Silberschweine
sehr erbaut darüber«, fügte Helena hinzu.
»Warum nicht?«
»Die beiden mögen sich nicht besonders.«
»Warum nicht?«
»Unterschiedliche Charaktere.«
»Und was meinte Älia Camilla dazu? Hat sie für ihren Mann oder ihren Bruder Publius Partei ergriffen?«
»Sie hat eine große Schwäche für Onkel Publius – aus denselben Gründen, die Onkel Gaius immer so gegen ihn aufbringen.«
Sie klang noch immer belustigt. Sie hatte ein Lachen, das ich wiederhören wollte. Ich versuchte es hervorzukitzeln: »Was ist denn so lustig daran? Aus was für Gründen?«
»Das sage ich nicht … Oder, nun ja … aber Sie dürfen nicht lachen! Vor vielen Jahren, als meine Tante noch ein Kind war und die Familie in Bithynien lebte, hat Onkel Publius ihr beigebracht, wie man einen Rennwagen lenkt!« Das konnte ich mir nicht vorstellen. Älia Camilla war mir so überaus würdig erschienen. »Sie kennen ja Onkel Gaius – ein ungemein netter Mann und oft ziemlich abenteuerlustig, aber zuweilen kann er auch sehr schwerfällig sein.«
Ich hatte es erraten: »Onkel Gaius beklagt sich darüber, daß Tante Älia zu schnell fährt!«
»Und ich fürchte, sie hat es mir beigebracht«, gestand Helena.
Ich lehnte den Kopf zurück und blickte mißbilligend in den Himmel: »Mein Freund, Ihr Onkel, hat durchaus recht!«
»Didius Falco, seien Sie nicht undankbar. Es ging Ihnen so furchtbar schlecht, daß ich mich beeilen mußte – es konnte gar nichts passieren!«
Plötzlich tat sie etwas Unerwartetes – sie hob den Arm, als wollte sie mir zum Scherz ein paar Ohrfeigen geben. Ich wehrte ihre spielerische Bewegung ab, indem ich ihr Handgelenk ergriff. Dann hielt ich inne.
Ich drehte Helena Justinas Handfläche nach oben, kräuselte die Nase und schnupperte nach dem Parfüm, das mir aufgefallen war. Sie hatte ein kräftiges Handgelenk, und an diesem Abend hing kein Schmuck daran. Ihre Hände waren so kalt wie meine, aber der Duft – wie Zimt, nur tiefer und voller. Partherkönige kamen mir in den Sinn.
»Was für ein apartes Elixier!«
»Malabathron«, sagte sie und wand sich unter meinem Griff, aber nicht sehr. »Aus Indien. Ein kostspieliges Überbleibsel meines Mannes –«
»Sehr großzügig!«
»Geldverschwendung. Dieser Dummkopf hat den Duft nie bemerkt.«
»Vielleicht hatte er Schnupfen.«
»Vier Jahre lang?«
Wir lachten beide. Jetzt würde ich sie bald loslassen müssen. Mir blieb nichts anderes übrig. Ich beugte mich vor und schnupperte noch einmal.
»Malabathron! Herrlich! Mein Lieblingsparfüm! Kommt es von den Göttern?«
»Nein, von einem Baum.« Ich spürte, wie sie langsam unruhig wurde, aber sie war zu stolz, mir zu sagen, ich möge ihre Hand loslassen.
»Vier Jahre, da waren Sie also Braut mit – neunzehn?«
»Mit achtzehn. Schon ziemlich alt. Aber man wurde mich schwer los – es war wie mit dem Schnupfen meines Mannes.«
»Oh, das bezweifele ich!« sagte ich galant.
Wenn mir Frauen ihre Geschichten erzählen, revanchiere ich mich mit Ratschlägen: »Sie sollten mehr über ihn lachen.«
»Vielleicht sollte ich über mich lachen.«
Nur ein Verrückter hätte versucht, ihre Hand zu küssen. Ich legte sie behutsam zurück in Helena Justinas Schoß.
»Danke«, sagte ich leise, mit veränderter Stimme.
»Wofür?«
»Für etwas, das Sie früher mal getan haben.«
Wir saßen ruhig da. Ich lehnte mich zurück, streckte die Beine von mir und legte eine Hand auf meine schmerzenden Rippen. Ich fragte mich, wie sie gewesen war, ehe dieser reiche Dummkopf sie zu einem Geschöpf gemacht hatte, das so giftig gegen andere und so hart gegen sich selbst war.
Während ich grübelte, kam zwischen hohen Wolkenfetzen der Abendstern zum Vorschein. Die Geräusche, die vom Gasthaus herüberdrangen, waren jetzt gedämpfter, da sich die Gäste in der Zeit zwischen schlichter Gefräßigkeit und hemmungsloser Sauferei in zwölf Sprachen schmutzige Geschichten erzählten. Die Karpfen im Teich drängten jetzt immer heftiger an die Wasseroberfläche. Ein guter Augenblick zum Nachdenken – hier, am Ende einer langen Reise, während wir nichts weiter zu tun brauchten, als auf unser Schiff zu warten. Hier, in diesem Garten. Hier, im Gespräch mit einer vernünftigen Frau, mit der ein Mann, wenn er sich nur ein bißchen Mühe gab, so leicht Gedanken austauschen konnte.
» Mars Ultor, ich war so nahe dran … wenn es mir bloß gelungen wäre herauszufinden, wie diese Barren aus Britannien herausgebracht werden!«
Ich ärgerte
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