Silberschweine
gewitzte Dreckskerl verkauft sie wie vollwertige. Wie lange wird es dauern, bis unsere politischen Enthusiasten in Rom sein Doppelspiel durchschauen? Ich möchte nicht in der Haut eines Mannes stecken, der die Prätorianer mit reinem Blei besticht!«
»Triferus, verstehst du denn nicht – sie wissen Bescheid!« Zum erstenmal sprach der Finanzprokurator ohne jede Verstellung. »Herrenlose britische Barren sind in Rom gefunden worden. Wenn wir die Verschwörer nicht verhaften, bevor sie dich in die Finger bekommen, ist es nicht nur um dein Angebot für die Schürfrechte in den Malvern-Bergen geschehen. Egal, was sie dir gesagt haben – Vespasian wird sich halten. Rette dich, Mann, sag uns, was du weißt – sonst bist du verloren!«
Triferus’ Gesicht nahm die Farbe von unbemaltem Stuck an.
Er bat darum, mit Gaius allein zu sprechen. Er nannte ihm zwei Namen.
Gaius schrieb einen Brief an den Kaiser, den ich mitnehmen sollte, weigerte sich aber, mir die beiden Namen zu nennen. Ich dachte, er würde unnötigerweise noch einmal den Bürokraten hervorkehren, aber später verstand ich, warum er es getan hatte.
Gaius und ich fuhren an die Küste nach Durnovaria, zu seiner Lieblingsvilla, wo ich seine ehrwürdige Nichte Helena fragen sollte, ob sie bereit sei, die Heimreise anzutreten, und wenn ja, ob sie von mir durch Europa begleitet werden wolle. Gaius fuhr unseren Wagen. Wir zuckelten die hundert Meilen so gemächlich dahin, daß ich ihm die Zügel am liebsten aus der Hand gerissen hätte.
Ich muß gestehen, Helenas spritzigere Fahrweise wäre mir lieber gewesen.
XXXII
Gaius begleitete mich auch deshalb zu seiner Villa, weil er seine Rebstöcke beschneiden wollte. Es waren jämmerliche Exemplare, aber er lebte schon so lange in Britannien, daß er vergessen hatte, wie Reben wirklich aussehen.
Die Villa des Prokurators war ein prächtiges Anwesen in einem kleinen Flußtal mit Blick auf ein paar grüne Bergkuppen. Das milde Klima schien für einen Mann mit schmerzenden Rippen genau das Richtige zu sein. Das Haus war vollgestopft mit Büchern und Spielsachen. Nach den Saturnalien waren seine Frau und die Kinder nach London zurückgekehrt, aber ich konnte mir vorstellen, wie es im Sommer zuging, wenn sie da waren. Ich hätte es lange hier ausgehalten, so ein Haus hätte ich selbst gern irgendwann gehabt.
Gaius machte sich einen Spaß daraus, hin und wieder in Durnovaria aufzutauchen und seines Richteramtes zu walten. Seine unnahbare Nichte war in der Villa, zeigte sich aber kaum. Hätte mir Helena gefallen, hätte ich gesagt: sie ist scheu; aber sie gefiel mir nicht, und deshalb fand ich sie abweisend. Da sie nicht mit Älia Camilla in die Bequemlichkeit von Londinium zurückgekehrt war, wollte sie offenbar nach Rom zurück, aber zum Glück hatten ihre Reisepläne noch keine feste Gestalt angenommen.
Ich fühlte mich in diesem gastfreundlichen Haus wohl. Tagsüber las ich, schrieb Briefe oder humpelte auf dem Gut herum. Das Personal war freundlich, und ich ließ mich gern verwöhnen. Abends unterhielt ich mich auf das angenehmste mit meinem Gastgeber. Ein ideales Leben für einen Römer – selbst in Britannien. Ich wollte die Kraft zur Abreise gar nicht finden.
Eines Tages, als es so heftig regnete, daß Gaius nicht losgezogen war, um Geldstrafen über keltische Viehdiebe zu verhängen, kam er zu mir und sagte: »Rufrius Vitalis hat mich gebeten, mit Ihnen zu reden. Wie ich höre, hatten Sie versprochen, ihn als Helenas Gepäckmeister nach Rom mitzunehmen.«
»Lassen Sie mich raten – er hat es sich anders überlegt?«
»Na ja, ich bin mit daran schuld«, grinste Gaius. »Er hat mir imponiert. Ich habe ihm einen Vertrag für die Bleigrube angeboten, als mein offizieller Revisor soll er dort die Mißstände beseitigen.«
»Eine ausgezeichnete Wahl. Er wird seine Sache gut machen. Außerdem«, kicherte ich, »kann er sich vermutlich nicht von einem gewissen Mehlkloß namens Truforna trennen!«
Der Prokurator lächelte spröde, er mischte sich in das Privatleben anderer Leute nicht ein. Doch dann meinte er, wenn Vitalis nicht in Frage komme, müsse wohl ein anderer Helena begleiten …
»Hat sie mit Ihnen gesprochen, Falco?«
»Wir sprechen nicht miteinander. Sie hält mich für eine Ratte.«
Er machte ein gequältes Gesicht. »Oh, da irren Sie sich! Helena Justina weiß zu würdigen, was Sie getan haben. Der Zustand, in dem Sie waren, als Helena sie aus der Grübe holte, hat sie sehr schockiert
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