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Silberschweine

Silberschweine

Titel: Silberschweine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Hände. Es war rasch vorüber, und es war kein Vergnügen dabei, die sinnloseste Geste meines Lebens.
    Sie riß sich los. Sie zitterte vor Kälte. In ihren Wimpern hingen noch die Tränen. Ich hatte sie geküßt, aber ich wußte noch immer nicht, wie es war.
    Ich kenne Männer, die Ihnen erklären, Frauen wollten hart angefaßt werden. Es sind Dummköpfe. Sie war verwirrt. Und um ganz ehrlich zu sein: ich war auch verwirrt.
    Helena hätte die Situation vielleicht gerettet, aber ich ließ ihr keine Zeit. Ich war es, der schließlich abrauschte.
    Natürlich kam ich zurück. Wofür halten Sie mich?
    Leise, wie ein Diener, der vergessen hat, eine Botschaft auszurichten, schlich ich durch den Gang zurück. Ich klopfte an ihre Tür – mein besonderes Klopfzeichen: dreimal kurz hintereinander mit dem Fingerknöchel. Wir hatten es nie verabredet, aber es hatte sich eingespielt. Normalerweise kam sie sofort und ließ mich ein.
    Ich klopfte noch einmal. Ich versuchte die Klinke, aber ich wußte, daß sie nicht nachgeben würde. (Ich selbst hatte ihr gezeigt, wie man eine Klinke verkeilt, wenn man in einem Gasthof übernachtet.) Ich lehnte die Stirn an die Tür und flüsterte ihren ganzen Namen. Sie antwortete nicht.
    Jetzt begriff ich: Sie hatte gemeint, wir seien nun endlich zu einer Art von Verständigung gelangt. Sie hatte mir einen Waffenstillstand angeboten, den ich in meiner Dummheit nicht als solchen erkannt, geschweige denn angenommen hatte. Sie war so großzügig gewesen wie ich dreist.
    Gern hätte ich ihr gesagt, daß es mir leid tat.
    Sie wollte oder konnte mir keine Gelegenheit dazu geben.
    Es kam die Zeit, da ich nicht länger vor ihrer Tür herumstehen konnte, ohne sie womöglich in Verruf zu bringen. Sie hatte mich angestellt, weil ich sie gerade hiervor schützen sollte. Ich konnte nur eines für sie tun: weggehen.

XXXVII
    Am nächsten Morgen zog ich mich an, packte meine Sachen und klopfte im Vorübergehen an ihre Tür. Sie tauchte erst auf, als ich vor dem mansio saß und meine Schuhe mit Gänseschmalz polierte. Sie blieb hinter mir stehen. Ich schnürte mir die Schuhe besonders sorgfältig. Noch nie war ich so verlegen gewesen.
    Helena sagte einfach: »Wir werden beide glücklicher sein, wenn wir jetzt unseren Vertrag auflösen.«
    »Was ich angefangen habe, führe ich auch zu Ende, Verehrteste.«
    »Aber ich werde Sie nicht bezahlen«, sagte sie.
    »Dann betrachten Sie ihn als aufgelöst!« sagte ich.
    Aber ich hätte es nicht fertiggebracht, sie allein zu lassen. Ich nahm ihr Gepäck, ob ihr das nun paßte oder nicht, und ging los. Ein Matrose hob sie sehr gesittet auf das Schiff; um mich kümmerte sich niemand. Sie stapfte davon und stand lange allein im Bug. Ich rekelte mich an Deck, die Füße auf ihrem Gepäck.
    Sie wurde seekrank. Ich nicht. Ich ging zu ihr.
    »Kann ich helfen?«
    »Gehen Sie.«
    Ich ging. Das schien zu helfen.
    Von Gallien bis Italien waren das die einzigen Worte, die wir wechselten. Als wir in Ostia inmitten des morgendlichen Gedränges darauf warteten, an Land gehen zu können, stand sie neben mir. Keiner von uns sagte etwas. Ich ließ es ein paarmal geschehen, daß andere Passagiere sie anrempelten, dann schob ich sie vor mich und übernahm das Rempeln selbst. Sie sah geradeaus. Genau wie ich.
    Ich schwankte als erster das Fallreep hinunter und winkte eine Sänfte herbei; sie huschte an mir vorbei und kletterte hinein, ohne sich helfen zu lassen. Ich schwang mein Gepäck auf den Sitz ihr gegenüber und machte mich dann in einer zweiten Sänfte auf den Weg.
    Am späten Nachmittag erreichten wir Rom. Es war Frühling, und der Verkehr auf den Straßen wurde dichter. Wegen einer Stockung hatten wir an der Porta Ostiensis einen Aufenthalt. Ich gab einem Jungen ein bißchen Geld und schickte ihn zu ihren Angehörigen mit der Nachricht, sie werde bald kommen. Ich ging weiter nach vorn und versuchte zu erkennen, weshalb das Tor blockiert war. Auch Helena Justina steckte gerade den Kopf aus dem Fenster ihrer Sänfte, als ich vorüberkam. Ich blieb stehen.
    Ich sah die Straße hinunter. Im nächsten Moment fragte sie: »Können Sie sehen, was da los ist?«
    Ich legte meinen Ellbogen lässig in das Fenster ihrer Sänfte. »Lieferwagen«, erwiderte ich und blickte immer noch nach vorn, »die erst am Abend eingelassen werden. Sieht aus, als hätte ein Wagen mit Weinfässern seine klebrige Ladung vergossen.« Ich wandte den Kopf und sah sie an. »Außerdem irgendein offizieller Trubel mit

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