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Silberschweine

Silberschweine

Titel: Silberschweine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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teure wie geschmackvolle Halskette aus röhrenförmigen Achatperlen in Rot und Braun. Mir fiel etwas auf: Wenn diese Senatorentochter einmal nicht über mich herzog, konnte sie eine ganz andere Miene aufsetzen. Jeder hätte sie für eine ruhige, selbstsichere junge Frau von vornehmer Abkunft halten können, die in der Unterhaltung mit Männern errötete und im übrigen äußerst umgänglich war.
    Sie tauchte aus ihren Gedanken auf.
    »Geht es besser, Falco?« fragte sie spöttisch. Ich lag auf meiner Couch und sah bleich aus. »Was schreiben Sie denn da?« Sie hatte mich überrumpelt.
    »Nichts.«
    »Seien Sie nicht kindisch; ich weiß, daß Sie Gedichte schreiben!«
    Mit einer übertriebenen Geste hielt ich mein Wachstäfelchen hoch. Sie sprang auf und kam zu mir herüber, um einen Blick darauf zu werfen. Es war leer. Ich schrieb keine Gedichte mehr. Ich fühlte mich nicht verpflichtet, ihr zu erklären, warum.
    Ich hatte keine Lust, länger um die Sache herumzureden: »Ihr Onkel sagt mir, daß Sie Britannien bald verlassen wollen?«
    »Was soll ich machen?« versetzte sie. »Onkel Gaius besteht darauf, daß ich die Kaiserliche Post nehme, zusammen mit Ihnen.«
    »Die Post sollten Sie auf alle Fälle nehmen.«
    »Heißt das, Sie wollen mich nicht begleiten?«
    Ich lächelte. »Sie haben mich nicht darum gebeten, meine Liebe.«
    Helena biß sich auf die Lippe. »Ist es wegen der Gruben?«
    »Nein, Helena Justina, für Angebote bin ich jederzeit offen – aber glauben Sie nicht, Sie könnten mir vorschreiben, welche ich annehme.«
    »Didius Falco, das glaube ich schon lange nicht mehr!« Wir stritten, aber anders als sonst war kein Genuß dabei; irgend etwas lenkte sie ab. »Wenn Sie den Auftrag jederzeit zurückgeben könnten – und ein annehmbares Honorar bekämen – wären Sie dann bereit, mich zu begleiten?«
    Ich hatte ablehnen wollen. Helena Justina sah mich fest an und erkannte es. Sie besaß klare, vernünftige, überzeugende Augen in einem faszinierenden Braun … Ich hörte mich sagen: »Unter diesen Bedingungen, selbstverständlich.«
    »Oh, Falco! Wie hoch ist Ihr Honorar?«
    »Ihr Vater bezahlt mich.«
    »Soll er. Ich bezahle Sie trotzdem selbst – dann kann ich unseren Kontrakt beenden, wann es mir paßt.«
    Jeder Vertrag sollte eine Rücktrittsklausel enthalten. Ich nannte ihr mein Honorar.
    Offensichtlich war sie immer noch wütend.
    »Ist irgendwas, Verehrteste?«
    »Ich war unten am Meer«, erzählte sie mit gerunzelter Stirn. »Habe versucht, unsere Überfahrt nach Gallien zu arrangieren.«
    »Aber das hätte ich doch erledigen können!«
    »Jetzt ist es erledigt.« Ich sah, wie sie zögerte. Sie wollte irgend etwas loswerden. Ich war der einzige Zuhörer weit und breit. »Erledigt, aber es gab Ärger. Ich habe ein Schiff für uns gefunden. Es lag noch ein anderes Schiff da, auf das ich eigentlich gehofft hatte – aber der Kapitän hat sich geweigert. Dieses Schiff gehört meinem früheren Mann«, stieß sie hervor. Ich sagte nichts. Sie grübelte vor sich hin. »Wie kleinlich!« meinte sie schließlich. »Kleinlich, sinnlos, ungehörig und boshaft!«
    Die hysterische Schärfe in ihrer Stimme beunruhigte mich. Aber einer meiner Grundsätze lautet: Mische dich nie in die Angelegenheiten von Ehepaaren – auch wenn sie nicht mehr verheiratet sind.
     
    Wir fuhren zur Küste hinunter, und Flavius Hilaris umarmte mich am Kai wie einen Freund.
    Von allen Leuten, die ich während der Arbeit an diesem Fall kennengelernt hatte, war er mir der sympathischste. Ich habe es ihm nie gesagt. (Ich weiß, er spürte es.) Aber ich sagte ihm, niemand außer mir hätte an einen Fall geraten können, in dem ausgerechnet die Staatsbeamten die einzigen ehrlichen Leute sind. Wir lachten beide und nahmen unter allerlei bedauernden Grimassen Abschied.
    »Geben Sie acht auf unsere junge Dame«, sagte Gaius, als er Helena zum Abschied umarmte. Und zu ihr gewandt: »Und du, gib acht auf ihn!«
    Er meinte wohl: falls ich seekrank würde. Natürlich wurde ich seekrank. Und selbstverständlich gab dabei außer mir niemand auf mich acht.

XXXIII
    Die Überfahrt wurde lang. Unser Schiff ächzte heftig unter seiner Ladung von blaugrauem britannischem Marmor, bis es schließlich im gallischen Gesoriacum einlief. Von dort reisten wir auf dem Landweg nach Durocortorum, dann durch Belgien nach Germanien und den Militärkorridor entlang rheinaufwärts.
    Das Privileg, die Kaiserliche Post zu benutzen, ist eine zweischneidige Sache.

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