hatte, daß man nichts über ihn wußte, weder Gutes noch Schlechtes. Außerdem hatte er in seinem Sohn Titus einen unschätzbaren Bundesgenossen. Wie ein Terrier, der eine Ratte schüttelt, ließ dieser Titus die Chance, Ruhm in der Politik zu gewinnen, nicht mehr los.
    Decimus Camillus Verus, mein Auftraggeber, vertrat die Ansicht, wer etwas gegen Vespasian unternehmen wolle, müsse warten, bis Titus aus Judäa zurückgekehrt sei. Vespasian selbst war mit der Unterdrückung eines jüdischen Aufstandes beschäftigt gewesen, als ihm plötzlich die Macht zufiel. Er kehrte als Kaiser nach Rom zurück und überließ es Titus, diesen populären Feldzug mit der üblichen Prahlerei abzuschließen. Wer Vespasian jetzt beseitigte, hätte seinem brillanten älteren Sohn nur den Weg geebnet, das Imperium früher als erwartet zu

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