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Silberschweine

Silberschweine

Titel: Silberschweine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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    »Oh, ich kann damit leben!« Ich lag auf einer Couch, ließ mir die Winterbirnen schmecken, die der Verwalter sorgfältig für mich ausgewählt hatte, und nutzte die Gelegenheit, um ein bißchen zu sondieren. »Ihre Nichte scheint mir, um es höflich auszudrücken, ein wenig überreizt.« Flavius Hilaris bedachte mich mit einem strengen Blick. Vorsichtig fügte ich hinzu: »Klatsch interessiert mich nicht. Aber wenn ich sie begleiten soll, könnte es hilfreich sein, zu wissen, wo das Problem liegt.«
    »Das stimmt.« Mein neuer Freund Gaius war ein vernünftiger Mann. »Nun ja«, begann er, »als sie nach ihrer Scheidung zu uns kam, wirkte sie bedrückt und verwirrt. Ich glaube, sie ist es noch immer – sie versteckt es nur besser.«
    »Können Sie mir erklären, was da schiefgegangen ist?«
    »Nur vom Hörensagen. Soviel ich weiß, hat sich das Paar nie gut verstanden. Ihr Onkel, mein Schwager Publius, kannte den jungen Mann; Publius hat ihrem Vater die Verbindung vorgeschlagen. Damals beschrieb Helena in einem Brief an meine Frau ihren künftigen Gatten als angesehenen Senator ohne ungehörige Angewohnheiten. «
    »Klingt kühl!«
    »Allerdings. Älia Camilla billigte ihre Haltung nicht.«
    »Trotzdem – immer noch besser als pure Blauäugigkeit.«
    »Vielleicht. Jedenfalls hat Helena eine leidenschaftliche Verbindung zweier verwandter Seelen wohl nie erwartet, aber zuletzt fand sie, daß Ansehen und gute Manieren doch nicht genug waren. Sie hat es mir vor kurzem anvertraut. Ihr wäre lieber gewesen, er hätte in der Nase gebohrt und den Küchenmädchen nachgestellt, als auch nur mit ihr zu reden!«
    Wir lachten beide, aber verständnisvoll.
    »Habe ich das denn falsch verstanden, Gaius, hat er sich von ihr scheiden lassen?«
    »Nein. Als Helena Justina erkannte, daß sie nicht zueinander paßten, hat sie selbst die Scheidung eingereicht.«
    »Aha! Sie glaubt nicht an Verstellung!«
    »Nein. Sie ist empfindlich – und Sie haben gesehen, wohin das führt!«
    Dem Prokurator kamen jetzt offenbar Bedenken, weil er so freimütig gesprochen hatte. Deshalb ließ ich das Thema fallen.
    Als Gaius das nächste Mal in die Stadt fuhr, kam ich mit und nutzte die Gelegenheit, um ein Sortiment von zwanzig verschiedenen Zinnbechern zu kaufen, die für diese Gegend typisch waren.
    »Souvenirs für meine Neffen und Nichten! Und außerdem ein paar silberne Breilöffel für die neuen Familienmitglieder, die mir meine stolzen Schwestern unweigerlich präsentieren werden, wenn ich wieder zu Hause bin.«
    »Die Gallier hören Sie schon kommen!« meinte Gaius. (Die zwanzig Zinnbecher schepperten hinter uns im Wagen.)
    Es fiel mir immer noch schwer, ernsthaft an Heimkehr zu denken.
     
    Während wir uns in Durnovaria aufhielten, hatte Helena Justina lange mit einer schweren Erkältung zu kämpfen. Schließlich waren wir in Britannien. Solange sie auf ihrem Zimmer blieb und ihren Kopf in eine Kanne mit dampfendem Kiefernnadelöl steckte, konnte man leicht vergessen, daß sie überhaupt da war. Aber als sie eines Tages auftauchte und kurz darauf mit ihrem Ponywägelchen irgendwohin verschwand, wurde ich neugierig. Sie blieb den ganzen Tag fort, und wohl kaum, um Einkäufe zu machen. Von meinen eigenen Anstrengungen in dieser Richtung wußte ich, daß es nicht viel zu kaufen gab, und als mein Freund, der Verwalter, mir etwas Lauch in Weinsauce brachte, um meinen Appetit zu kitzeln (der sich inzwischen übrigens sehr verbessert hatte), fragte ich ihn, wohin die junge Herrin gefahren sei. Er wußte es nicht und zog mich auf wegen meiner bekannten Abneigung gegen eine Reise mit ihr.
    »So schlimm kann sie doch gar nicht sein.«
    »Verglichen mit der höchst ehrenwerten Helena Justina«, erklärte ich, während ich als echter Enkel eines Gemüsegärtners den Lauch mit Genuß vertilgte, »sind die Schlangen auf dem Haupt der Medusa so harmlos wie ein Topf Angelwürmer!«
    In diesem Augenblick kam Helena Justina zur Tür herein.
    Sie beachtete mich nicht. Das war normal. Sie wirkte sehr durcheinander. Das war nicht normal. Sie mußte meine letzten Worte gehört haben.
    Der Verwalter zog sich rasch zurück. Ich hatte nichts anderes erwartet. Ich sank in die quastenverzierten Kissen meiner Invalidencouch zurück und machte mich auf eine Sturzflut von Beschimpfungen gefaßt.
    Helena hatte in einem Sessel Platz genommen, die Füße auf einen Schemel und die Hände in den Schoß gelegt. Sie trug ein einfaches graues Kleid und eine ebenso

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